Treue Leserinnen wissen, dass diese Kolumne immer am Donnerstag kurz nach 18 Uhr erscheint. Aus gegebenem Anlass (viel) früher:
Wow, Apple! 127 Minuten hielt uns der Mittelständler jenseits des großen Teichs in Atem. Nur wenig Zeit nahmen Dritte in Anspruch und das waren Giganten, wie Hideo Kojima, Spieleentwickler von Metal Gear und Death Stranding und natürlich Bob Iger, CEO des Unterhaltungskonzerns Disney. Ersterer wurde von Craig Frederighi (ein unverzeihlicher Fehler, Apple-Perfektionisten: Beim ersten Auftritt sah man das Unterhemd!) als nicht weniger denn „legendär“ genannt – darunter tut es Apple nicht.
Blicken wir ein wenig zurück und werten (das ist das Vorrecht eines Kolumnisten) Tops und Flops nach streng subjektiven Kriterien:
Top-Brille: Fast alles!
Wow, Apple. Da hast du mal richtig vorgelegt. Es fiel der legendäre Satz, der nur für ganz besondere Gelegenheiten verwendet werden darf: „One more thing“. Apple Vision Pro – warum eigentlich Pro? Wäre es nicht klüger gewesen, diese erste Generation von Headset-Dings einfach nur Apple Vision zu nennen. Dann hätte man später eine Pro-Edition herausbringen können, kurz vor der Ultra-Version undsoweiter. Sei es drum. Hier lest ihr die Details zur Brille , das eigentlich Geniale daran ist etwas, das wirklich niemand vorhergesagt hat und das den Unterschied zwischen Ich-bin-gewöhnlich und Ich-bin-der-neue-heiße-Scheiß ausmachen wird: Es ist doch eine Brille! Andere können mir in die Augen sehen! Ich habe das Ding auf der Nase und sehe trotzdem hindurch, kann sehen (das Beispiel kam in der Keynote), wenn mein Kind mir einen Ball zuschießt (bei der Gelegenheit: In der Küche kein Fußball spielen, Apple!).
Flop-Brille: Die Kamera und USA
Oje, eine Foto-Film-Kamera ist in Vision Pro integriert. Man erinnere sich an Google Glas und die Auswirkungen in der deutschen Öffentlichkeit. Das wird noch zu jeder Menge Diskussionen führen, aber… anders als Google Glas ist die Brille (ja, eine Brille!) nicht für die Benutzung in der Öffentlichkeit gedacht. Schauen wir mal. Vielleicht steckt genau dahinter auch die Ankündigung, dass die neue Hardware zunächst ausschließlich in den U.S.A. erhältlich sein wird.
Top-Watch: Widgets und Snoopy
Genial! Durch Drehen der Krone erscheinen die Widgets, die auch gleich in einer Reihe erscheinen (weil Apple gewöhnliche Worte und Untertreibungen nicht mag: „Smart Stack“). Und Snoopy als Watchface! Ich liebe Snoopy!
Flop-Watch: Palette
Machen wir es kurz mit dem neuen Watchface: Hässlich.
Tops Audio & Home
Seit wann fasst Apple eigentlich AirPods, Homepods und Apple Music als „Audio & Home“ zusammen? Wahrscheinlich hat jemand in der Produktion die Zeit für diese Keynote gestoppt und dann musste man kürzen, Dinge zusammenfassen. Richtig gut: FaceTime auf dem Apple-TV, gemütlich auf der Couch sitzen und mit Mutti konferieren, aber das absolute Highlight sind zwei Kleinigkeiten: Siri! Und nicht Hey Siri! Allerdings wird man keinen Apfelplausch mit Roman und Lukas mehr laut hören dürfen, weil ständig Siri anspringt, sobald nur der Name fällt. Und, ja! die Apple-TV-Fernbedienung fristet kein wochenlanges Dasein in der Couch-Ritze mehr, sondern kann mit „Wo ist?“ gefunden werden. Welche Nerds ohne Privatleben hatten diese Funktion bei der Konzeption eigentlich vergessen? Jeder normale Wohnzimmerbesitzer mit Kindern in der Nähe hätte diese Idee sofort gehabt.
Flops Audio & Home
„Smarter AirPlay suggestions“ nennt Apple eine künstliche Intelligenz. Ich vermute Siri dahinter und befürchte das Schlimmste. Auch die Bildschirmschoner, die automatisch mit meinen eigenen Fotos als „Memories“ gefüttert werden. Will man das wirklich?
Tops iOS 17: Autokorrektur und Journal
Angeblich (schauen wir mal!) soll die Autokorrektur dümmer werden. Endlich! Sie ist mir viel zu schlau und mehr Bevormundung denn Hilfe. Die neue App „Journal“ ist doch nicht mehr als ein Tagebuch, aber wirklich nett, wenn man so etwas machen möchte. Wirklich super: Alle Daten bleiben auf dem Gerät.
Flops iOS 17: StandBy, Sticker, Live-MobilBox und NameDrop
Ehrlich, Apple? Mein 1.500 Euro-Smartphone drehen und dann habe ich einen Wecker, den ihr „StandBy“ nennt.
Wie lange spielten sie mit den neuen Stickern herum? Und ich kann eigene Sticker aus meinen Fotos basteln? Eine Billionen-Dollar-Company baut Sticker und verkauft sie als Innovation? Lächerlicher war nur die Feuerwerks-Simulation, die ich in FaceTime hinter meinem Rücken starten kann.
Einen hörbaren Anrufbeantworter, den sie „Live-Mobilbox“ nennen? Ich erinnere mich dunkel an eine kleine Kiste neben dem Wählscheiben-Telefon, das war aber in den 80ern.
NameDrop klingt auf den ersten Blick gut. Zwei Telefone in der Nähe und wir tauschen unsere Telefonnummern aus. Wie verhindert man den Missbrauch und dass alle Mitfahrenden im ÖPNV daran teilhaben? Schauen wir mal!
Tops Hardware: (Fast) alles
Ja, endlich! Der MacPro erscheint mit Silicon-Chip. Wurde auch langsam Zeit. Zwei Jahre hatten sie für diese Transformation versprochen. Andererseits… Apple hat nie gesagt, wo das Jahr vergeht. Nimmt man ein Mars-Jahr mit 687 (Erden-) Tagen, dann liegt Apple weit vor dem Zeitplan! Das einfachste Modell des neuen MacBook Air in 15 Zoll kostet 1.600 Euro, was ein angemessener Preis und verlockend sein dürfte. Also Daumen hoch! Nehme ich das Top-Modell mit 24 GB-Arbeitsspeicher und 2 TB-Festplatte, dann kostet das Gerät schon 3.000 Euro und ich bin genau beim einfachsten MacBook Pro mit 16 Zoll. Daumen runter. Der neue Mac Studio mit dem neuen Chip M2 Ultra. Wie erwartet.
Tops iPadOS: Widgets, Health und Lock Screens
Interaktive Widgets mit Quick-Actions. Was sich anhört, wie der gescheiterte Versuch einer Kommunikation könnte interessant sein. Und endlich gibt es die Health-App auf dem großen Display des iPads. Danke, Apple! Auch die neuen Lock Screens (sagen wir besser: die neuen Lock Screen-Möglichkeiten) sehen chic aus!
Flops iPadOS: PDF
Ich nenne nur ein Jahr: 1992. Seitdem gibt es das Portable Document Format. Nur 31 Jahre später… lassen wir das!
Tops MacOS: Widgets, GameMode und WebApp
Die Widgets auf dem Mac sind deutlich aufgemotzt, frei platzierbar und bei Nicht-Verwendung treten sie freiwillig in den Hintergrund (,was man von Apple allgemein nicht behaupten kann). Gut so! Es soll einen neuen Spiele-Modus für den Mac geben, der zum Beispiel Latenzen verringert. Wenn das klappt: Super! In Safari gibt es wohl einige nette Kleinigkeiten wie verschiedene Accounts (zum Beispiel beruflich und privat), (noch) besseren Schutz vor Trackern, die beste aus meiner Sicht: Ich kann jede Webseite als Web-App abspeichern, auch im Dock. Das wird mein Leben einfacher machen!
Flop MacOS: Sonoma und Konfetti
Sonoma ist ein Kaff mit 11.000 Einwohnern in Kalifornien. Sagen wir, wie es ist: Die Raubkatzen waren beeindruckender. Außerdem klingt das Wort gefährlich nach Schlaflosigkeit… Insonmnie. In Videokonferenzen kann ich jetzt Konfetti regnen lassen. Ehrlich? Mein Chef wird begeistert sein!
Topp-Performer: Wer wohl?
Eure Tops und Flops? In die Kommentare!
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