Es ist Wochenende. Es könnte so schön sein. Aber dann wurde noch hastig die GM von iOS 11 an bekannte Magazine verteilt und wie es aussieht, war das Absicht, von unzufriedenen Apple-Mitarbeitern. Aber das geht zu weit – und das finde sogar ich, der eigentlich ein Gerüchte-Fan ist. Ein Kommentar.
Die Keynote ist entzaubert
Apple Insider hat es auf den Punkt gebracht: Das spannendste, was Apple jetzt noch am Dienstag vorstellen kann, ist der Apple Park. Gefühlt wissen wir über den weniger, als über alles andere, was sonst noch auf der Agenda steht. Denn mit dem Leak der Golden Master von iOS 11 in der Nacht zum Samstag ist nun wirklich so gut wie alles bekannt und bestätigt, was Tim Cook und Kollegen vorstellen werden.
Wir wissen jetzt, dass die drei neuen iPhones „iPhone 8“, „iPhone 8 Plus“ und „iPhone X“ heißen werden, obgleich wir sie vormals „iPhone 7s“, „iPhone 7s Plus“ und „iPhone 8“ genannt haben. Wir wissen, dass diese Aussparung am oberen Ende des iPhone X tatsächlich vorhanden ist, dass die Uhr nach links wandert, und die Indikatoren für Empfang und WLAN nachts. Wir wissen sogar im Detail, wie man Face ID einrichten wird inklusive dem gesamten UI. Dass Apple Emojis animieren möchte. Und noch ein paar weitere Kleinigkeiten.
Selbst die Apple Watch ist jetzt so gut wie geleakt mit ihren neuen Farben und wie das mit dem LTE funktionieren soll. Nicht einmal das Apple TV 5 ist vor der iOS 11 GM sicher.

Was könnte Apple uns also noch servieren? Gute Frage. Es hat fast den Anschein, dass es sich um eine vergleichsweise langweilige Keynote handeln wird wie 2010 mit dem iPhone 4, weil ein Apple-Mitarbeiter einen Prototyp in der Bar vergessen hat. Man wusste seinerzeit, wie das Gerät aussehen wird, dass der Retina-Bildschirm kommt und dank der Beta von iOS 4 war auch der Rest bekannt und die Keynote war nur noch ein notwendiges Übel.
Ein enttäuschter Apple-Mitarbeiter ging zu weit
John Gruber von Daring Fireball, der recht gut informiert ist und viele Kontakte zu Apple selbst pflegt, geht davon aus, dass der Leak Absicht war. Die GM liegt auf Apple-Servern und wird nicht großartig geschützt. Lediglich eine URL, die man aufgrund zufälliger Zeichenkombinationen nicht erraten kann, sollte einen Schutz darstellen – sie wurde allerdings an MacRumors und 9to5Mac geleakt. Diese wiederum haben am Wochenende einen guten Job gemacht, die finale Version auseinanderzunehmen und Details aufzugreifen, die vorher nicht bekannt waren. Kudos!
Gruber ist sich beinahe sicher, dass ein enttäuschter Apple-Mitarbeiter die Quelle des Leaks war. Und das wiederum finde ich unanständig. Ja ich, Toni Ebert, der vor ein paar Wochen noch getönt hat, dass Gerüchte cool sind. Weil es sich hierbei nicht um Gerüchte handelt. Der Leaks war unanständig. Punkt.
Unterschied zwischen Apples eigenen Leaks, Gerüchten und der iOS 11 GM
Das mag heuchlerisch klingen, aber um meinen Punkt nachzuvollziehen, muss man zwischen den einzelnen Quellen unterscheiden. Es ist sicher kein Geheimnis, dass Apple seit jeher verschiedene Punkte in die Presse gestreut hat, vermutlich um das Echo aus den Kommentarzeilen auszuwerten. Steve Jobs war dafür bekannt, gerne mal seinem Freund Walt Mossberg, der damals noch beim Wall Street Journal war, Hinweise zu stecken. Diese Leaks waren wohlüberlegt und sorgfältig dosiert. Es gelang Apple dennoch, für Überraschungen zu sorgen.
Oder nehmen wir die Gerüchte. Sie kommen oft von Analysten und die besten von ihnen von Ming-Chi Kuo von KGI Securities. Dass das meiste von dem, was er veröffentlicht, tatsächlich eintritt, liegt an seiner guten Vernetzung. Daran, dass Apple keine Fake-Prototypen mehr herstellen lässt, um Leaker aufs Glatteis zu führen. Aber es sind dennoch nur Gerüchte und sowohl die Apple Watch Series 2 und das iPhone 8 haben das bewiesen. Der zweiten Generation der Apple Watch wurde schon nachgesagt, sie käme mit LTE, was nicht eintrat – falsch war der Bericht aber nicht, weil der Plan so gelauten hat. Und das iPhone 8, das wir ab jetzt wohl „iPhone X“ nennen müssen, hatte wohl ebenfalls diverse Entwicklungsstadien hinter sich, um Touch ID doch noch zu retten. Kurzum: Wäre da die HomePod-Firmware nicht gewesen, hätte man wohl in diesem Jahr nur sehr wenig über das OLED-iPhone gewusst. Gerüchte haben immer noch die Chance, auch falsch zu sein. Nur was am Wochenende passiert ist, das ist eine Nummer größer und echt ärgerlich, selbst wenn man Gerüchte wegen der umrissenen Unbekannten eigentlich mag. Das kann man sich jetzt damit schönreden, dass es auch schon zu Jobs-Zeiten bahnbrechende Leaks gab, wie damals als das TIME-Magazine den iMac G4 mit seinem ikonischen Design leakte. Aber das ist nicht vergleichbar.
Der Punkt ist, dass die iOS 11 GM aus offizieller Quelle stammt und wirklich alles vorwegnimmt, was sich Apple noch für die Keynote aufheben wollte. Wie wird Face ID implementiert? Wird es überhaupt Face ID heißen? Die animierten Emojis. Und das ist etwas, was Apple in der Vergangenheit immer hinbekommen hat: Trotz bekannter Designs der Smartphones gab es noch eine Überraschung (z.B. iPhone 7: Porträtmodus). Aber darauf müssen wir in diesem Jahr wohl verzichten.
Ein großer Schaden
Falls sich wirklich herausstellt, dass ein Apple-Mitarbeiter für den Leak verantwortlich ist, dann kann derjenige, der sich dafür verantwortlich zeichnet, schon mal hoffen, dass nie bekannt wird, wer es war. Denn es ist davon auszugehen, dass neben der Chefetage auch andere Mitarbeiter nun einen gewissen Hass auf ihn haben. Denn ich kann mir schon vorstellen, dass die (meisten) Entwickler so stolz auf ihre Arbeiten sind, dass sie sich die Überraschung der Keynote nicht versauen lassen möchten.
Viele werden nun die Keynote, das größte Apple-Event des Jahres – und das ausgerechnet noch für das Jubiläums-iPhone, für das Apple sogar einige Features vorbereitet hat -, nun als recht langweilig empfinden. Denn die Keynote wird weiterhin so aufgebaut sein, dass die Präsentation davon ausgeht, dass man noch nichts (mit Sicherheit) weiß.
Da bleibt uns im Grunde nur noch, uns darauf zu freuen, was die Herrschaften über den Apple Park sagen oder zeigen. Ein bisschen traurig. Ich schaue mir die Keynote trotzdem an.
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