Wer nach unserem gestrigen Tipp die RTL-Dokumentation über Apples Zuliefererbedingungen gesehen hat, wird nicht schlecht gestaunt haben über die teils erschreckenden Umstände in den chinesischen Fabriken. Schlecht bezahlte Arbeiter, die im Kommandoton schon halb schlafend die iPhones zusammenbauen – Tatsachen, die auch in der Vergangenheit immer wieder kritisiert wurden, durch den Film aber in eine neue Perspektive rücken.
Nun könnte man argumentieren, dass Foxconn oder Pegatron – zwei der vor allem im Beitrag kritisierten Lieferanten – nicht nur für Apple arbeiten. Doch von der Verantwortung kann sich Cupertino damit nicht freisprechen. Schließlich waren in dem an einer BBC-Doku angelehnten Bericht des Magazins "Extra" auf RTL zum großen Teil nur Arbeiter zu sehen, die iPhones testen und zusammensetzen. Das lag nicht zuletzt auch daran, dass Apple als eines der größten Technik-Konzerne auch die entsprechende Aufmerksamkeit erzeugt. In anderen Abteilungen der asiatischen Hersteller wird es wohl nicht anders aussehen.
Dennoch: Apple verspricht Dinge, die sie – und das hat der Bericht wohl sehr eindeutig publik gemacht – aktuell nicht einhalten können. Trotz aller Bemühungen, den jährlich veröffentlichten Fortschrittsberichten und den zahlreichen Statements zum Thema gelingt es dem Konzern nicht, die Lieferanten zur Einhaltung der in Cupertino gesetzten Regeln zu zwingen. Der Druck fehlt und die Kontrollen sind offenbar unzureichend.
Und so ergibt sich ein Bild, das aussichtslos erscheint: Apples Maßstäbe sind gut und einige auch völlig ausreichend. Doch kontrolliert wird die Einhaltung der Regeln wohl nur auf dem Papier – und das wird von Pegatron und Co. so geschickt manipuliert, dass es den Anschein erweckt, alles würde korrekt ablaufen. Intern jedoch werden Arbeiter dazu gezwungen, ihre Unterschriften unter Formulare zu setzen, deren Bewilligung sie jedoch eigentlich nicht beipflichten. Apples Regeln – sei es die Begrenzung der Überstunden, die freie Wahl der Arbeiter für oder gegen Nachtschichten oder die Eingrenzung der in den Schlafräumen verfügbaren Betten – gelten daher nur auf dem Papier und werden in der Praxis leider kaum umgesetzt.
Apple nun vorzuwerfen, sie würden nichts tun und nur leere Versprechen abgeben, wäre jedoch falsch. Einfach nur den Lieferanten wechseln, wie es vielleicht andere Firmen machen würden, das kommt nicht in Frage. Es würde die Arbeitsbedingungen vor Ort auch kaum verbessern. Sukzessiv geht es voran, kleinschrittig, aber mit Bedacht. So listet Apple inzwischen als eines der wenigen Unternehmen all seine Lieferanten transparent auf und versucht, auch die Produktionsfirmen mit in die Verantwortung zu ziehen. Regeln werden aufgestellt, Fabriken künftig kontrolliert, in Firmen investiert. Es wird gesucht nach Möglichkeiten, die Bedingungen der Arbeiter in den Griff zu bekommen – nicht kurzfristig, sondern nachhaltig. Dies betont der Konzern immer wieder.
Das alles braucht seine Zeit. Man würde sich wünschen, dass dieser Prozess schneller vonstatten geht und der Verhaltenskodex auch in der Realität konsequenter umgesetzt wird. Doch so schnell geht es nun mal nicht. Apple tut viel für die Optimierung der Bedingungen. Doch bis die Maßnahmen bei jedem der 1,5 Millionen in der Produktion involvierten Arbeiter ankommt, werden wohl oder übel noch einige Monate vergehen müssen.
Apples Versprechen sind nicht leer. Sie sind machbar – mit der nötigen Zeit und Konsequenz.
56 Gedanken zu „Arbeitsbedingungen: Apples leere Versprechen?“
Die Kommentare sind geschlossen.