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Kommentar: So schlimm sind die iPhone-8-Gerüchte nun auch nicht

iPhone 8 Wallpaper | Quinton Theron

Moritz hat euch ja schon am Freitag verraten, dass er kein großer Fan von Gerüchten ist. Dennoch gibt es auf Apfelpage jede Menge davon. Warum ist das so? Weil an Gerüchten eigentlich auch überhaupt nichts schlimm ist. Die Information alleine kann noch keinen Schaden anrichten, wie es immer so schön heißt. Ein Kommentar.

iPhone 8 und iPhone 7s von vorne | Danny Winget

iPhone 8 und iPhone 7s von vorne | Danny Winget

Gerüchte sind, was man daraus macht

Über einen Mangel an Gerüchten können wir uns wahrlich nicht beschweren: Hier ein Schnipsel von Kuo, da ein bisschen Gejammer aus Taiwan, dort mal eine Firmware, hier ein unscharfes Foto aus der Fabrik. Geleakt wird mittlerweile alles. Vor allem aber ist die Qualität der Leaks immer besser geworden. Zu Jobs-Zeiten musste noch ein iPhone in der Bar vergessen werden, um der Keynote ihren Zauber zu nehmen, jetzt genügt ein Bericht von Ming-Chi Kuo und man weiß schon Bescheid. Das hat aber auch Gründe, zu denen ich später noch kommen werde.

Auf jeden Fall finde ich nicht, dass Gerüchte grundsätzlich schlecht sind. Denn wenn es keine gäbe, dann könnte man fast auf die Idee kommen, dass die Zeit stillsteht. Immerhin hat sich seit 2014 an der iPhone-Front ja nicht allzu viel getan, oder?

Apple verplappert sich selbst

Wer Apple näher beobachtet, der stellt fest, dass eine ziemlich gute Quelle das Unternehmen selbst ist. Ich meine schon seit Längerem zu beobachten, dass Apple Vorbereitungen trifft, um irgendwelche neuen Features einzubauen. Nehmen wir zum Beispiel das Anheben zum Aufwecken aus iOS 10. Das wurde seinerzeit als großes Feature verkauft, aber in den Kommentaren unter den Artikeln war der Ton eher „Ehm, okay?“. Dabei war das schon eine Anspielung darauf, was noch kommen wird. Das iPhone 7 kam ohne physikalischen Home-Button, falls also irgendwas damit ist, braucht es eine Alternative, um das iPhone aufzuwecken, ohne es gleich zu entsperren. Beim iPhone 6s war das kein Problem – man nehme den Fingernagel und vorher musste man den Finger eben schnell genug wieder wegnehmen. Beides funktioniert mit dem iPhone 7 nicht mehr.

Oder wie wäre es mit der Health-App? Angekündigt für iOS 8, hat Apple scheinbar eine Lösung für ein Problem geschaffen, das gar nicht existiert. Selbst ohne Gerüchte um eine Smartwatch wäre wenigstens bei Fans die Erwartungshaltung gewesen, dass da „irgendwas noch kommen wird“.

Drittes Beispiel? Unfertige Implementierungen. Das iPad Pro 12,9 Zoll kam intern mit USB 3.0, während sämtliche Vorgänger mit USB 2.0 Vorlieb nehmen mussten – auch das iPad Pro 9,7 Zoll wurde noch mit dem alten Übertragungsstandard versehen. Da ist es doch irgendwie klar, dass dieses Upgrade früher oder später auch das kleine heimsuchen wird. Oder anders herum: Das TrueTone-Display. Unter der Annahme, dass das 12,9-Zoll-iPad nicht eingestellt wird, war es doch ziemlich wahrscheinlich, dass auch die große Variante den automatischen Weißpunkt erhält.

iPad Pro Familie

Überhaupt das Thema iPad. In diesem Jahr hat Apple so schlimm wie noch nie mit dem Zaunpfahl gewunken. Im März – also etwa zu der Zeit, zu der man ein iPad-Refresh erwartet hätte – kam ein „iPad SE“ auf den Markt, das im Grunde genommen aus alten Teilen zusammengeflickt wurde, relativ günstig ist und Besitzer eines iPad 2 zum Update überreden sollte. Kurz vor der WWDC-Keynote hat Apple noch ohne großes Tamtam das iPhone 7 als (PRODUCT)RED veröffentlicht und Zahlen bekanntgegeben. Warum? Um die WWDC-Keynote aufzuräumen und ein Feuerwerk zu zünden. Wenn die iPads bis dahin nicht gekommen wären, hätte es nicht mehr viele Termine gegeben, denn nach der WWDC ist Sommer und dann kommen die iPhones.

Und um Apples eigenen „Tells“ (wie es im Poker heißt) noch einen mitzugeben: Seit dem iPhone 4s, das war 2011, gibt es im Zeitraum September-Oktober eine Keynote mit einem neuen iPhone. Tim Cook hat sich bei den Quartalszahlen im März darüber beschwert, dass die Leaks und Gerüchte die Verkaufszahlen versauen. Ich sage dazu: Selber Schuld! Wer so regelmäßig neue Geräte ankündigt, der muss sich nicht wundern, dass jemand, der warten „kann“, auch warten wird. Wer ein wirklich neues iPhone kaufen möchte, ja mein Gott, der kauft im Sommer halt keins mehr, das schon seit über einem halben Jahr auf dem Markt ist.

Apple hat einen halbwegs guten Job gemacht

Insgesamt hat Apple aber in diesem Jahr einen halbwegs guten Job gemacht, wenngleich das vermutlich etwas unfreiwillig war. Denn – sagen wir mal, die HomePod-Firmware hätte es nicht gegeben – wir würden heute weitestgehend im Dunklen tappen, wie das iPhone 8 wohl aussehen könnte. Klar, OLED ist gesetzt und Glasrückseite haben wir auch schon mal gehört. Aber beides wurde auch schon für das iPhone 7 orakelt und vor allem OLED wurde mit der Apple Watch immer wahrscheinlicher und wurde auch schon seit Jahren gemunkelt.

Dass wir ansonsten kaum eine Ahnung hätten, was vom iPhone 8 zu halten ist, liegt aber vermutlich daran, dass die Hardware dieses Jahr noch nicht fertig in der Schublade lag: Schaffen es die Techniker noch, Touch ID unter den Bildschirm zu bringen? Ja? Nein? Wenn der Bildschirm gar keinen Rand haben soll, was wird dann aus den Sensoren? Welche Features erwarten uns bei der Kamera? Sonst noch was? Im Grunde genommen wissen wir also gar nicht viel und eines darf man nicht vergessen: Wenn sich Apple an den „Zeitplan“ von letztem Jahr hält, dann stehen wir drei Wochen vor der Keynote. Früher – also beim iPhone 6 und seinen Nachfolgern – wusste man in Gerüchtekreisen schon vor der WWDC ziemlich präzise, wie das nächste iPhone aussehen wird und die iOS-Beta von der WWDC hat dem dann den Rest gegeben.

War früher alles besser?

Zu Jobs-Zeiten hat es bedeutend weniger Leaks gegeben und das ist korrekt. Das liegt an einer gewissen Paranoia, die Jobs hatte. Er ließ irrsinnige Prototypen herstellen, die alles oder nichts aussagen. Er ließ Hardware- und Software-Team im Dunklen, was sie da überhaupt entwickeln. Es wussten selbst bei Apple oftmals nur wenige Personen, was überhaupt geplant ist. Und die Leaks, wenn sie von den Zulieferern kommen, sind nicht allzu viel wert, wenn man gar nicht mit Sicherheit weiß, ob das ein echtes Produkt wird oder nur ein Alibi, um etwas anderes geheim zu halten. Immerhin riskieren die Mitarbeiter durch das Leaken auch einiges und das müsste sich für sie dann schon lohnen, aber das tut es nur, wenn die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass die Information stimmt.

Bei der Betrachtung wird auch gerne vergessen, dass Apple in den letzten Jahren enorm expandiert hat. Das betrifft die Umsätze, den Gewinn, die Mitarbeiter und damit auch die Anzahl der Zulieferer. Der Dunstkreis ist wesentlich gewachsen. Je mehr Personen an einem Projekt arbeiten, umso schwieriger wird es, Geheimes geheim zu halten, weil irgendwer wird immer irgendwas sagen, das er lieber für sich behalten hätte.

It's true! Slide aus der Keynote, Bild: MacNN

It’s true! Slide aus der Keynote, Bild: MacNN

Und dennoch gab es auch schon früher Gerüchte. Zum Beispiel Apples Wechsel zu Intel-Prozessoren. Dieses Gerücht gab es quasi seitdem Apple NeXT gekauft hat, weil NeXTSTEP vom ersten Tag an plattformunabhängig war und im Kernel noch sehr lange x86-Versionen von Libraries zu finden waren. Oder das iPhone: Die Gerüchte waren zwar sehr vage, aber sie waren vorhanden und das seit mindestens 2006. Immerhin hat es Apple damals geschafft, dass die Szene sich unter einem „Apple-Handy“ einen iPod mit SIM-Karte vorgestellt hat.

Ich finde Gerüchte toll und stehe dazu

Ich gebe gerne zu, dass manche Gerüchte einfach langweilig sind. Aber nicht, weil es Gerüchte sind, sondern weil sie nichts Neues auf den Tisch bringen. Aber grundsätzlich finde ich es spannend, zu erleben, wie teilweise noch Last-Minute an der Technik gefeilt wird. Ich habe auch kein Problem damit, vorher schon Details zu erfahren, denn das erleichtert mir tatsächlich meinen Job als Apple-Redakteur. Wenn bei Keynotes im Grunde genommen bestätigt wird, was man schon vorher wusste, dann schreibt es sich gleich viel besser. Überhaupt ist für mich der Faktor „der Zauber der Keynote“ nicht wirklich gegeben, weil ich denke, dass Tim Cook ohnehin eine andere Strategie verfolgt. Wenn man sich einmal anschaut, wie Craig Federighi die Keynotes regelmäßig zu seiner Stand-Up-Show macht – das gab es früher wirklich nicht. Ich schaue mir das Spektakel gerne an, aber ich brauche für mich nicht mit allem überrascht zu werden. Und wenn man das Grobe schon kennt, kann man auch besser auf die Details achten und die sind erfahrungsgemäß noch cooler, als die Form des neuen iPhones.

Nicht zuletzt geben mir die Gerüchte auch mehr Zeit, für mich zu entscheiden, ob das Gerät wirklich interessant ist. Es geht mir zwar nicht direkt schlecht, aber dennoch sind Apple-Produkt nicht die günstigsten, die man sich anschafft, ohne groß darüber nachzudenken wie eine Cola an der Tankstelle. Die Gerüchte erlauben es mir, schon im Vorfeld abzuwiegen, ob sich das Upgrade lohnen wird oder nicht. Und das bringt uns wieder zum Anfang: Das Gerücht ist, was man daraus macht.

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Toni Ebert
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9 Kommentare zu dem Artikel "Kommentar: So schlimm sind die iPhone-8-Gerüchte nun auch nicht"

  1. Hang 21. August 2017 um 12:48 Uhr ·
    Guter Artikel!
    iLike 2
    • Toni Ebert 21. August 2017 um 13:03 Uhr ·
      Danke!
      iLike 0
  2. User15789 21. August 2017 um 13:02 Uhr ·
    Ich denke dieser Artikel sorgt dafür dass die leute endlich aufhören rumzuheulen
    iLike 2
    • Toni Ebert 21. August 2017 um 13:03 Uhr ·
      Ich denke das ehrlich gesagt weniger, aber das musste trotzdem mal gesagt werden :)
      iLike 2
  3. Wolfgang D. 21. August 2017 um 13:46 Uhr ·
    Nettes Kontra neulich und jetzt das Pro. War zu erwarten. Wie beim Aufsatz. Damit wir was zum kommentieren haben, braucht es auch Meldungen.
    iLike 0
  4. Mahmud 21. August 2017 um 13:53 Uhr ·
    Ich finde den Artikel ebenfalls gut vielen Dank Toni
    iLike 0
  5. Inu 21. August 2017 um 14:08 Uhr ·
    Wer so regelmäßig neue Geräte ankündigt: … der darf sich nicht wundern, wenn eilige Kunden nach Alternativen suchen, und ggfs. abspringen – wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. …
    iLike 0
  6. kalle 21. August 2017 um 19:09 Uhr ·
    Gerüchte aus „guten“ Quellen wie Analysten (Bloomberg) und suppliern sind richtig und wichtig. Gerüchte kommend von max Mustermann mitsamt iOS 37 Konzepten können mir gestohlen bleiben
    iLike 0
    • Toni Ebert 21. August 2017 um 19:10 Uhr ·
      Naja, die Konzepte sind ja auch keine Gerüchte. Es sind Ideen von Designern, wie „sie“ etwas umsetzen würden.
      iLike 1

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