Anfang des Monats sorgte der Fall des Schweizer Fundbüros Fundsachenverkauf für Aufsehen: Apple weigerte sich, iPhones zu entsperren und machte damit auch neuwertige Handys Reif für den Sondermüll. Das Fundbüro ging vor Gericht, ein Ergebnis ist noch offen. Aber wie sieht die Lage in Deutschland aus?
Im Lagerhaus des Zürcher Fundbüros Fundsachenverkauf.ch stapeln sich seit einigen Wochen iPhones neben iPads und iPods. Gefunden wurden sie bei der Schweizer Bundesbahn, am Flughafen in Zürich und Genf oder in anderen öffentlichen Einrichtungen. Ihr Besitzer meldet sich nicht, weshalb die Handys und Tablets zum Teil noch neuwertig im Lager des Fundhauses verweilen.
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Normalerweise würde Geschäftsführer Roland Widmer die Geräte verkaufen. Das hat er auch lange Zeit so gemacht. Da seit iOS 7 die Geräte zum großen Teil entsperrt werden müssen, fragte er im vergangenen Jahr stets bei Apple, ob sie das Handy entsperren können. Schließlich kann nur der Besitzer des iPhones oder das Unternehmen selbst die Aktivierungssperre umgehen. Mittels Belegen konnte Widmer beweisen, dass er der rechtmässige Besitzer ist und die Telefone nicht gestohlen waren. Zudem waren die Geräte sauber: Alle Daten sind gelöscht und das Handy auf Werkseinstellungen zurückgesetzt.
Richterliche Anordnung notwendig
Anfangs gab sich Apple kulant. Der Apple Store in Zürich löste die Aktivierungssperre der iPhones auf. Doch seit dem internen Umschwung in Sachen Sicherheit und Datenschutz, der unter anderem durch den Streit mit dem FBI in den USA angestoßen wurde, entsperrt Apple keine Handys mehr ohne richterliche Anordnung oder einer Originalquittung. Die hat Roland Widmer natürlich nicht.
Der Geschäftsführer des Fundsachenbüros hat daher eine Zivilklage beim Zürcher Friedensrichteramt wegen «Missachtung des Eigentumsrechts» eingereicht. Dieses sehe schließlich vor, dass Fundsachen ab einem Wert von 50 Franken nach drei Monaten wiederverkauft werden dürfen. Das Ergebnis der Richter ist noch nicht bekannt. Bei Erfolg könnte Widmer die iPhones wieder billig versteigern und damit die zum Teil neuwertige Geräte nicht dem Müll zuführen.
Frankfurter Fundbüro kann nicht versteigern
In Deutschland geben sich die Fundbüros diesem Stress gar nicht erst hin, wie Apfelpage erfahren hat. Die Stadt Frankfurt hat im Juli 2016 circa 80 Handys aufgenommen, nur bei 12 konnte ein Besitzer ermittelt werden, teilt das Ordnungsamt mit. Der Rest wird noch im Hause gelagert, soll aber bald „unter Beachtung des Datenschutzes“ entsorgt werden. Eine Versteigerung kommt aus verschiedenen Gründen nicht in Frage.
Die Daten auf den gefundenen Geräten müssen bei der Stadt nach der Zertifizierung DIN66399 gelöscht werden. Diese besagt:
Der Schutz von personenbezogenen Daten muss gewährleistet sein.Andernfalls besteht die Gefahr, dass der Betroffene in seiner Stellung und seinen wirtschaftlichen Verhältnissen beeinträchtigt wird.
Da iPhones aber wie viele andere Geräte mit einer Aktivierungssperre versehen sind, ist die Löschung nach diesen Vorgaben nicht möglich. Die Handy können höchstens zurückgesetzt werden. Zu einer möglichen Entsperrung beim Hersteller äußert sich die Stadt wie folgt:
Eine Aufhebung der Aktivierungssperre bei mittlerweile unzähligen Herstellern ist nicht möglich, da sich der Firmensitz meist außerhalb Deutschlands befindet und somit andere Richtlinien gelten. Selbst wenn all dies möglich wäre, wissen wir immer noch nicht in welchem technischen Zustand sich die Geräte befinden. Der Aufwand wäre somit größer als der Versteigerungserlös und damit für uns ökonomisch nicht zu vertreten.
Bei der Deutschen Bahn sieht dies ähnlich aus, teilte uns eine Bahnsprecherin mit:
Geräte, die durch Sperren für das Aufspielen eines neuen Betriebssystems geblockt sind, werden nicht als betriebsfähige Geräte versteigert, sondern als betriebsunfähig deklariert. Auch sie werden nur dann versteigert, wenn die Daten zuvor gelöscht werden konnten.
Im Jahr werden bei der Bahn etwa 20.000 Handys bzw. Smartphones gefunden. Die Rückführungsquote liegt bei knapp 56 Prozent.
Es bleibt also festzuhalten: Wenn ein iPhone einmal verloren gegangen ist und der Besitzer nicht gefunden wird, bleibt mangels Alternativen nur noch der Weg in den Sondermüll. Eine Reaktivierung der Geräte ist trotz sauberer Entfernung der Daten vom Hersteller nicht gewollt. Deutsche Fundbüros sehen die Zweitverwertung als zu unrentabel an. Dabei wäre es der Umwelt zuliebe besser, die Handys billig zu verkaufen anstatt sie zu entsorgen.
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