Kommentar: Apple steht, wenn es um die Offenheit des Systems geht, schon viele Jahre in der Kritik. Wobei ich diese Kritik weniger nachvollziehen kann, denn bei Offenheit geht es mir nicht um Widgets, verschiebbare Systemelemente oder modifizierbare Software – die dann „tolle“ Sachen kann, allerdings auch für Hacker ein offenes Tor ist. Der Jailbreak, das Ausbrechen des iOS-Systems, ist das beste Beispiel dafür, was modifizierbare Software für Gefahren mit sich bringt – indem Sicherheitshebel außer Kraft gesetzt und die Türen für alles mögliche aufgemacht werden. Ich würde es niemals wagen, ein iOS-Gerät, auf dem ein Google-Login aktiv ist, zu jailbreaken – denn das symbolisiert für mich die perfekte Datenkrake, die nur so mit Datensätze um sich wirft und nur drauf wartet vom richtigen Angler abgefischt zu werden. Doch zurück zum Thema…
Mir kommt iOS schon immer sehr offen vor, denn es bietet in seiner derzeitigen 7. Version viele Funktionen – nützliche und durchdachte Funktionen. Mit Version 8 und in dem Fall iOS 8, werden diese Funktionen nochmals ausgebaut. Das schnelle beantworten von iMessage-Nachrichten, egal wo man ist, ist schon jetzt mein klarer Favorit. Und die neuen Entwicklerschnittstellen lassen mich schon Fantasien ausmalen, was Entwickler mit ihnen alles anstellen könnten und so iOS neue Möglichkeiten bieten würden. Der Weg ist wirklich geebnet und befahrbar. Ich denke ab und an gerne mal an die Zeit von iOS 3 zurück, denn das war mein persönlicher iOS-Beginn. Aber was war das damals ein Kampf mit Dateien – es war kaum möglich mit Dateien zu hantieren. Ein Foto zum PC zu übertragen war an sich eine Prozedur des Unmöglichen. Man konnte Dateien als E-Mail-Anhang versenden, aber wirklich logisch und komfortabel war dies nicht auf Dauer. Auch iTunes war da keine große Hilfe. Mit dem Start des App Stores begann auch das Wachstum an Diensten. So begann iOS mit verschiedenen Dateien umgehen zu können – allerdings auch nur innerhalb der jeweiligen App, denn ein Weiterreichen der Datei war nicht durchführbar und schränkte enorm ein. Mittlerweile gibt es die Funktion „Öffnen In“, um Dateien in eine andere Applikation zu portieren und somit dort an ihr weiterarbeiten zu können. Somit kann ein Video auch aus Dropbox in VLC portiert und dort betrachtet werden. „Öffnen In“ ist zwar teils schön und nützlich – ein komplettes Dateisystem ersetzt es allerdings nicht. Und hier sehe ich die Kritik an iOS ein wenig ein, denn hier liegt oft der Nachteil des mobilen Betriebssystems. Schon immer ist Apple ein Verfechter des Dateiordners unter iOS. Dokumente gehören in ihre jeweilige Anwendung. Theoretisch richtig, praktisch allerdings nicht mehr der Zeit entsprechend. Doch scheinbar hat man hinter den Mauern von Cupertino ein „Think-Different-Moment“, denn es scheint so, als würde man die Weichen umstellen wollen.
Mit iOS 5 kam iCloud. Dadurch konnten und werden Dateien über alle Apple-Geräte synchronisiert. Egal ob es der Kalender, die Erinnerungen, die Notizen oder die Kontakte sind – alles ist immer auf allen Geräten auf dem gleichen Stand. Zudem ermöglicht iCloud das Anlegen von Backups, die allerdings auf iOS-Geräte beschränkt sind. Und auch der E-Mail-, iMessage- und FaceTime-Dienst läuft direkt über die iCloud. „Mein iPhone suchen“ lagert ebenso in der iCloud und ermöglicht die Ortung von Geräten – beispielsweise bei einem Diebstahl. Ab iOS 6 können andere Anwendungen auf den iCloud-Speicher zugreifen und somit Speicherstände ablegen, die von verschiedenen Geräten abgerufen und im Sync gehalten werden können. Gekaufte iTunes-Inhalte liegen, wenn man so will, in einer eigenen Cloud – nämlich auf den iTunes-Servern. Doch verknüpft werden die gekauften Inhalte mit dem privaten iCloud-Account und sind somit immer und jederzeit erneut ladbar – so auch Bücher, Musik und Filme/TV-Sendungen.
Mit iOS 7 wurde der Apple-Cloud ein weiterer Featureschub verpasst – so werden Passwörter in den iCloud-Schlüsselbund abgelegt. Auch geöffnete Safari-Tabs werden per Cloud gesichert, sodass ein geöffneter Safari-Tab auf dem iPhone, auf dem Mac erneut aufgerufen werden kann.
Die iCloud funktioniert bisher somit nur als Speichermedium für indirekte Daten und direkte Backups. Doch mit iOS 8 und OS X 10.10 ändert sich das alles. Die iCloud wird zum festen Speichermedium und wortwörtlich zur iCloud-Drive. Somit lassen sich am Mac Dateien in einem iCloud-Archiv ablegen. Auch Unterordner können abgelegt werden – ganz wie vom OS-X-Dateisystem gewohnt. Dann kann man, wenn gewünscht, all seine Daten in die iCloud katapultieren und hat sie somit überall griffbereit. Überall. Interessanterweise auch auf der Windows-Plattform. Unter Windows wird der iCloud-Drive-Speicherort in den Explorer eingebunden. Fraglich ist nur, ob auch iOS eine direkte Integration von iCoud-Drive erhält, denn darüber gibt es bisher wenige Informationen.
Zwar können Applikationen auf iCloud Drive zugreifen, wünschenswert wäre allerdings eine alleinstehende iCloud-Drive-App (Bild oben), mit der man durch sein Dateiarchiv scrollen kann und anhand einer Suchfunktion Dateien auffinden kann. Laut Apple können alle Dateitypen in iCloud Drive abgelegt werden. Somit auch Fotos, Musik und Videos. Die Spotlight-Suche unter iOS könnte somit auch die iCloud-Dateien in die Suche mit einbinden – denn ein Index könnte eine schnelle Suche ermöglichen. In einer iCloud-Drive-App könnte eine Datei direkt angewählt und geöffnet werden – die Funktion „Öffnen In“ kann hier weiter bestehen bleiben, denn der Benutzer darf so selbst wählen, was er mit der Datei anstellen möchte und in welcher App dieser Vorgang passieren soll. Krempelt Apple also mit der iCloud auch das Dateisystem von iOS um?
Es wäre denkbar, der Schritt sieht stark danach aus. Auch eine Webapplikation läge durchaus im Bereich des Möglichen. Somit könnte man über icloud.com auf seinen iCloud-Ordner zugreifen und per Drag&Drop Dateien über die Webapplikation hochladen oder herunterladen. Apple hat mit der iCloud vieles vor und arbeitet in kleinen aber wichtigen Schritten daran, aus ihr ein riesiges und nützliches Verwaltungssystem zu kreieren – immer mit dem Bezug auf Sicherheit. Somit könnte sich Apple von seinem alten iOS-Dateisystem langsam aber sicher verabschieden und den Weg für eine neue Dateiverwaltung frei machen. Wir werden in den nächsten Jahren noch genauer sehen, welches Potential die iCloud genau hat und was sie davon ausschöpft. iOS 8 und OS X Yosemite sind beide einen kleinen Schritt in die richtige Richtung gegangen.
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31 Gedanken zu „iCloud-Drive – der iOS-Dateisystemwandel“
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