Im Prozess zwischen Apple und Epic nahm sich die vorsitzende Richterin zuletzt Applechef Tim Cook vor. Dabei wurde deutlich, dass die Richterin potenziell wenig Verständnis für Apples Positionen zu haben scheint, die das Unternehmen in den letzten Wochen auf vielfältige Weise zu untermauern suchte.
Der Prozess zwischen Apple und Epic hat zuletzt mit der Aussage von Applechef Tim Cook einen neuen Höhepunkt erreicht. Cook hatte sich zuvor bereits intensiv auf diese Aussage vorbereitet, unter anderem auch, indem er erfolgreiche und erfahrene Anklagevertreter kommen ließ, die ihn mit fiktiven Runden einer kommenden Aussage darauf vorbereiten sollen, von der vorsitzenden Richterin im Fall gegen Epic gegrillt zu werden.
Dieses Training sollte sich als bitter nötig erweisen, denn Richterin Yvonne Gonzalez-Rogers zeigte sich tatsächlich mehr als skeptisch hinsichtlich der von Apple mit so viel Einsatz vorgebrachten Positionen.
Apple, wo ist das Problem?
Unter anderem fragte sie Cook, wieso Apple so große Probleme damit habe, dem Nutzer die Wahl zu lassen, woher er seine Apps bezieht, wenn Apple doch immer wieder betone, dem Nutzer möglichst viel Kontrolle geben zu wollen. Die Antworten des Applechefs machten dann allerdings klar, dass Apple und die Richterin fundamental anderer Auffassung über die Definition von Kontrolle sind. Cook stellte klar: Kontrolle habe der Nutzer, aber nur über seine Daten. Und weiter brachte er eine zwar im Kern richtige, aber doch auch etwas haarsträubende Folgerung zum Thema der Kontrolle vor: Der Nutzer habe stets die Wahl, statt eines iPhones auch ein Android-Smartphone zu benutzen.
Wenig überraschend stellte diese Antwort Rogers nicht zufrieden und sie insistierte: Cook flüchtete sich daraufhin in die selbe Rhetorik der letzten Wochen, in der Apple um sein Geschäftsmodell trauert, das weggespült wird, sobald es alternative App Stores oder alternative Zahlungsweisen im App Store gebe. Letztlich lief die Aussage auf einen Punkt hinaus, der von Cook am Ende auch ganz eindeutig genannt wurde: Würde es hier neue Alternativen geben, würde Apple Probleme mit dem Geld verdienen bekommen.
Im App Store gebe es keinen echten Wettbewerb, kritisierte die Richterin. Auch das Argument Cooks, Nutzer könnten auf andere Plattformen ausweichen, überzeugte sie nicht. Und schließlich merkte sie das an, was vor ihr schon andere begründet vermutet hatten, dass nämlich die Senkung der Entwicklerprovision für alle Developer mit weniger als einer Million Dollar Umsatz im Jahr nur in Erwartung des nun laufenden Prozesses geschehen sei und nicht, wie Apple stets anführt, aufgrund der Mehrbelastungen durch Corona für die Kreativbranche. Cook wies diese Behauptung erwartungsgemäß von sich.
Ganz allgemein unterstellte Rogers Apple, ein wettbewerbsfeindliches Klima ohne erkennbare Motivation für Innovationen zum Vorteil der Entwickler zu schaffen, was sie mit Umfragen untermauerte, nach denen knapp 40% der Entwickler mit dem App Store nicht zufrieden sind. Cook verwies hierzu auf die hohe Anzahl regelmäßig abgelehnter Apps. Die Schlussplädoyers beider Parteien werden am 24. Mai abgegeben.
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