Die Vorratsdatenspeicherung feierte in Deutschland bereits 2008 ihre Einführung – und wurde 2010 vom Bundesverfassungsgericht aus guten Gründen wieder kassiert. Nun holt die neue Bundesregierung das Thema erneut aus der Schublade. Internetanbieter sollen künftig verpflichtet werden, die an ihre Kunden vergebenen IP-Adressen für drei Monate zu speichern. Offiziell soll das Ermittlungsbehörden bei der Bekämpfung von Onlinekriminalität helfen. Politisch und juristisch ist das Vorhaben jedoch seit Jahren hoch umstritten und auf EU-Ebene mehrfach gescheitert.
Das Kind bekommt einen neuen Namen
Die aktuellen Pläne von Justizministerin Stefanie Hubig (SPD) wurden unter anderem der Bild zugespielt. Vorgesehen ist, dass Provider genau festhalten, welcher Kunde zu welchem Zeitpunkt welche IP-Adresse genutzt hat – und diese Daten über einen Zeitraum von drei Monaten vorhalten. Begründet wird das damit, dass sich dynamische IP-Adressen regelmäßig ändern und Internetaktivitäten dadurch nach kurzer Zeit nicht mehr eindeutig zugeordnet werden können. Die Bundesregierung verspricht sich von der Neuregelung ein härteres und effizienteres Vorgehen gegen schwere Straftaten im Netz, insbesondere im Bereich sexualisierter Gewalt. Kritiker sehen darin jedoch vor allem eine Neuauflage gescheiterter Überwachungspolitik, die anlasslos alle Bürger betrifft und erneut verfassungsrechtliche Fragen aufwirft.
Andere Ressorts sollen zustimmen
Aktuell ist es noch ein Entwurf, der jedoch schon konkretisiert und in die anderen Ressorts übermittelt wurde. Auffällig ist jedoch, dass die SPD dieses Vorhaben nicht zum ersten Mal vorantreibt. Bereits in früheren Legislaturperioden gehörte die Vorratsdatenspeicherung immer wieder zum sicherheitspolitischen Forderungskatalog der Sozialdemokraten – trotz eindeutiger verfassungsrechtlicher und europäischer Bedenken. Neu ist diesmal primär die politische Konstellation: Anders als in der vergangenen Bundesregierung kann die FDP das Projekt nicht mehr blockieren oder verwässern. Damit fehlt eine liberale Korrektivkraft, die der anlasslosen Datenspeicherung bislang zumindest rhetorisch Grenzen gesetzt hat.


