Man nenne mich einen Fanboy, aber wenigstens was Hardware-Entscheidungen angeht, finde ich immer wieder Gründe, die mich denken lassen, Apple wisse, was es tut. Es gibt jedoch einen Fehler, der vor vor 13 Jahren gemacht wurde, und heute (zum wiederholten Mal) seine Auswirkungen präsentiert. Die Rede ist von Macs. Und Intel. Und warum Apple nicht einfach ein halbes Jahr gewartet hat.
It’s true!
Die Älteren werden sich erinnern. WWDC 2005. Steve Jobs steht auf der Bühne, kündigt allerlei Zeug an und hat eines seiner berühmten „One more thing“s. Ich kann euch nicht mehr aus dem Kopf sagen, was alles angekündigt wurde. Vermutlich irgendwas mit iLife und iPhoto und wie sie alle heißen. Die Präsentationen fanden aber allesamt auf einem „Power Mac“ statt – der ein kleines Geheimnis in sich trug. Es war nämlich ein Pentium 4. Das „One more thing“ war die Ankündigung, dass Macs künftig mit Intel-Prozessoren laufen werden. Toll. Schneller. Performance pro Watt. Weniger Leistungsaufnahme. Längere Akkulaufzeit. Die Argumente sprechen für sich. Und es sollte auch gar nicht lange dauern, bis die ersten Intel-Macs auf den Markt kamen. Sie kamen beinahe geschlossen mit dem dem Core Duo, bis auf den Mac Mini, der den Core Solo erhalten hat. Und das wird sich nochmal rächen.
https://www.youtube.com/watch?v=B6iF6yTiNlw
Warum, Apple, warum?
Es ist nämlich folgendermaßen. Der PowerPC G5 unterstützte bereits 64-Bit-Register. Es war eine 64-Bit-CPU. Intel hatte zu der Zeit auch eine – Itanium. Außer in ein paar Servern stieß die mit x86 inkompatible Architektur aber auf wenig Gegenliebe. AMD ging einen anderen Weg und hat die X86-CPU auf 64 Bit erweitert, Intel hat das Ganze dann lizenziert.
Allerdings hielten die AMD64-Erweiterungen, oder wie sie bei Intel heißen x86-64, erst mit dem Core 2 Duo Einzug – Core Duo (und Core Solo) basierten zwar schon auf der Core-Architektur, waren aber noch reine 32-Bit-Prozessoren. Ironischerweise standen die neueren Prozessoren schon auf der Matte. Beispiel iMac: Der erste Intel-iMac kam im Januar 2006 auf den Markt, sein erstes Upgrade im September. Es ist also nur gut ein halbes Jahr vergangen, bis 64-Bit-Prozessoren in Macs auftauchten. Und das ist unglücklich.
Mac OS X 10.7 Lion
Wirtschaftlich spielt das keine allzu große Rolle. Als die ersten Intel-Macs auf den Markt kamen, war Mac OS X 10.4 Tiger aktuell. 10.5 Leopard kam sogar noch für PowerPC-Prozessoren heraus. Und Mac OS X 10.6 Snow Leopard, Ende 2009, lief auf „allen Intel-Macs“. Da Lion erst 2011 kam, sind das über fünf Jahre Software-Support (und Snow Leopard hat auch noch eine Weile Updates erhalten) – das ist von der Sache her ok. Zumal die Limitierung von Lion auf 64-Bit-Prozessoren auch nur eine künstliche war, wie Hacks kurz nach Veröffentlichung bewiesen haben. Und doch war im Sommer 2011 erstmals die Frage erlaubt, warum sich Apple das überhaupt angetan hat und nicht einfach auf den Core 2 Duo gewartet hat.
Eine blöde Situation
Da Mac OS X 10.5 Leopard das letzte Betriebssystem für PowerPC-Macs war, hat es Apple ungewöhnlich lange mit Updates versorgt. Gleichzeitig wurden Entwickler dazu aufgerufen, nach Möglichkeit Universal-Apps zu entwickeln. Das ging in Xcode wohl relativ einfach – hier und da eine Anpassung, Build-Target PPC und X86, zack-feddich, Universal-App. Intel- und PPC-Macs können den Code nativ ausführen, super. Für alle Fälle enthielten Mac OS X 10.4 Tiger, 10.5 Leopard und 10.6 Snow Leopard Rosetta – eine Software, die PPC-Befehle in X86-Befehle umwandelt, damit noch nicht angepasste Programme laufen. Und das war dringend notwendig, denn gerade die großen, z.B. Adobe und Microsoft, haben sich viel Zeit mit der Portierung gelassen. Einmal mehr: Hätte man doch nur das halbe Jahr gewartet und 64 Bit gleich zum Standard erklärt.
Es werde 2018
Nun gut, man will ja nicht zu viel nörgeln, ab Lion war Rosetta passé, ergo läuft, was in Lion lief, auch heute noch. Und da gibt es das eine oder andere Programm, das mit Stand 2012 „gut genug“ ist – es gibt keine Updates mehr, es ist fertig, den Entwickler hat man auch schon lange nicht mehr gesehen, ist ja auch egal.
Nein, ist nicht egal, denn auf der WWDC 2017 kündigte Apple an, dass High Sierra die letzte Version sein wird, die „ohne Kompromisse“ 32-Bit-Programme ausführen kann. Seit dieser Woche ist das für den Nutzer auch sichtbar. Das bedeutet, dass abermals das große Aussieben losgehen wird, das zuletzt in Lion stattfand, nur dass es heuer mithin noch mehr Programme betreffen könnte, da die Anzahl der aktiven Macs seit dem Umstieg auf Intel-Prozessoren massiv gewachsen ist – und wer sich einmal auf dem Mac wohlfühlt, der wechselt so schnell nicht mehr zurück.
Alte Zöpfe abschneiden ist gut…
Versteht mich bitte nicht falsch – ich bin ja dafür, dass man sich hin und wieder auch mal von alten Sachen trennt. Es ist zwar technisch nicht korrekt, dass eine 32-Bit-Anwendung unbedingt langsamer ist als eine 64-Bit-Anwendung (ich denke eher, Apple will die 32-Bit-Bibliotheken nicht mehr parallel unterstützen), aber dennoch ist ein aufgeräumteres System besser als ein „zugemülltes“ – und diesbezüglich hat Apple noch große Aufgaben vor sich.
Was ich aber kritisieren möchte, ist, dass Apple damals, ich möchte fast sagen überhastet, auf Intel umgestiegen ist. Man hätte sich gleich zwei große Aussiebungen ersparen können, hätte man die ersten Intel-Macs einfach ein halbes Jahr später auf den Markt gebracht. Und das hätte dann auch mehr nach Apple ausgesehen, die Dinge gerne mal auf die harte Tour anfassen, weil das langfristig sinnvoller ist (Abschaffung Diskettenlaufwerk und DVD-Laufwerk, USB-C und so weiter).
Warum eigentlich?
Interessant ist an der Frage noch das „Warum überhaupt?“. Ja, warum denn nun? Wenn ihr mich fragt, bestätigt das meine These von Sommer 2017. Apple verplappert sich selbst. Es gibt schon sehr lange Gerüchte darüber, dass Macs künftig mit ARM-Prozessoren (bekannt aus iPhone und iPad) betrieben werden, zuletzt flammten sie erneut auf. Und während ich das selbst noch nicht so wirklich glaube (wir können über den iMac-Pro-Weg reden, bei dem ein ARM-System die sichere Umgebung macht – vielleicht auch, dass der ARM-Prozessor das Betriebssystem unterhält, während der Intel-Prozessor arbeitet – aber dass nur ein ARM-Chip drinsteckt, kann ich mir nicht vorstellen), will ich es zumindest nicht ausschließen. Apple bräuchte aber die Möglichkeit, Intel-Code laufen zu lassen, damit der Übergang wieder so schön sanft stattfindet. Und da ist nur eine Architektur zu unterstützen, wesentlich günstiger als gleich zwei übersetzen zu müssen.
Falls es so kommt – erinnert euch bitte daran, wo ihr es zuerst gehört habt
Euer Toni
10 Gedanken zu „Kommentar: Eine 13 Jahre alte Fehlentscheidung zeigt ihre Konsequenzen“
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