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Der Retter in der Not feiert Jubiläum – der iMac wird 25 (Die Kolumne)

Apple verdiente im Geschäftsjahr 2022 (von Oktober 21 bis September 22) rund 100 Milliarden US-Dollar (um genau zu sein, 99,8, aber seien wir da mal nicht kleinlich). Gewinn! Hätte Tim am 01. Oktober 2022 einen Kontoauszug am Kontoauszugsdrucker der Stadtsparkasse Cupertino geholt, es hätte auf dem Papier die Zahl 100.000.000.000 $ gestanden.

Antikapitalismus und Kapitalismusmüdigkeit

In einem Anfall von Antikapitalismus hätte er sich selbst und den anderen 163.999 Mitarbeitenden von Apple jeweils einen Scheck von knapp 610.000 Dollar ausstellen können. In einem Anfall von Kapitalismusmüdigkeit hätte er die Staatsausgaben von Israel, Südafrika, Polen, Griechenland, Taiwan oder Portugal übernehmen können. Bei den letzten drei wäre sogar noch etwas für die Portokasse übrig geblieben.

Strahlender Held Bill Gates

Kaum noch vorstellbar, dass dies vor 26 Jahren ganz anders war. Apple stand 1997 kurz vor einer Pleite und Steve Jobs, erst vor Kurzem zum Unternehmen zurückgekehrt, zauberte einen Retter aus dem Hut, dessen Erscheinen auf der Macworld Expo in Boston im August 1997 von den Apple-Jüngern (Heute heißen sie „Fanboys“ und ja, die gab es damals schon) im Saal mit Buhrufen begleitet wurde: Bill Gates, bis dahin mit Microsoft so etwas wie der Erzfeind, kaufte für 150 Millionen Dollar Apple-Aktien und rettete damit Apple. (Ja, Vorzugsaktien. Experten wissen, dass diese kein Stimmrecht haben…) Unsere Bewunderung und Dankbarkeit darf sich in Grenzen halten. Der Verkauf einige Jahre später lohnte sich für unsere Freunde in Redmond! Und ganz nebenbei entging Microsoft einer Monopolklage des US-Justizministeriums im Browserkrieg – aber das ist eine andere Geschichte. Nur so viel: Bill war so schlau wie Steve und es war eine typische Win-win-Situation.

Alles auf eine Karte

1998 schließlich setzte der Marketing-Profi Jobs alles auf eine Karte, anders gesagt, ein einziges Produkt sollte die Firma retten: der iMac! Das wirklich geniale an dieser eher profanen Idee war, dass das Design so wichtig wie die Technik sein sollte. Der iMac, der am 06. Mai 1998 präsentiert wurde, war zwar ein ganz normales All-in-one-Gerät, wie sie Apple schon vorher, aber eher erfolglos, verkaufte, sah aber ganz anders aus: Rund statt eckig, quietschebunt statt grau und mit einem Tragegriff. Auch die Technik war ungewöhnlich bis revolutionär: Es gab kein Diskettenlaufwerk mehr (für die jüngeren Leser: Ein mobiles Speichermedium) und die funkelnagelneuen USB-Anschlüsse, auch für Tastatur und Maus. Wem das nichts sagt, es wäre so, als würde heute ein Computer auf den Markt kommen rein mit Sprachsteuerung (wie auf der Enterprise, nebenbei). Kurz: Der iMac war damals eine radikale Neuerung, innerlich wie äußerlich.

Jonathan und Steve kongenial

Damit ging Steve Jobs ein enorm hohes Risiko ein und er vertraute einem Mann, der in diesen Tagen das Unternehmen verlassen hat: Jonathan Ive war für das lichtdurchlässige, tropfenförmige Kunststoffgehäuse verantwortlich (übrigens auch für den Tragegriff, der den Computer als Alltagsgerät zum Anfassen repräsentieren sollte). Ive beschrieb später die Zusammenarbeit mit Jobs als eine von Brüdern im Geiste. Jobs sah etwas wie den Tragegriff und sagte: „Das ist cool.“ Und es wurde gemacht. Welcher Traum angesichts heutiger Meeting-Marathons für kleinste Entscheidungen.

Bondi Blue und andere Quietschefarben

Schon 1999 gab es die legendären weiteren Farbvarianten neben dem allerersten in „Bondi Blue“. Wer denkt, die – sagen wir – ungewöhnlichen Namen für Buntheit in der Apple-Welt wären eine neuzeitliche Erfindung, das gibt es schon seit einem Vierteljahrhundert! Der iMac kam in den Farben „Blueberry“, „Grape“, „Lime“, „Strawberry“ und „Tangerine“, wie wir sagen Blau, Violett, Grün, Rosa und Orange.

Was hat Apple gelernt?

All das ist Geschichte und entzückt Marketing-Studierende in Proseminaren. Und doch lohnt es sich, das Jubiläum (für die Klugscheißer: Ein echtes Jubiläum, kein Jahrestag, weil durch 25 teilbar!) zu feiern mit einer relevanten Frage, die Schüler am Ende des Unterrichts gerne in die Nähe von Verzweiflung treibt: Was hast du gelernt?

Und heute?

Mut zu innovativen Standards? Ist Apple heute noch mutig? Manchmal ja, wenn sie einseitig die Kopfhörerbuchse weglassen oder Standards von morgen setzen.

Designtechnik und Technikdesign. Kann Apple heute noch die damalige Symbiose von Design und Technik? Jein. Unsere Lieblingsfirma legt sehr großen Wert auf Design, beugt sich aber auch gerne der Kraft des Faktischen.

Mut zur Farbe? Wieder ein klares Jein! Manchmal kann Apple das heute noch, siehe Armbänder und 24-Zoll-iMacs, doch das iPhone Pro und das MacBook gibt es nur langweilig in dunkelgrau oder grau.

Technik am Limit? Mit ihren M-Chips ist Apple wieder am Limit der haushaltsüblichen Computertechnik, sonst lassen sie inzwischen gerne mal ältere Chips mit neuen Namen in ihrer Hardware.

 

 

Unser Kolumnist Dr. Marco ist im Twitter-Urlaub, aber auf Mastodon: fileccia@dju.social

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Marco Fileccia
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1 Kommentar zu dem Artikel "Der Retter in der Not feiert Jubiläum – der iMac wird 25 (Die Kolumne)"

  1. Mark 22. Mai 2023 um 09:31 Uhr ·
    Erfrischend kurzweilig und unterhaltsam geschrieben. Vielen Dank für die kleine Reise zurück in der Zeit.
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