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RCS: Wenn SMS und WhatsApp ein Baby hätten (Die Kolumne)

Manchmal erkennt man unser Apple nicht wieder. Apple beugt sich dem (aus seiner Sicht) dummen Diktat anerkannter Standards und macht sich plötzlich kompatibel. Der nächste Schritt in diese Richtung ist die Ankündigung, in Zukunft (wahrscheinlich mit iOS 18) iMessage kompatibel zum Standard Rich Communication Services (RCS) zu machen. Dann friert die Hölle zu und ich kann meinem Kumpel mit dem Samsung-Gerät eine iMessage (naja, so etwas in der Art) schicken. Und umgekehrt. Die beiden größten Schwachpunkte der neuen Technologie seien auch sofort genannt: RCS hat noch keine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, hier können wir erwarten, dass Apple wie Google eine eigene Lösung entwickeln wird. Die zweite Hürde: RCS muss von den Mobilfunkbetreibern angeboten werden.

Aber was ist dieses RCS eigentlich?

Stellen Sie sich vor, SMS und Ihre Lieblings-Chat-App hätten ein Kind. Dieses Kind wäre RCS – das etwas unentschlossene, aber ambitionierte Kind der Telekommunikation. Seit 2008 arbeitet die Technikwelt an diesem Wunderkind. Ursprünglich von Nokia ins Leben gerufen und später von der GSMA adoptiert, sollte RCS der neue Star am Messaging-Himmel werden. Dazu sollte auch der coole Name „joyn“ beitragen, der aber schnell wieder gestrichen wurde.

Viel gewollt, wenig gekonnt

Ein bisschen Gruppenchat hier, ein bisschen Dateitransfer da – RCS wollte alles sein: WhatsApp, Signal, Telegram, sogar ein bisschen iMessage. Aber irgendwie hat es nicht so recht funktioniert. Es ist wie mit dem peinlichen Typen, der zur Party kommt und sagt: „Ich kann jonglieren, zaubern und singen!“, und dem dann die Bälle aus der Hand fallen.

Eine neue Geldquelle?

Die Deutsche Telekom, Vodafone und O2 hatten große Pläne, aber wie das bei großen Plänen so ist, kamen sie nicht so richtig vom Fleck. Verzögerungen hier, Beta-Phasen dort. 2015 gab es am Ende RCS in Deutschland nur von Vodafone und Telekom. Und die wurden den Verdacht nie ganz los, nach dem Wegfall der SMS (wir erinnern uns, jede SMS kostete Geld!) eine neue sprudelnde Geldquelle anzapfen zu wollen. Das ist wohl auch der Grund, warum die neuen Förderer (s.u.) den Namen „joyn“ tunlichst vermieden.

Google kaufte Jibe Mobile

Dann kam Google ins Spiel. Sie übernahmen Jibe Mobile, ein Start-up, das sich auf Cloud-Kommunikation für Mobilfunkbetreiber auf Basis von RCS spezialisiert hatte, und plötzlich war der Standard wieder im Gespräch. Google verpasste RCS einen neuen Anstrich und versuchte, ihn als ernsthafte Alternative zu etablieren. Aber – und jetzt kommt das große Aber – ohne Ende-zu-Ende-Verschlüsselung. Nun, RCS hat sich weiterentwickelt. Jetzt gibt es sogar „Enriched Calling“. Das bedeutet, dass man während eines Anrufs Fotos austauschen kann.

Universal Profile 1.0 – Der Standard im Standard

2016 wurde versucht, einen Standard im Standard zu schaffen. Das Universal Profile 1.0 sollte eine vollständige Kompatibilität ermöglichen und alle RCS-Implementierungen weltweit vereinen. Dies war besonders wichtig, damit RCS auf allen Geräten und in allen Netzwerken funktioniert. Das Chat-Protokoll OMA-CPM wurde zum weltweiten Standard erklärt, während man in Europa noch fleißig an SIP-Simple festhielt – ein bisschen so, als würde man noch an der Kassette festhalten, während alle anderen schon auf MP3 umgestiegen sind.

Was wird das bringen?

Jetzt also RCS in iMessage. Was wird das bringen? Sicherlich wird es eine Möglichkeit geben, aus iMessage heraus eine Nachricht an ein Android-Gerät zu senden. Sicherlich wird Apple dafür eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung basteln. Und sicherlich wird iMessage auf Apple-Geräten die bessere Funktionalität bieten und Apple wird das mit blau kennzeichnen und das Schmuddelkind mit grün. Ich habe noch einen Namensvorschlag dafür: iMessage SE!

 

Unser Kolumnist Dr. Marco ist im X-Sabbatjahr, aber auf Mastodon: fileccia@dju.social, persönlich zu erreichen unter marco@apfelpage.de

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Marco Fileccia
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8 Kommentare zu dem Artikel "RCS: Wenn SMS und WhatsApp ein Baby hätten (Die Kolumne)"

  1. Flo 1. Dezember 2023 um 02:47 Uhr ·
    Wer braucht sowas? WhatsApp hat doch sowieso jeder, egal welches Betriebssystem. Kenne niemanden, der iMessage o.ä. als Standardmessenger nutzt
    iLike 0
    • Ole S. 1. Dezember 2023 um 07:40 Uhr ·
      Ich nutze iMessage oft und gerne.
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    • Olli 1. Dezember 2023 um 08:43 Uhr ·
      Wer kann von sich schon behaupten, das er jeden kennt.
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    • Lekoy90 1. Dezember 2023 um 17:16 Uhr ·
      Also ich kennen in meinem Bekanntenkreis und auch auf der Arbeit niemanden der iMessage nutzt … hier nutzen alle WhatsApp
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    • Traval 1. Dezember 2023 um 19:29 Uhr ·
      Ich wäre froh wenn ich endlich von WhatsApp weg käme. Keine Lust das Facebook alle meine Kontakte kennt und alle meine Transportdaten. Verschlüsselung hin oder her. Wer mit Wem, Wann und Wie oft kommuniziert erfahren sie trotzdem. Von DSGVO Problemen wegen der Weitergabe von Namen und Handynummern mal ganz abgesehen.
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  2. ralfstch 1. Dezember 2023 um 22:24 Uhr ·
    Hier kommt kein einziges Metaprodukt über die Türschwelle und RCS kann mir ohne überzeugende Ende-zu-Ende-Verschlüsselung ebenso gestohlen bleiben. Ich verwende häufig iMessage, aber auch Signal und Threema und hatte noch nie Probleme, die Leute zu erreichen, die ich erreichen möchte. Da brauche ich auch keine vorgeschriebene Interoperabilität, die nur auf Kosten der Sicherheit und Metadatensparsamkeit geht.
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    • Roman van Genabith 2. Dezember 2023 um 20:31 Uhr ·
      Es wird sicher auch nur wenige Nutzer geben, die komplett umsteigen. Aber als Rückfalloption ist es auf jeden Fall ein wichtiger und guter Schritt, damit man nicht sofort auf die Steinzeit-SMS zurückfällt, wenn man nicht den selben Messenger nutzt.
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  3. Azrael 2. Dezember 2023 um 20:52 Uhr ·
    Seit 8 Jahren bin ch WhatsApp-frei. Vermisse es überhaupt nicht. Im Gegenteil! Wenn ein älterer Kollege zu mir kommt und sagt: Du bist doch ein IT-Profi (😂). Wie geht das hier bei WhatsApp? Bin ich meistens überfordert. Weil es sich mittlerweile verschlimmbessert hat. Bei Leuten die mich ungläubig angucken, wenn ich denen sage, dass ich kein WhatsApp habe , bin ich mittlerweile echt entspannt und verfalle nicht in Erklärungsnot. Meine große Familie nutzt fast ausschließlich iMessage.
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