6. Juni 2023

Marco Fileccia

Tops und Flops der Apple-Keynote (die Kolumne)

Treue Leserinnen wissen, dass diese Kolumne immer am Donnerstag kurz nach 18 Uhr erscheint. Aus gegebenem Anlass (viel) früher:

Wow, Apple! 127 Minuten hielt uns der Mittelständler jenseits des großen Teichs in Atem. Nur wenig Zeit nahmen Dritte in Anspruch und das waren Giganten, wie Hideo Kojima, Spieleentwickler von Metal Gear und Death Stranding und natürlich Bob Iger, CEO des Unterhaltungskonzerns Disney. Ersterer wurde von Craig Frederighi (ein unverzeihlicher Fehler, Apple-Perfektionisten: Beim ersten Auftritt sah man das Unterhemd!) als nicht weniger denn „legendär“ genannt – darunter tut es Apple nicht.

Craig Frederighi auf der WWDC 23

Blicken wir ein wenig zurück und werten (das ist das Vorrecht eines Kolumnisten) Tops und Flops nach streng subjektiven Kriterien:

Top-Brille: Fast alles!

Apples Vision Pro

Wow, Apple. Da hast du mal richtig vorgelegt. Es fiel der legendäre Satz, der nur für ganz besondere Gelegenheiten verwendet werden darf: „One more thing“. Apple Vision Pro – warum eigentlich Pro? Wäre es nicht klüger gewesen, diese erste Generation von Headset-Dings einfach nur Apple Vision zu nennen. Dann hätte man später eine Pro-Edition herausbringen können, kurz vor der Ultra-Version undsoweiter. Sei es drum. Hier lest ihr die Details zur Brille , das eigentlich Geniale daran ist etwas, das wirklich niemand vorhergesagt hat und das den Unterschied zwischen Ich-bin-gewöhnlich und Ich-bin-der-neue-heiße-Scheiß ausmachen wird: Es ist doch eine Brille! Andere können mir in die Augen sehen! Ich habe das Ding auf der Nase und sehe trotzdem hindurch, kann sehen (das Beispiel kam in der Keynote), wenn mein Kind mir einen Ball zuschießt (bei der Gelegenheit: In der Küche kein Fußball spielen, Apple!).

Flop-Brille: Die Kamera und USA

Oje, eine Foto-Film-Kamera ist in Vision Pro integriert. Man erinnere sich an Google Glas und die Auswirkungen in der deutschen Öffentlichkeit. Das wird noch zu jeder Menge Diskussionen führen, aber… anders als Google Glas ist die Brille (ja, eine Brille!) nicht für die Benutzung in der Öffentlichkeit gedacht. Schauen wir mal. Vielleicht steckt genau dahinter auch die Ankündigung, dass die neue Hardware zunächst ausschließlich in den U.S.A. erhältlich sein wird.

Top-Watch: Widgets und Snoopy

(Bild: Apple)

Genial! Durch Drehen der Krone erscheinen die Widgets, die auch gleich in einer Reihe erscheinen (weil Apple gewöhnliche Worte und Untertreibungen nicht mag: „Smart Stack“). Und Snoopy als Watchface! Ich liebe Snoopy!

Das neue Watchface mit Snoopy (und Woodstock)

Flop-Watch: Palette

Das neue Watchface Palette

Machen wir es kurz mit dem neuen Watchface: Hässlich.

Tops Audio & Home

Audio and Home

Seit wann fasst Apple eigentlich AirPods, Homepods und Apple Music als „Audio & Home“ zusammen? Wahrscheinlich hat jemand in der Produktion die Zeit für diese Keynote gestoppt und dann musste man kürzen, Dinge zusammenfassen. Richtig gut: FaceTime auf dem Apple-TV, gemütlich auf der Couch sitzen und mit Mutti konferieren, aber das absolute Highlight sind zwei Kleinigkeiten: Siri! Und nicht Hey Siri! Allerdings wird man keinen Apfelplausch mit Roman und Lukas mehr laut hören dürfen, weil ständig Siri anspringt, sobald nur der Name fällt. Und, ja! die Apple-TV-Fernbedienung fristet kein wochenlanges Dasein in der Couch-Ritze mehr, sondern kann mit „Wo ist?“ gefunden werden. Welche Nerds ohne Privatleben hatten diese Funktion bei der Konzeption eigentlich vergessen? Jeder normale Wohnzimmerbesitzer mit Kindern in der Nähe hätte diese Idee sofort gehabt.

Flops Audio & Home

„Smarter AirPlay suggestions“ nennt Apple eine künstliche Intelligenz. Ich vermute Siri dahinter und befürchte das Schlimmste. Auch die Bildschirmschoner, die automatisch mit meinen eigenen Fotos als „Memories“ gefüttert werden. Will man das wirklich?

Tops iOS 17: Autokorrektur und Journal

iOS 17

Angeblich (schauen wir mal!) soll die Autokorrektur dümmer werden. Endlich! Sie ist mir viel zu schlau und mehr Bevormundung denn Hilfe. Die neue App „Journal“ ist doch nicht mehr als ein Tagebuch, aber wirklich nett, wenn man so etwas machen möchte. Wirklich super: Alle Daten bleiben auf dem Gerät.

Flops iOS 17: StandBy, Sticker, Live-MobilBox und NameDrop

So sieht die neue StandBy-Funktion aus

Ehrlich, Apple? Mein 1.500 Euro-Smartphone drehen und dann habe ich einen Wecker, den ihr „StandBy“ nennt.

Neue Sticker auf iMessage

Wie lange spielten sie mit den neuen Stickern herum? Und ich kann eigene Sticker aus meinen Fotos basteln? Eine Billionen-Dollar-Company baut Sticker und verkauft sie als Innovation? Lächerlicher war nur die Feuerwerks-Simulation, die ich in FaceTime hinter meinem Rücken starten kann.
Einen hörbaren Anrufbeantworter, den sie „Live-Mobilbox“ nennen? Ich erinnere mich dunkel an eine kleine Kiste neben dem Wählscheiben-Telefon, das war aber in den 80ern.

NameDrop klingt auf den ersten Blick gut. Zwei Telefone in der Nähe und wir tauschen unsere Telefonnummern aus. Wie verhindert man den Missbrauch und dass alle Mitfahrenden im ÖPNV daran teilhaben? Schauen wir mal!

Tops Hardware: (Fast) alles

Ja, endlich! Der MacPro erscheint mit Silicon-Chip. Wurde auch langsam Zeit. Zwei Jahre hatten sie für diese Transformation versprochen. Andererseits… Apple hat nie gesagt, wo das Jahr vergeht. Nimmt man ein Mars-Jahr mit 687 (Erden-) Tagen, dann liegt Apple weit vor dem Zeitplan! Das einfachste Modell des neuen MacBook Air in 15 Zoll kostet 1.600 Euro, was ein angemessener Preis und verlockend sein dürfte. Also Daumen hoch! Nehme ich das Top-Modell mit 24 GB-Arbeitsspeicher und 2 TB-Festplatte, dann kostet das Gerät schon 3.000 Euro und ich bin genau beim einfachsten MacBook Pro mit 16 Zoll. Daumen runter. Der neue Mac Studio mit dem neuen Chip M2 Ultra. Wie erwartet.

Tops iPadOS: Widgets, Health und Lock Screens

(Bild: Apple)

Interaktive Widgets mit Quick-Actions. Was sich anhört, wie der gescheiterte Versuch einer Kommunikation könnte interessant sein. Und endlich gibt es die Health-App auf dem großen Display des iPads. Danke, Apple! Auch die neuen Lock Screens (sagen wir besser: die neuen Lock Screen-Möglichkeiten) sehen chic aus!

Flops iPadOS: PDF

Ich nenne nur ein Jahr: 1992. Seitdem gibt es das Portable Document Format. Nur 31 Jahre später… lassen wir das!

Tops MacOS: Widgets, GameMode und WebApp

MacOS

Die Widgets auf dem Mac sind deutlich aufgemotzt, frei platzierbar und bei Nicht-Verwendung treten sie freiwillig in den Hintergrund (,was man von Apple allgemein nicht behaupten kann). Gut so! Es soll einen neuen Spiele-Modus für den Mac geben, der zum Beispiel Latenzen verringert. Wenn das klappt: Super! In Safari gibt es wohl einige nette Kleinigkeiten wie verschiedene Accounts (zum Beispiel beruflich und privat), (noch) besseren Schutz vor Trackern, die beste aus meiner Sicht: Ich kann jede Webseite als Web-App abspeichern, auch im Dock. Das wird mein Leben einfacher machen!

Flop MacOS: Sonoma und Konfetti

macOS Sonoma

Sonoma ist ein Kaff mit 11.000 Einwohnern in Kalifornien. Sagen wir, wie es ist: Die Raubkatzen waren beeindruckender. Außerdem klingt das Wort gefährlich nach Schlaflosigkeit… Insonmnie. In Videokonferenzen kann ich jetzt Konfetti regnen lassen. Ehrlich? Mein Chef wird begeistert sein!

Topp-Performer: Wer wohl?

Craig Frederighi mit Gitarre

 

 

Eure Tops und Flops? In die Kommentare!

28 Gedanken zu „Tops und Flops der Apple-Keynote (die Kolumne)“

  1. Wie geht ein Brillenträger mit der Wunderbrille um? Denke nämlich, dass mit dem Alter höchstwahrscheinlich eine Brille anfällt und nicht unbedingt die jüngere Generation das Geld für diese Brille aufbringen kann (ausgenommen Mama und Papa bezahlen alles, um die Kinder ruhig zu stellen, zB im Biergarten oder Restaurant). Oder braucht man hier gar keine Brille mehr?
  2. Der Artikel ist etwas schlecht recherchiert. Die Brille ist nämlich definitiv NICHT durchsichtig. Das ist faktisch falsch dargestellt. Bei der Hardware nur Tops? Hä? Sehe ich genau anders herum! Die Updates waren langweilig, alles vorhersehbar und nichts Neues (in Richtung M3). Das war einfach nur Produktpflege, die längst überfällig war. Zudem ist der Mac Pro höchst seltsam. Der hätte so schon vor 1-2 Jahren mit M1 Architektur kommen können, also wieso erst jetzt? Vermute eher, dass ein gänzlich neuer Mac Pro in Arbeit war, aber nicht in absehbarer Zeit produktreif geworden wäre. Also dann doch nach 2 Jahren den Kompromiss gemacht und die aktuelle Hardware in das alte Design gekloppt. Dazu PCI 4 statt PCI 5? Eine totale Enttäuschung für Pro Anwender! Bei iOS bzw. iPadOS kein Wort zu offline Maps, Find My Sharing und Airdrop über Internet? DAS waren die wirklichen Highlights!
    • Ja, war etwas unglücklich formuliert… ist geändert. Offline-Maps gibt es bei Open-Street-Maps mit verschiedenen Anbietern an jeder Ecke ;-), AirDrop übers Internet? Das Gute an AirDrop ist doch gerade schnell mal eben zum Gegenüber, Dateien übers Internet schicken kann ich auch anders. Liebe Grüße.
      • Naja Krümel hat nicht ganz unrecht. Das sind ja keine Wunschfeatures, sondern wirklich Dinge die Apple zumindest zum Teil auch ein bisschen in der Präsentation ausgeführt hat, eben z.B. AirPlay Übertragung, welche bei Entfernung der Geräte voneinander über das Internet fortgesetzt werden.
  3. Ich warte seit Jahren auf einen neuen großen iMac. Bin maßlos enttäuscht. Eine Brille, bei der ich meine Fehlsichtigkeit noch teurer extra bezahlen muss, finde ich echt daneben. Meine alltäglichen Nasenfahrräder sind teuer genug. Außerdem wird das Handling total tüdelig, z.B. unterwegs.
      • Ganz so klar war das nicht, nach den ganzen verschiedenen Mutmaßungen, die im Netz kursierten. Dass es eine neue Kartoffelreibe geben wird, ebenso wenig.
    • Grundsätzlich finde ich das Projekt Vision Pro natürlich interessant und auch spannend, kann mir aber beim besten Willen nicht recht vorstellen, stundenlang mit so einer Taucherbrille durch die Gegend zu rennen und womöglich auch noch wild zu gestikulieren und dabei zu sprechen. 🙈😂 Oder habe ich da falsche Vorstellungen?
  4. Als Brillenträger hat man eine Ahnung, was diese Spezialgläser, individuell angepasst, noch zusätzlich kosten. Außerdem wissen -gerade ältere- Brillenträger, dass man nicht mal kurz die Gläser austauscht und gut ist. An neue Gläser muss man sich in neuen Fassungen immer erst gewöhnen. Ein schneller Wechsel zwischen der normalen Brille und der Apple-Brille mit 3d Effekten und anderen ungewohnten Sichtweisen und dazu mit neuen Gläsern … Ich wette, das wird problematisch und Kopfschmerzen sind vorprogrammiert. Schade, besonders da man als Brillenträger so auch nichts testen kann, weder im Apple-Shop noch sonst wo. Ich brauche erst meine individuellen Gläser. Ist mir ein Rätsel, wieso Apple das für so viele Kunden (Brillenträger) so schwer macht.
    • Ich gebe Dir völlig recht. Zumal, wenn man, was nun wirklich oft vorkommt, Gleitsicht- oder Bifocalgläser benötigt.
    • Warum nicht in positiver Erwartung auf die Lösung für Brillenträger warten anstatt zu Meckern?
  5. Ja wie ist das denn jetzt kann man durch die Apple Brille hindurchsehen wie eine normale Brille auch oder nicht ? Sonst ganz hab ich das jetzt nicht verstanden …
    • Ich finde das Teil aufjedenfall spannend allerdings kann ich mir nicht vorstellen dass es mal selbst in einer günstigeren Varianten (zb die Hälfte günstiger ) für Familien geeignet ist wenn man mal einen Filmabend machen will dann braucht nämlich jeder so ne Brille …das finde ich etwas schwierig
    • Nein, kann man nicht. Das wurde im Artikel falsch geschrieben. Die Brille ist NICHT durchsichtig, sondern projeziert dir die reale Welt plus Zusatzfeatures auf 2 Displays direkt vor die Augen.
      • Aber es heißt doch Die Linse ist In-house gemacht und kann in Kooperation mit Optikherstellern (zb Zeiss) auch für Brillenbenutzer tauglich gemacht werden. Also muss sie dich durchsichtig sein ?!
      • @Krümel Weil dann ist die Apple Vision pro doch eigentlich imgenau zu sein eine Mischung aus AR und VR oder ?
    • Ja und nein. Es sind wohl 3 Displays verbaut. Jeweils eins pro Auge und ein großes Display nach vorne (von den Augen weg zeigend) Der Nutzer sieht auf den 2 den Augen zugewandten Displays das Bild der zwei Hauptkameras. Er sieht also nur indirekt durch die Brille (= das Bild der Kameras) Auf dem äußeren Display können dann die Augen des Nutzers dargestellt werden. Insgesamt sieht es auf den Bildern zwar aus als wäre die Brille transparent aber das scheint sie nicht zu sein. Zumindest habe ich das bisher ai verstanden.
  6. Die beste Neuerung ist die Preisreduktion des Macbook Air… Und natürlich das Snoopy Watchface :) Aber wo blieben die iMacs? Das Air ist zwar langsam wieder Konkurrenzfähig aber der M1 iMac ist raus. Auch die Pros sind im Verhältnis zu den Airs einfach zu teuer.

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