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Chaotisch, streitsüchtig, ziellos: Wie Siri ins Abseits schlitterte

Die meisten iPhone-Nutzer dürften bei der Siri-Nutzung mehr oder weniger oft die Augen rollen. Allerdings: Bei Apple selbst ist es nicht anders. Auch in der Belegschaft ergießt sich offenbar intern regelmäßig Hohn und Spott über die Sprachassistentin. Dass sie in den letzten Jahren mehr und mehr abgehängt wurde und an eine Erweiterung mit KI-Sprachmodellen nicht zu denken ist, ist scheinbar kein Zufall, mehrere Ex-Apple-Mitarbeiter geben einige spannende Einblicke.

Siri ist unter den etablierten Sprachassistenten weit abgeschlagen. Funktionsumfang, wie auch leider Funktionalität sind kaum vergleichbar mit dem, was Alexa und Co. heute leisten, als einen schmutzigen Schneeball bezeichneten mit der Entwicklung vertraute Quellen bei Apple die Sprachassistentin vor kurzem, Apfelpage.de berichtete. Und während andere Sprachassistenten mittelfristig womöglich auch um die neuen, aktuell so heiß diskutierten großen Sprachmodelle erweitert werden und damit einen riesigen Sprung machen können, ist das bei Siri nicht zu erwarten.

Konsequentes, jahrelanges Missmanagement hat dazu geführt, dass Siri in eine nahezu perfekte Sackgasse geraten ist, erklären über 30 Mitarbeiter im Gespräch mit Wayne Ma von The Information. Es mangelt bei Apple an Ehrgeiz bei der Siri-Entwicklung, so die Quellen. Das hat Gründe, denn die Arbeit an der Assistentin soll frustrierend sein: Den Ingenieuren fehlt es an wichtigen, statistischen Daten zur Siri-Nutzung. Nicht einmal die Zahl der Nutzer und die Häufigkeit der Siri-Nutzung konnte zuverlässig verwendet werden, die vom Team für Data Science- und Engineering gelieferten Daten ließen sich nicht auswerten, weil die Siri-Verantwortlichen es ablehnten, die nötigen Tools für eine professionelle, statistische Auswertung zu beschaffen – es sei ihnen zu kostspielig gewesen.

Chaos und Konflikte

Bis 2018 steckte die Entwicklung zudem offenbar auch fest, weil sich im Siri-Team leitende Verantwortliche einen Richtungsstreit über die anzustrebenden Ziele lieferten. Viele Mitarbeiter verließen das Unternehmen, Apple bewege sich zu langsam und sei zu behäbig dabei, auf neue Entwicklungen wie die Modelle um ChatGPT zu reagieren.

Führungskräfte sollen die Einführung von längeren Gesprächen zu einer Anfrage blockiert haben, sie sei zu schwierig zu implementieren. Nicht zuletzt hat Apples extremer Datenschutz-Anspruch die Entwicklung eines ohnehin bereits angezählten Projekts maßgeblich verlangsamt, heißt es. Auf KI-Modelle will sich Apple nicht verlassen und setzt stattdessen auf menschliche Autoren, etwa 20 an der Zahl, die die Antworten programmieren – eine weitere Einschränkung der Flexibilität.

Ein weiterer bremsender Faktor war ein Konflikt zwischen den Teams, die für die Präsentation von Websuchergebnissen und den Interface-Designern ausbrach: Letztere erwarteten perfekte Ergebnisse, was dazu führte, dass Siri lange nur sehr begrenzt auf Fragen antworten konnte: Jedes Ergebnis musste von einem menschlichen Operator überprüft und freigegeben werden.

Hoffnung auf Neuanfang zerplatzte

2019 schließlich schien sich ein Hoffnungsschimmer für einen Neustart der verfahrenen Situation anzudeuten. Das Entwicklerteam ersann ein Projekt, den inkonsistenten und schwerfälligen Siri-Code zu vereinfachen, um es auch Drittentwicklern zu erleichtern, eigene Unterstützungen zu implementieren und allgemein ein größeres Potenzial für künftige Neuerungen zu schaffen. Intern löste das Blackbird genannte Projekt Begeisterung bei vielen Mitarbeitern aus.

Unglücklicherweise geriet Blackbird anderen leitenden Siri-Managern in die Quere, die ihre eigenen Vorstellungen durchziehen wollten. Deren Siri X genannter Ansatz war deutlich weniger ambitioniert, zielte lediglich auf die verstärkte Verarbeitung von Befehlen lokal auf den Geräten und zog nach und nach so viele Entwickler von Blackbird ab, dass dieses Vorhaben starb. 2021 wurde Siri X abgeschlossen, der große Sprung blieb aber aus. Aktuell gibt es offenbar keine Aussicht auf eine deutliche Verbesserung der Siri-Performance.

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Roman van Genabith
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9 Kommentare zu dem Artikel "Chaotisch, streitsüchtig, ziellos: Wie Siri ins Abseits schlitterte"

  1. Munin1987 27. April 2023 um 20:07 Uhr ·
    Ich nutze in jedem Raum und auf dem Handy Siri. Allerdings Steuer ich damit nur Licht, Heizung, Musik, Wecker, Timer! Mehr brauche ich aber auch nicht. Keine Lust jemanden, neben meiner Frau zu haben, der mich permanent mit Informationen füttert.
    iLike 1
    • AlexB 27. April 2023 um 21:46 Uhr ·
      👍
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  2. tasdevil70 28. April 2023 um 07:02 Uhr ·
    Im Moment reicht mir der Funktionsumfang ebenfalls aus.
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  3. TP 28. April 2023 um 08:10 Uhr ·
    dito. reicht vollkommen aus. wenn in zukunft nicht mal mehr das handy manuell bedient werden muss/soll, dann bewegt sich die jugend von heute ja noch weniger🙈
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  4. Adrian 28. April 2023 um 17:01 Uhr ·
    Frage ich das Teil von Google „Wie macht der Esel?“, bekomme ich das Geräusch. Frage ich Siri, werden mir Websites angeboten. Der HomePod sagt, er wäre so gnädig, es mir auf dem iPhone zu zeigen, wenn ich darum bitte. Damit weiß ich jedenfalls, was ein elektronischer Esel ist. Klar, als Timer, Radio usw. ist Siri ok. Nutze ich auch. Aber es ist doch schade, wenn sich Apple dermaßen das Wasser abgraben lässt. Es soll ja Leute geben, die einen größeren Funktionsumfang nutzen würden.
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    • Munin1987 30. April 2023 um 21:17 Uhr ·
      Also, weil Siri keine kindischen Geräusche nachahmt, ist es schlecht. Ok, verstanden. Sinnvolle Dinge nutzt wohl niemand mehr, sondern lässt sich lieber von Tierlauten beschallen. Werde wohl echt alt
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  5. Mart 28. April 2023 um 19:11 Uhr ·
    Ich: „Hey Siri, spiele Musik die ich mag, aber keinen Techno.“ Siri: „Ich spiele Techno“.
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    • rabufcc 5. Mai 2023 um 13:36 Uhr ·
      Fasst es gelungen zusammen :)
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    • Mike 8. Mai 2023 um 01:03 Uhr ·
      Haha
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