Der Mitgründer und ehemaliger Vorstand von Beats Electronics, Jimmy Iovine, stammt noch aus der Zeit, als Musik noch auf physischen Tonträgern verkauft wurde und Künstler noch von ihrer Arbeit leben konnten. Er hat bereits mit Größen wie John Lennon gearbeitet, dem er vieles verdankt. Das Streaming die Zukunft ist, bestreitet er nicht, aber er sorgt sich um die faire Entlohnung der Künster, die bei kostenlosen Streaming-Diensten wie Spotify oder YouTube nicht gegeben sei.
Sorge um die Künstler
Eine Sorge, die auch Apple-Mitarbeiter und Musiker-Kollege Trend Reznor teilt. Er bezeichnete YouTubes Geschäftsmodell vergangenes Jahr als „hinterhältig, [weil] es auf dem Rücken von kostenlosen oder gestohlenen Inhalten aufgebaut ist.“
Im Interview mit Music Business Worldwide (MBW) zeigte sich Iovine erschrocken davon, dass viele Musiker glauben, mit Aufnahmen kein Geld mehr verdienen zu können und die kostenlosen Angebote als Opfer in Kauf nehmen, um ein Stück Öffentlichkeit zu erlangen und auf diesem Weg mehr Konzerttickets oder Merchandiseartikel zu verkaufen. „Künstler werden ausgenommen. Punkt. Ich sehe niemanden, der hinter ihnen steht. Es ist unsere Verantwortung, dies zu ändern.“
„Wir glauben, dass Künstler bezahlt werden sollten. Darum bin ich zu Apple Music gegangen,“ erklärt Iovine weiter. „Ich sage das nicht nur, ich handele auch danach. Darum habe ich mich [Cue] und Tim [Cook] verständigt. Sie sehen das genauso. Ich finde, das, was zurzeit vorgeht ist falsch. Das ist meine Meinung. Es ist mir egal, wenn mich das aussehen lässt, als sei ich hinter der Zeit zurück.“
Iovine bemängelt: kostenloses Streaming sei zu gut
Er bemängelte außerdem, „dass kostenloses Streaming technisch so gut und allgegenwärtig ist, dass es das Wachstum von bezahltem Streaming verkümmern lässt.“ Seine Überzeugung: „Zahlende Kunden sollten Vorteile genießen. Die Plattenlabels schulden es ihren Kunden.“ Es sei am wichtigsten, die bezahlten Dienste unwiderstehlich und unterhaltsam zu gestalten, statt wie bisher kostenlose Dienste anzubieten, die genauso gut sind, wie die bezahlten Varianten. Das sei einer der Gründe, warum Apple Music auf Video-Inhalte setze.
Iovine will Apple Music zu einem Teil der Pop-Kultur machen
Iovine lebt in Los Angeles. Einmal pro Woche reist der 64-Jährige nach Cupertino in Apples Hauptquatier, um Apple Music voranzutreiben. Einen offiziellen Job-Titel trägt er dabei nicht.
„Ich helfe Apple Music zu einer Bewegung der Pop-Kultur zu werden,“ erklärte er im April selbstbewusst in einem früheren Interview mit Bloomberg. Iovine ist überzeugt: „ein Musik-Service muss mehr sein, als nur ein paar Lieder und Wiedergabelisten.“ Darum widme man sich bei Apple musikbezogenen Video-Inhalten wie Musikvideos oder Carpool-Karaoke.
„Von all den Technologie-Unternehmen auf der Welt war Apple das eine, das verstand, warum Künstler etwas machen,“ erklärte Iovine vor kurzem gegenüber Variety. „Wir versuchen, Musik zu einem kulturellen Bezugspunkt zu machen. Darum erstellen wir Videos. […] Das hat nichts mit dem zu tun, was Netflix tut,“ betonte er. Daneben gäbe es in dem Team von über 300 Kreativen eine ganze Reihe von Ideen, über die er noch nicht sprechen dürfe.
Kostenlose Variante hätte 400 Millionen Nutzer
Damit grenzt sich Apple Music klar von Konkurrent Spotify ab. Die Schweden hatten vor über einem Jahr bereits über ein Duzend Serien bestellt, aber nie wirklich erfolgreich platziert. Apple Music spricht Iovine hingegen großes Potential zu. Er ist überzeugt: „Hätte Apple Music einen kostenlosen Ableger, hätten wir 400 Millionen Nutzer, aber das würde meinen Job zu einfach machen.“ Dennoch ist Spotify weiterhin unangefochtener Marktführer mit über 100 Millionen aktiven Nutzern, von denen über die Hälfte für den Dienst bezahlen. Apple hängt mit schätzungsweise 30 Millionen zahlenden Nutzern noch weit dahinter zurück. Offizielle Zahlen fehlen aber.
Interessierte finden das komplette Interview hier.
8 Gedanken zu „Jimmy Iovine: Gratis Musikstreaming könnte Apple Music 400 Mio. Nutzer bescheren“
Die Kommentare sind geschlossen.