WhatsApp soll die Behörden mitlesen lassen, was seine Nutzer schreiben, das fordert Bundesinnenminister Horst Seehofer. Es ist nicht der erste Vorstoß in diese Richtung, ob sich die Politik mit diesem Wunsch durchsetzen wird, ist nach wie vor offen, unübersehbar ist allerdings, was es bedeutet, wenn sie sich durchsetzt.
Im Kampf gegen den internationalen Terrorismus und nahezu jede andere Bedrohung, die möglicherweise existiert oder existieren wird, gibt es nur eine mögliche Handlungsweise: Private Unterhaltungen der Bürger müssen jederzeit abgehört werden können. Diese Idee hält sich bereits seit Jahren in den Köpfen führender Sicherheitspolitiker weltweit. Die USA waren nie allein mit ihrer Forderung, dass es wirklich sichere Kommunikation nicht geben darf, auch Großbritannien und Frankreich stießen immer wieder ins selbe Horn – und Deutschland.
Nun bekräftigte erneut Bundesinnenminister Horst Seehofer: WhatsApp-Chats müssen von den Sicherheitsbehörden mitgelesen werden können. Die Denkweise ist einfach: Dem Verbrechen, das sich digitaler Wege bedient, lässt sich nur digital begegnen, nicht umsonst haben es absurde Wortgebilde wie „Onlinedurchsuchung“ in den Sprachgebrauch deutscher Sicherheitspolitik geschafft. – es ist, als ob man sich dort vorstellte, ein schneidiger Digitalpolizist müsse in Zukunft einfach vom Schreibtisch aus auf Streife gehen.
Verschlüsselung nicht verstanden
Das ganze erfolge zwar wie üblich unter Richtervorbehalt – jeder Zugriff auf einen privaten Chat muss von einem Richter genehmigt werden – die Forderung negiert aber nach wie vor die technische Umsetzung sicherer Kommunikation. Die ist nämlich nur dann wirklich sicher, wenn sie Ende-zu-ende-verschlüsselt abläuft. Dann aber wird der Schlüssel zwischen den kommunizierenden Parteien ausgehandelt und ist nicht im Besitz des Übertragungsdienstleisters. Das bedeutet aber auch: Dieser könnte die Unterhaltungen nicht entschlüsseln. Ein Durchgriff auf den Klartext ist so nur mittels eines Trojaners auf den Endgeräten des Nutzers möglich, einen solchen gibt es auch schon, er wird in einigen Spielarten oft als Staatstrojaner bezeichnet und hat in der Vergangenheit mal gut, mal weniger gut, mal zu gut funktioniert.
Dennoch möchte Seehofer den privaten Textverkehr der Bürger direkt an der Leitung abgreifen und alle Anbieter, die sich diesem Wunsch widersetzen, durch die Bundesnetzagentur mit Sperren für den Einsatz im Bundesgebiet belegen lassen. Mit einer solchen Gesetzgebung begäbe sich Deutschland auf die Stufe von China, Russland oder anderer repressiver Regime.
Was bleibt, ist eine ganz einfache Frage mit einer ganz traurigen Antwort: Wie viele Anschläge wurden bislang durch mitgelesene WhatsApp-Chats verhindert?
16 Gedanken zu „Kommentar: Wenn Seehofer die WhatsApp-Verschlüsselung bricht, wird Deutschland wie China“
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