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BGB-Änderung: Es lebe die digitale Textform!


Wer beispielsweise einen Vertrag kündigen wollte, musste bisher einen ziemlichen Aufwand betreiben. Schuld war das Schriftform-Erfordernis. Sprich: Im Vertrag wurde vereinbart, dass bestimmte Aktionen (wie z.B. die Änderung oder die Kündigung des Vertrages) der Schriftform bedürfen. Am 1. Oktober trat jedoch eine Gesetzesänderung im BGB in Kraft, die uns das Leben ab sofort ein wenig leichter macht.

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Bild: Shutterstock

Was ist die Schriftform?

Die oft geforderte Schriftform unterscheidet sich von der Textform durch die Unter_schrift_ des Verfassers. Um sie zu wahren, musstet ihr euer Schreiben also ausdrucken bzw. per Hand schreiben, (mit vollem Namen) unterschreiben und per Post oder per Fax (wie 80er!) an den Empfänger senden. Dabei fallen natürlich Portokosten an. Mit einer qualifizierten elektronischen Signatur, lässt sich die Schriftform zwar bereits auf elektronischem Wege wahren, jedoch ist diese Möglichkeit bei Privatpersonen nicht besonders weit verbreitet, da neben den Kosten für das Kartenlesegerät und die erforderliche Signatursoftware (ca. 40€) auch laufende Kosten (ca. 5 € im Monat) beim jeweiligen Anbieter des Dienstes anfallen.

Präzedenzfall

Bereits im Juli hatte der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass für elektronisch geschlossene Verträge keine Schriftform verlangt werden darf (BGH, 14. Juli 2016 – III ZR 387/15). Im konkreten Fall ging es um die VIP- und Premium-Mitgliedschaft der Dating-Plattform elitepartner.de, die laut den allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Unternehmens in Schriftform erfolgen sollten, obwohl diese online abgeschlossen wurden. Dagegen klagte der Verbraucherzentrale Bundesverband und gewann.

Schriftform Textform

Diesem Urteil folgte die Gesetzesänderung am 1. Oktober 2016: In § 309 Nr. 13 BGB wird es Unternehmen im Privatkundengeschäft nun untersagt, (außer in Fällen, in denen durch den Gesetzgeber eine notarielle Beurkundung vorgeschrieben wurde) in ihren AGB eine strengere Form als die Textform für Anzeigen und Erklärungen zu verlangen. Zu den AGB zählen übrigens auch Standard-(Arbeits-)Verträge, Teilnahmebedingungen, Richtlinien und andere Regelwerke. Betroffene Unternehmen müssen diese nun anpassen. Für Kündigungen, Vertragsänderungen und Gewährleistungs- oder Garantieanzeigen neu abgeschlossener Verträge reicht ab sofort die Textform, die in § 126b BGB wie folgt definiert ist:

„eine lesbare Erklärung, in der die Person des Erklärenden genannt ist, auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben werden. Ein dauerhafter Datenträger ist jedes Medium, das
1. es dem Empfänger ermöglicht, eine auf dem Datenträger befindliche, an ihn persönlich gerichtete Erklärung so aufzubewahren oder zu speichern, dass sie ihm während eines für ihren Zweck angemessenen Zeitraums zugänglich ist, und
2. geeignet ist, die Erklärung unverändert wiederzugeben.“

Eine Unterschrift ist demnach nicht mehr notwendig. Eine einfache E-Mail oder gar eine SMS bzw. eine Messenger-Nachricht genügt, wenn das Unternehmen seinen Kunden diese Kommunikationskanäle zur Verfügung stellt. Die neue Regelung gilt für alle – auch offline abgeschlossene – Verträge, die nach dem 30. September 2016 abgeschlossen wurden.

Folgen

Der Gesetzgeber geht mit der Zeit: Es wird leichter, Verträge zu kündigen, abzuändern oder Garantie- und Gewährleistungsansprüche geltend zu machen. Das Portal kuendigung.org informiert aber zurecht darüber, dass man bei derlei Online-Kündigungen viele Probleme haben könnte. Beispielsweise gebe es keine Nachweisbarkeit der Zustellung oder Mails könnten im Spam-Ordner landen. Um dies zu umgehen bietet die Seite eine einfach Brückenmöglichkeit an: Nutzer können online ihre Kündigung auf dem Portal einreichen, den Rest übernimmt das Team hinter kuendigung.org. Dabei kann man sich nicht nur auf eine sichere Abwicklung verlassen, sondern bekommt auch noch eine Zustellbescheinigung.

Doch die Änderung betrifft nicht nur Kündigungen: Laut Rechtsanwalt Markus Mingers können wir künftig z.B. auch per WhatsApp unsere Krankmeldung an den Chef schicken oder erklären, dass wir keine unbezahlten Überstunden mehr machen wollen. Voraussetzung ist natürlich, dass alle sonstigen Formalitäten (notwendige Angaben, Einhaltung von Fristen) gewahrt bleiben und dass der Empfänger diesen Kommunikationsweg angeboten hat.
Wer die Nummer des Chefs also nur durch einen Zufall erfahren hat, kann nicht davon ausgehen, dass dieser per Handy mit einem kommunizieren möchte. Mingers rät außerdem dazu, sich abzusprechen: Eine Krankmeldung ist für den Chef ärgerlich genug. Man sollte die Stimmung nicht durch die informelle Krankmeldung verschlechtern – schließlich will man nach der Genesung weiter zusammenarbeiten.

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Marcel Gust
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13 Kommentare zu dem Artikel "BGB-Änderung: Es lebe die digitale Textform!"

  1. 3PRules 25. Oktober 2016 um 13:02 Uhr ·
    Gute Sache! ?? Bleibt jetzt nur noch der Beweis, dass z. B. die Mail den Empfänger auch erreicht hat! ?
    iLike 5
    • 3PRules 25. Oktober 2016 um 14:08 Uhr ·
      So einfach ist das nicht, eine Lesebestätigungsanfrage kann ich einfach ablehnen…
      iLike 12
    • Marcel Gust 25. Oktober 2016 um 17:09 Uhr ·
      Ja, das ist leider wahr. Selbst ein Einschreiben mit Rückschein sagt noch nichts über den Inhalt. Am praktikabelsten ist für wichtige Schreiben noch immer das Fax – über die Fritzbox geht das heutzutage ja relativ leicht. Oder man kündigt halt nicht am letzten Tag der Frist und lässt sich die Kündigung rechtzeitig bestätigen. ;-)
      iLike 2
  2. Stefan R. 25. Oktober 2016 um 13:08 Uhr ·
    Was ist das denn für eine krude Sicht auf das Arbeitgeber-Angestellten-Verhältnis?! Wenn ein Chef eine Krankmeldung als persönlichen Affront empfindet,die das weitere Arbeitsklima beeinträchtigt, dann sollte man da sowieso schnellstmöglich weg. Wir sind doch nicht mehr in den 1950ern.
    iLike 9
    • Septimus 25. Oktober 2016 um 15:37 Uhr ·
      Sehe ich auch so!
      iLike 0
  3. Rondo 25. Oktober 2016 um 13:11 Uhr ·
    Sorry in den Niederlanden seit Jahren gang und gebe?
    iLike 2
    • Joshua 25. Oktober 2016 um 13:56 Uhr ·
      Dafür brauchst du dich doch nicht zu entschuldigen.
      iLike 17
      • Apple Tom 25. Oktober 2016 um 17:33 Uhr ·
        ? iLike ?
        iLike 0
  4. Mimijet 25. Oktober 2016 um 13:37 Uhr ·
    Also nur mit DE-Mail, damit der offizielle Charakter gewahrt bleibt. WA ist ein Tratsch-Kanal. Wundere mich über Herrn RA Mingers. WA hat zu sehr privaten Charakter.
    iLike 2
  5. Gerd 25. Oktober 2016 um 13:54 Uhr ·
    In Verträgen wird oft Schriftform von den Vertragspartnern selbst vereinbart (auch in der modernen Zeit zu Recht!), insofern erleichtert es gerade nicht Vertragsänderungen. Garantie – und Gewährleistungsansprüche mussten noch nie in Schriftform geltend gemacht werden. Was schreibt ihr da zusammen?
    iLike 0
    • Marcel Gust 25. Oktober 2016 um 17:17 Uhr ·
      Da haben Sie Recht, Gerd: Die Schriftform wurde oft vertraglich vereinbart. Unter anderem fand man auch in einigen Richtlinien zur Geltendmachung von Garantieansprüchen Passagen wie: „Mängel müssen schriftlich angezeigt werden“. Das ist fortan für die im Artikel genannten Standard-Regelwerke jedoch nicht mehr zulässig. So wie ich es verstehe, steht es Ihnen jedoch frei, in individuellen Verträgen etwas anderes (z.B. ein Schriftformerfordernis) zu vereinbaren.
      iLike 0
  6. Manuela 25. Oktober 2016 um 17:55 Uhr ·
    Ich glaube ihr habt einen Fehler im Text. Muss es nicht heißen, das gilt für Vertäge, die nach dem 30.9.16 abgeschlossen wurden?
    iLike 2
    • Marcel Gust 26. Oktober 2016 um 00:50 Uhr ·
      Selbstverständlich – vielen Dank!
      iLike 0

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