Gravis ist am Ende: Der Fachhändler für Apple-Produkte wird von Eigentümer Freenet abgewickelt. Kenner und Gründer sehen die Verantwortung bei Apple. Dessen Vertriebsmodell lässt Einzelhändler außerhalb des eigenen Retail-Geschäfts kaum existieren. Auch Käufer Freenet hat seinen Teil zum Ende der traditionsreichen Kette wohl beigetragen.
Gravis wird es bald nicht mehr geben. Der heutige Eigentümer Freenet wird die Handelskette abwickeln, wie das Unternehmen vergangene Woche mitteilte. Die beabsichtigte Schließung wurde inzwischen bestätigt, wobei es nicht ausgemacht ist, ob an allen Standorten der Geschäftsbetrieb dauerhaft ruht. Einige Filialen könnten mit neuen Inhabern weitergeführt werden, erklärte Freenet. Tatsächlich laufen manche Standorte durchaus profitabel, wie etwa in Ostwestfalen, während das Gesamtgeschäft seit Jahren rote Zahlen schreibt. Die Gründe dafür liegen auch in Cupertino.
Gründer und Freenet: Apple trägt Mitschuld an Ende von Gravis
Fast 40 Jahre nun vertreibt Gravis nicht nur, aber zum größten Teil Hardware von Apple. Vor zehn Jahren übernahm Freenet das Unternehmen, Ende 2023 wollte man noch mit einem neuen Store-Konzept neu durchstarten, dazu kommt es aber nun wohl nicht mehr.
Schuld daran sei vor allem Apple, ist unter anderem von Archibald Horlitz zu hören, der Gravis einst gründete, jedoch schon lange nicht mehr im Unternehmen ist. Er sei maßlos enttäuscht von Apple, schreibt er auf LinkedIn.
Die kurze Version ist, dass Apple offensichtlich der Meinung ist, dass der Markt, sprich die Kunden, GRAVIS nicht mehr benötig und bereits seit Jahren GRAVIS, wie auch die wenigen anderen Fachhändler bei der Belieferung mit neuen Apple Produkten extrem benachteiligt. So wurde z. B. das iPhone 15 zur Markteinführung in einer ersten Stückzahl von 50 Stück an GRAVIS geliefert, während zeitgleich zehntausende Stück von Apple selbst und über die Telkos ausgeliefert wurden. Erst wenn die initialen Vorbestellungen von Apple selbst abgedeckt sind, wird GRAVIS mit vernünftigen Mengen beliefert.
Apple, so sagen es auch andere Branchenkenner, habe den externen Vertriebspartnern Stück für Stück die Luft abgedreht, bei extrem hochpreisigen Produkten bleibe bei den Händlern kaum noch etwas an Marge übrig. Zudem mangelt es an Unterstützung, etwa bei Produkt-Launchs, dann erhalten Partner kaum noch Geräte.
Apple sei offensichtlich auf seine Partner nicht mehr angewiesen und habe kein Interesse mehr an deren wirtschaftlichem Überleben, stattdessen verkauft man online und in den eigenen Stores.
Welche Rolle spielte Freenet?
Freenet ist ebenfalls kritisch in Richtung Apple, doch es gibt noch einen Bestandteil der Wahrheit, die wohl zum Aus für Gravis mit beigetragen hatte.
Freenet wollte Gravis auch nutzen, um seine Handy- und Internetverträge unter die Leute zu bringen. Als Vertriebsplattform für Verträge machte sich Gravis aber nie sonderlich gut, zudem ist der stationäre Fachhandel 2024 für dieses Geschäft schlicht keine so relevante Größe mehr. Vor diesem Hintergrund dürfte es Freenet leichter gefallen sein, die seit Jahren defizitäre Erwerbung nun abzuwickeln.
16 Gedanken zu „Gründer maßlos enttäuscht von Apple: Wieso Gravis sterben musste“
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