Die Apple Watch Ultra ist eine Uhr der Extreme. Extrem unterschiedlich fallen auch die Meinungen zum neuen Modell aus. Begeisterung auf der einen, Unverständnis und Ablehnung auf der anderen Seite – eine Gegenüberstellung. Lest bei Apfelpage.de die beiden unterschiedlichen Meinungskommentare von Christian Caracas und Lukas Gehrer.
Wir beginnen mit der Contra-Seite.
Die Apple Watch Ultra holt Christian Caracas nicht ab, im Gegenteil: Für ihn ist sie ein designtechnischer Horror, den es mit Steve Jobs nicht gegeben hätte.
Apple Watch Ultra – der Abschied von Steve Jobs’ Designphilosophie?
Es scheint so, als ob sich Apple nun offiziell entschieden hat, eigene Wege zu gehen und den Pfad seines Gründers Steve Jobs endgültig zu verlassen. Diesen Eindruck gewinnt man, wenn man sich Apples neueste Errungenschaft – die Apple Watch Ultra – ansieht.
Die Apple Watch Ultra spricht nun eine völlig andere Designsprache – und diese neue Fremdsprache will und kann ich nicht verstehen. Ich nehme kein Blatt vor den Mund – sie ist eine designtechnische Missgeburt.
Was ist so schlimm an ihr? Besonders der Metallknubbel auf der rechten Seite, der die Krone und die darunterliegende Seitentaste in einer aufdringlichen und klobigen Weise umschließt, ist unerträglich. Sie entstellt das Gesamtdesign der Apple Watch in einer grobschlächtigen und aufdringlichen Weise, die man mit Worten nur schwer beschreiben kann.
Apple vernachlässigt seine Stärken
Über Design lässt sich bekanntlich streiten, über die Philosophie dahinter hoffentlich nicht. Viele werden einwenden, dass dieser längliche Knubbel eine durchaus wichtige Funktion erfüllt, nämlich die Krone sowie die Taste vor besonders starken Stößen mit Felsgestein und anderen möglichen Einwirkungen zu schützen. Er ist also dieser Funktion geschuldet, nicht wahr? War es nicht Steve Jobs höchstpersönlich, der diesen Denkfehler zum Zentralpunkt seiner Designphilosophie gemacht hat und radikal für das genaue Gegenteil eingestanden ist?
Es war Jobs, der gesagt hat, dass Design nicht der Funktion zu folgen habe, sondern genau umgekehrt. Wann hat sich Apple dazu entschieden, diese heilige Kuh zu schlachten und warum? Um mit Garmin, Samsung und Konsorten mitzuhalten?

Aber damit nicht genug. Auch der neue orangefarbene sog. „Action Button“ ist ein Schlag ins Gesicht, für diejenigen, die an die Designprinzipien von Steve Jobs und Jony Ive geglaubt haben. Warum um alles in der Welt, kommt man ohne Not auf die Idee, eine zusätzliche Taste hinzuzufügen, wo es doch beim Design von Apple-Produkten bisher darum ging, Unnötiges und damit vor allem auch Tasten wegzulassen? War das nicht einer der Gründe für die Erfindung und die Erfolgsgeschichte des iPhones?
Ist es nicht gerade das Prinzip der Einfachheit, das von Steve und Jony zum Leitsatz und Ziel jeglichen Designs emporgehoben wurde und zu Apples Alleinstellungsmerkmal geworden war? Es wäre die Aufgabe der Designer gewesen, diese Funktionstaste nicht als Taste, sondern auf andere Weise in das System zu integrieren. Apple spielt mit seiner Goldwährung, wenn die Einfachheit der vermeintlichen Funktionalität geopfert wird.
Ich weiss, die Verkaufszahlen werden meiner Kritik womöglich widersprechen. Aber die Richtigkeit von Prinzipien lässt sich eben nicht anhand von kurzfristigen Verkaufszahlen und Gewinnen validieren.
Ich bin gespannt, ob dieser Schritt der Anfang vom Ende der bisherigen Designphilosophie sein wird.
Dr. Christian Caracas ist Rechtsanwalt und Hochschuldozent aus München und interessiert sich für Technik sowie für künstliche Intelligenz.
Zusätzlich zu seinen rechtswissenschaftlichen Veröffentlichungen ist er Autor des Buches „Apple Junkies – Was die Anderen nicht verstehen wollen“, hier bei Apfelpage.de vorgestellt
Und nun die Pro-Seite von Lukas Gehrer:
Ultra: Die erste Apple Watch, die mich kickt
Seit ich denken kann, habe ich keinen Tag ohne meine Uhr am Handgelenk verbracht. Uhren sind für mich Emotion und Tool in einem. So etwas Banales wie Uhrzeit und Datum zu jedem Zeitpunkt an mir ablesen zu können, löst für mich etwas aus. Noch mehr, wenn die Uhr dabei mit Extremen in Verbindung gebracht wird.
Kein Zufall ist es, dass nahezu alle bekannten Modelle von Breitling, Tag Heuer, Omega und Co. von einer Extremsportart als Erbe ausgehen. Tauchen, Fliegen, Bergsteigen, Autorennen. Ich liebe die Uhrenindustrie aus diesem Grund und trage ein ganz traditionelles Modell mit echtem Zifferblatt und Zeigern. Keine Pixel, kein Wireless Charging, dafür Zeiger, die sich bewegen.
Der Traum der Extreme wird mitgekauft
Meine Uhr hat eine Verlängerung für Formel-1-Rennanzüge, die ich in meinem Leben zu 100 % nicht benötigen werde. Sinnlos oder gar dumm, denkt sich manch einer wohl. Indessen erkauft man sich mit der Uhr ein Stück dieser Fantasie. Einmal im Leben zum Mond fliegen (Omega Speedmaster war 1969 auf dem Mond), einmal in 300 Metern tauchen gehen, einmal verrückt sein. Die Schweizer Uhrenindustrie verkauft neben oberflächlichem Status und sinnlosem Protz eben auch ein Lebensgefühl, eine Lebenseinstellung.

Vor diesem Hintergrund ist die Apple Watch – trotz aller ihrer technischen Meisterwerke – für mich bislang ein langweiliges Gerät. Gewesen. Denn mit der „Ultra“ wagt sich Apple in das Feld der Extremsportler. Ein Feld, in dem Zeitmesser eine gewaltige Rolle spielen. Von traditionellen Uhrmachern bis hin zu neueren Tech-Firmen wie Garmin war es jedoch bislang von anderen besetzt. Apple spielte keine Rolle. Das könnte sich nun schlagartig ändern, auch dank des relativ guten Preismodells, mit dem Apple auf Marktanteiljagd geht. Sie ist immerhin um den Faktor 2 günstiger als die teuersten Modelle von Garmin samt Ausstattung.
„Eine Uhr, die Grenzen verschiebt, für Menschen, die das Gleiche tun“
… schreibt Apple auf der Homepage. Ich kann mir gut vorstellen, dass die Ultra nebst echter Extremsportler auch Käufer anspricht, die sich mit der Watch dieses Lebensgefühl mitkaufen. Twitter und die ersten Umfragen geben mir recht. Außer, es wären über Nacht ein großer Teil unserer Leser zu Extrembergsteigern geworden.
Größer, länger, schneller, weiter. Hat Apple nicht immer schon Technik und das Gefühl, was damit möglich ist, verkauft? Ich finde ja. Damit passt die Ultra zu Apple, wie keine Watch vorher.
Lukas Gehrer ist Gründer und Geschäftsführer der wordsmattr GmbH in Wien und moderiert gemeinsam mit Roman van Genabith den Apfelplausch-Podcast, in dem wöchentlich das Apple-Universum betrachtet wird.
46 Gedanken zu „Pro & Contra zur Apple Watch Ultra: Ultra gut oder das Ende der Apple-Philosophie?“
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