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Gratis Radioapp aus Deutschland: Interview mit Cuterdio-Gründer: Wie baut man eine Radioapp? | Apples strenger Reviewprozess

Diese Interview-Serie enthält KEINE bezahlte Produktplatzierung, sondern ist frei nach unserem Grundsatz entstanden, kleine Entwickler und coole Ideen in dieser Serie zu unterstützen und sie mit der Welt da draußen zu teilen.

Wir haben Johann Weiher, Gründer von Cuterdio, digital getroffen und ihm einige Fragen gestellt. Was macht seine Internetradio-App besser als alle anderen? Und wie finanziert sich seine kostenfreie App?

Wien, Österreich: Ein Interview von Lukas Gehrer im Juli 2020.

 

Apfelpage.de (L. Gehrer): Hallo Johann, willst du dich kurz vorstellen, wie alt bist du und wie bist du zum Entwickeln gekommen?

Johann: Mein Name ist Johann Weiher, ich bin 32 Jahre und wohne in der schönen Hallertau. Ich hatte immer Interesse an Computern, wie sie aufgebaut sind bzw. funktionieren. Irgendwann kam dann auch das Interesse für Software und als Teenager habe ich dann angefangen zu programmieren.

Nach einer Ausbildung zum Elektroniker habe ich das dann auch beruflich vertieft. App-Entwicklung betreibe ich jedoch nur in meiner Freizeit. Beruflich bin ich Berater im CAD-Umfeld mit dem Schwerpunkt auf Schnittstellenprogrammierung.

Apfelpage.de (L. Gehrer): Spannend! Nun, wie bist du dann auf diese App-Idee gekommen? Wieso genau eine Radio-App, die gibt es doch wie Sand am Meer?

Johann: Ich liebe Musik. Bei mir läuft eigentlich immer Musik. So auch beim Arbeiten. Hier will ich mich aber nicht um Playlisten oder ähnliches kümmern. Somit funktioniert für mich, dass oft als „veraltetes Konzept“ bezeichnete Radio immer noch am besten. Dort suchen Sender aus, was ich hören darf. Und das ist gut so. Leider stellte meine geliebte App „Radium“ den Support dann ein. Ich habe danach gefühlt alle Apps am Markt getestet. Eigentlich hatte ich keine großen Anforderungen:

  • iOS Support
  • macOS Support
  • Carplay
  • Coverart
  • Keine Werbung
  • Keine Registrierung

Es gab aber leider keine App, die alle Punkte abdeckte. Die einzige logische Konsequenz war, selbst eine App zu programmieren.

Apfelpage.de (L. Gehrer): Okay, klassische Gründergeschichte quasi. Also: Warum sollte ich mir Cuterdio runterladen, und keine andere Radioapp?

Johann: Ich denke, der größte Unterschied zu anderen Radio-Apps ist, dass bei Cuterdio die Radiosender nicht im Vordergrund stehen, sondern die Musik. Natürlich kann man sich in der App Favoriten anlegen und schnell den Sender wechseln. Aber der Fokus ist die Musik, die gerade gespielt wird. Das Cover wird zusammen mit Band, Titel & Album dargestellt, alles andere ausgeblendet. Meiner Meinung nach stören sonstige UI-Elemente während dem Hören. Denn der Fokus sollte alleine auf der Musik liegen. Und so habe ich Cuterdio nach meinen Vorstellungen gebaut und bin mit dem Ergebnis sehr zufrieden.

Aber natürlich sollte man sich auch andere Apps anschauen. Im letzten halben Jahr kamen hier wirklich gute Alternativen hinzu. Wobei Cuterdio im Feature-Vergleich immer noch sehr gut abschneidet. Dazu kommt, dass Cuterdio frei von Werbung, Abos, Registrierung usw. ist. Die App ist sogar kostenlos und wird derzeit über Spenden finanziert. Als Sohn eines Hopfenbauers war es für mich klar, dass man als User virtuelle Biere ausgeben kann. Dieses Konzept liebe ich, da der User entscheiden kann, was man bezahlen will bzw. kann.

Ich habe mir vorgenommen, es ein Jahr so zu versuchen und dann zu bewerten, ob sich die Kosten tragen. Wie gesagt: Es ist ein Freizeit-Projekt. Mein Ziel ist es, dass die Kosten gedeckt sind und vielleicht mal ein Einhorn-Tattoo für mich rausspringt.

Ein weiteres Alleinstellungsmerkmal meiner App ist übrigens das CD-Booklet. Mit Tap auf das Cover kann man das Album „umdrehen“. Ähnlich wie ein Booklet von CDs, wie man sie vielleicht noch kennt, findet man hier weitere Infos & Aktionen:

  • Cover im Vollbild anzeigen
  • Song in Spotify öffnen
  • Link zum Wikipedia-Eintrag der Band

Apfelpage.de (L. Gehrer): Respekt, soweit. Ist das eigentlich deine erste App bzw. wie gut und schnell hast du den Apple-Review-Prozess gemeistert?

Johann: Für das Benefiz Musik Open-Air habe ich ehrenamtlich schon eine App für iOS & Android gebaut. Neu für mich war macOS.

Der Review-Prozess ist nicht so schlecht wie sein Ruf, zumindest meiner Meinung nach. Die Einwände, die kamen, waren berichtigt und tragen zur Qualitätssicherung unserer geliebten Apple-Plattform bei.

Dennoch hatte ich ein Problem, das nicht so einfach zu lösen war. Apple forderte Unterlagen ein, damit ich die Coverart der Musiker in den Screenshots verwenden durfte. Aber ich habe hier keine Rechte, denn die Daten zum aktuellen Titel kommen vom Sender und das Cover wird von der tollen Spotify-API geladen. Apple wollte sich hier aber absichern und somit musste ich Musiker finden, welche es mir erlaubten. Somit schrieb ich mal die Musik-Labels an, aber bekam von keinem eine Antwort, nicht einmal eine Absage. Der nächste Schritt war dann befreundete Musiker anzuschreiben, welche mir gerne die „Verträge“ unterschrieben. Mit „Turbobier“ und „John Diva“ sind nun auch zwei bekanntere Bands in den Screenshots. Diese Bands schrieb ich direkt an. Alle lachten eigentlich darüber, dass man hier ein OK braucht, aber freuten sich hier Teil des App-Store Auftritts zu sein.

Cuterdio in Carplay

Apfelpage.de (L. Gehrer): Wie einfach war es, Schnittstellen zu den Radiosendern und Co. zu bauen? Wie kann man sich das vorstellen? Wo zapft man diese ab oder wo beziehst du quasi den Content?

Johann: Lustigerweise dachte ich dies wäre der größte und schwierigste Teil. Dank der Plattform [radio-browser.info](http://www.radio-browser.info) war es aber super einfach. Alex Segler hat hier eine freie & kostenlose Radio-Sender Datenbank aufgebaut. Diese wird von den Usern selbst gepflegt bzw. erstellt. Fügt man z.B. einen neuen Sender in Cuterdio manuell hinzu, wird dieser auch für andere User bereitgestellt. Natürlich ohne irgendwelche persönlichen Daten weiterzugeben. Denn Privacy liegt mir sehr am Herzen. So werden an keiner Stelle in der App personenbezogene Daten erfasst bzw. weitergegeben.

Apfelpage.de (L. Gehrer): Es werden also keine Daten gespeichert oder weitergegeben, um die „gratis-Dienstleistung“ zu ermöglichen?

Johann: Wie gesagt, es werden keine personenbezogenen Daten erfasst bzw. weitergegeben. Ich bin kein Fan von einem Finanzierungsmodell über Userdaten und somit wird es sowas nie in einer meiner Apps geben. Somit nein, es gibt keine Querfinanzierungen.

Apfelpage.de (L. Gehrer): Eine Frage müssen wir dir hier stellen: Wenn man kein direktes Geld mit einer App verdient, wie finanzierst du dich? Ist das wirklich nur ein Hobby? Kann jemand so viel Zeit investieren, ohne gesichert etwas zurück zu bekommen?

Johann: Derzeit habe ich alle Investitionen aus der eigenen Tasche gezahlt. Mein Ziel ist es, dass sich die App selbst trägt. Natürlich würde ich mich freuen auch meine Arbeitsstunden bezahlt zu bekommen. Von beiden Zielen bin ich aber noch weit entfernt. Somit ja, es ist wirklich nur ein Hobby und ich trage aber derzeit gerne noch die Kosten, da es mir viel Freude bereitet. Es dient auch ein bisschen als Lern-Projekt. Ich habe mit Xamarin & DevOps in AppCenter viel gelernt, was ich beruflich auch nutzen kann. Darf sogar für eine Entwickler-Zeitschrift einen Beitrag über AppCenter schreiben. Vor Cuterdio, wusste ich gar nicht, was das ist.

Apfelpage.de (L. Gehrer): Respekt, Johann! Gibt es denn schon User-Rückmeldungen? Was schätzen die an der App?

Johann: Die ersten Rückmeldungen kamen bzgl. des App-Icons. Es gibt wohl nur Menschen, die Einhörner lieben oder eben nicht. So waren die Rückmeldungen dazu zum Beispiel:

  • „Total kindisch“
  • „Uiii, was für ein tolles Icon“

Auf GitHub kann man Feature-Requests machen. So gibt es auch einen Issue für ein Alternatives App-Icon. Leider kamen noch nicht so viele Vorschläge. Aber wenn wir mal ein neutrales Icon haben, werde ich dieses als Alternative in der App anbieten. Ich denke: Das Feature, welches am meisten gewünscht wurde, war Carplay. Mit der Version 1.5 kam auch diese Funktionalität.

Wenn Features einfach & schnell zu implementieren sind, kann ich das auch relativ zeitnah einbauen und die Anwender schätzen das sehr. Großes Lob kam auch bzgl. dem tollen Userinterfaces. Anscheinend bin ich nicht der einzige, der in einer Radio-App Fokus auf Musik haben will und nicht auf die Sender.  Auch die Bewertungen in den Stores sind sehr positiv, was für mich als Entwickler sehr wichtig ist.

Apfelpage.de (L. Gehrer): Welche weiteren Features sind noch geplant, Johann?

Johann: Geplant war eigentlich Aufgrund von Corona und der Home-Office Situation vieler Menschen, Windows so schnell wie möglich an den Start zu bringen. Leider war es mit der Metadaten-Ermittlung in Windows nicht so einfach. So stellte ich das ein bisschen zurück. Auf GitHub sind die Milestones alle aufgelistet und man kann sehen, welches Feature wann kommt. Hier gilt aber eine eiserne Regel: Bug vor Feature. Fehler werden so schnell wie möglich gefixed.

Somit werden die nächsten Features sein, Apple Music zu integrieren. Dazu sollen Stationen über iOS & macOS auf verschiedenen Geräten synchronisieren. Das wird leider nicht so einfach, da ich wie gesagt großen Wert auf Privatsphäre lege. Zeitlich setze ich mir hier keine Ziele, da ich mir sonst zu viel Druck aufbauen würde für ein Hobby-Projekt. Aber eines ist sicher, ich habe immer noch große Freude an der App und es gibt noch viele Ideen, wie man Radiohören verbessern kann.

Apfelpage.de (L. Gehrer): Johann, vielen Dank für deine Zeit!

Johann: Natürlich! Danke für eure offene Art, auch mit Entwicklern zu sprechen, die kein Budget haben.

Apfelpage.de (L. Gehrer): Wir freuen uns, coole Ideen zu unterstützen. Weiterhin viel Erfolg mit Cuterdio!

 


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Lukas Gehrer
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10 Kommentare zu dem Artikel "Gratis Radioapp aus Deutschland: Interview mit Cuterdio-Gründer: Wie baut man eine Radioapp? | Apples strenger Reviewprozess"

  1. badekugel 21. Juli 2020 um 17:27 Uhr ·
    Scheint kein streamon zu unterstützen. Somit nicht so interessant.
    iLike 0
    • Johann Weiher 21. Juli 2020 um 20:45 Uhr ·
      StreamOn wird unterstützt sofern der Radiosender dabei ist. Hab das hier kurz niedergeschrieben: https://cuterdio.com/de/faq
      iLike 0
    • Torro 21. Juli 2020 um 21:52 Uhr ·
      Doch tut es. Hier steht es: https://cuterdio.com/de/faq
      iLike 0
  2. Torro 21. Juli 2020 um 17:27 Uhr ·
    Cool! Danke! StreamOn auch dabei?
    iLike 1
  3. feli 21. Juli 2020 um 18:37 Uhr ·
    Lieber Broadcasts
    iLike 0
  4. Thomas 21. Juli 2020 um 18:45 Uhr ·
    Also der erste Eindruck ist super. Wenn jetzt noch die Carplay Oberfläche vernünftig ist, dann habe ich eine neue Standard-Radio-App, vielen Dank dafür. Aber das Icon… ;)
    iLike 0
    • Johann Weiher 21. Juli 2020 um 20:46 Uhr ·
      @CarPlay: was würde Dir gefallen?
      iLike 0
    • Johann Weiher 22. Juli 2020 um 07:10 Uhr ·
      Danke! Wie sieht denn eine vernünftige CarPlay UI aus?
      iLike 0
  5. TomW 22. Juli 2020 um 02:23 Uhr ·
    Danke! Die App ist super! Stream-On funktioniert immer dann, wenn der Sender es unterstützt. Ich werde morgen mal CarPlay testen, aber bisheriger Eindruck: Die wohl beste Radioapp und das ohne Werbung und kostenlos!
    iLike 0

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