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Apple oder Meta: Wer ist der größere Heuchler?

Mark Zuckerberg auf F8 2018 - Facebook

Apple nennt Meta heuchlerisch, dessen neue VR-Plattform den Entwicklern fast die Hälfte ihrer Einnahmen als Provision aus der Hand reißt. Apple verlangt im App Store „nur“ 30% Provision von den großen Entwicklern. Wer ist nun der größere Halsabschneider?

Apples Provision im App Store von 30% ist seit Monaten hart umkämpftes Streitthema. Verschiedentlich versuchen nationale Regulierer Apple hier in die Schranken zu weisen, prominentestes Beispiel ist die niederländische Wettbewerbsaufsicht ACM, die inzwischen schon Strafgelder in Höhe von 50 Millionen Euro gegen Apple verhängt hat. Der Druck zeigt langsam Wirkung: Apple beginnt, auf die Forderungen der ACM einzugehen, wenn auch noch viele Fragen offen sind.

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30% Provision ist nicht wenig. Mit anderen Worten heißt das: Von 100 eingenommenen Euro kann ein Dienstanbieter nur 70 Euro behalten. Das trifft zwar nur Unternehmen mit einem Jahresumsatz von mehr als einer Million Euro, dennoch wird diesen Unternehmen de facto ein Drittel ihrer Einnahmen vorenthalten. Wer das allerdings schamlos findet, kennt Metas Rechnung nicht: Im neuen Metaverse müssen Entwickler satte 47,5% der Einnahmen an Meta abdrücken, Apfelpage.de berichtete.

Wer ist der größere Heuchler?

Nun äußerte sich Apple zu dieser exorbitanten Provision, die Meta sich auf der neuen Plattform genehmigt. Apple-Sprecher Fred Sainz nannte Meta im Gespräch mit Branchenexperten heuchlerisch. Apple war von Meta zuvor immer wieder massiv kritisiert worden für seine 30%-Provision, diese würde vor allem kleine Unternehmer treffen und ihnen die unternehmerische Grundlage entziehen, warf Meta Apple vor. War das im Licht der gigantischen Provision im Metaverse nun heuchlerisch?

Gewiss war es das: Meta möchte fast die Hälfte der Einnahmen jedes Unternehmers in der neuen Metaverse-Umgebung Horizon World, zu einem Zeitpunkt, an dem noch überhaupt nicht absehbar ist, ob die Plattform das nächste große Ding oder das nächste Milliardengrab wird. Eher wäre die gegenteilige Strategie zielführend, aus unternehmerischer Sicht: Entwickler mit attraktiven Konditionen anzulocken und später die Kosten zu erhöhen. Doch Meta ist in der Klemme: Das traditionelle Geschäft mit Anzeigen schwächelt, weil Facebook und Instagram schwächeln. Zugleich kostet die Errichtung des Metaverse Milliarden – Milliarden, die man sich gleich zu Beginn anteilig von den zukünftigen Metaverse-Bewohnern zurückholen möchte. Ob das klappt, bleibt abzuwarten.

Der Plattform-Komplex

Und doch bleibt Apples Seitenhieb gegen Meta in einer Hinsicht wiederum heuchlerisch. Eine Provision von 30% ist und bleibt eine Schamlosigkeit. Und eine Schamlosigkeit wird nicht dadurch weniger schamlos, dass in der Nachbarschaft eine noch größere Schamlosigkeit aufgezogen wird.

Allerdings sind Apple und Meta hier nicht allein. Was oft vergessen wird, ist die universelle Gier aller Plattformen, die eine gewisse Sogwirkung auf einem bestimmten Markt entfalten. Das beginnt in der Smartphonewelt mit Google Play, das auch 30% Provision einfordert, wenn auch nicht ganz so konsequent – noch nicht, das beginnt sich aber gerade zu ändern.

Infografik: Lieferando dominiert den Lieferdienstmarkt | Statista Mehr Infografiken finden Sie bei Statista

Und es führt in ganz andere Marktsegmente wie den Reisesektor, wo Portale wie Booking.com ebenfalls 30% Provision von den Beherbergungsbetrieben verlangen, was teils zu existenzbedrohenden Zuständen für kleine Betriebe führt. Und wo wir gerade schon dabei sind: Der von vielen gern und oft gerufene Lieferheld von Lieferando und dessen diverse Brüder und Schwestern nehmen den angeschlossenen Restaurants und Gastronomen auch bis zu 30% Provision ab – dafür, dass sie Auslieferer ihrerseits in unterirdische Beschäftigungs- und Bezahlungsverhältnisse drücken.

Wenn wir also von Provision sprechen, ist es richtig und wichtig, Apple zu nennen, da das Unternehmen verbissen und zielstrebig daran arbeitet, die Forderung nach einer marktgerechten Entlohnung von Entwicklerarbeit hinter blumigen Worten seiner Marketingexperten verschwinden zu lassen. Doch hinter Apple stehen jederzeit ein Google, Lieferando oder Booking.com bereit, die dasselbe Geschäftsmodell der ausbeutenden Marktbeherrschung betreiben.

Wenn nun einem Meta erlaubt wird, sogar die Hälfte der Erlöse von Plattformteilnehmern einzubehalten, kann man dem Metaversum kaum ruhigen Gewissens einen erfolgreichen Start wünschen, denn am Ende zahlen die durch solche Geschäftsmodelle in die Höhe getriebenen Kosten so oder so die Verbraucher.

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Roman van Genabith
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6 Kommentare zu dem Artikel "Apple oder Meta: Wer ist der größere Heuchler?"

  1. Iksbod 18. April 2022 um 18:08 Uhr ·
    Kann man auch politisches Versagen nennen.
    iLike 1
  2. Austin316 18. April 2022 um 19:39 Uhr ·
    Alle!!! Es zählt nur noch Kohle für die Aktionäre und der Service bleibt auf der Strecke! Ist leider so!
    iLike 1
  3. RoPo 18. April 2022 um 20:30 Uhr ·
    Ob 30 oder 47,5 % sind jetzt erstmal zweitrangig. In der gesamten Betrachtung sollte man aber mal den normalen „Vertriebsaufschlag“ beachten. Der Store ist der Distributionweg, welchen man nun mal bezahlen muss. Dies ist ja nicht neu. Im Einzelhandel nennt man es Einkaufspreis. Ich das Gefühl, dass viele denken, dass es hier etwas neues gibt, was ungerecht ist und bekämpft werden muss… Zu hinterfragen sollte man natürlich die Monopolstellung von Apple im „Apple OS – System“.
    iLike 4
  4. apfelpage_fan 18. April 2022 um 21:37 Uhr ·
    Keiner von denen ist besser als der andere. Ich wäre ja schon froh wenn Apple nicht so ein Theater bei der Anmeldung für einen Developer Account machen würde. (Stichwort D-U-N-S und App Überprüfung…)
    iLike 0
  5. nxt_please 18. April 2022 um 22:35 Uhr ·
    Apple, und ich bin guter Dinge dass Apple noch mehr Wachsen wird = Smartphone, Tablet, smartwatch Laptopcomputer / Desktop, Entertainment, Health & Wellness sind bereits existierende und in Zukunft kommende Bereiche bei dem sich Apple ganz weit oben platzieren wird. Und, bei Apple stimmt einfach das Preis- Leistungsverhältnis, irgendwo ist für den Endverbraucher immer ein Mehrwert drin, wenn auch erst auf den zweiten Blick.
    iLike 1
  6. Thorsten 19. April 2022 um 06:15 Uhr ·
    Die nehmen sich beide nicht viel.
    iLike 0

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