Ende Juni hat Amazon den Eintritt in den Smartphone-Markt bekannt gegeben und wollte mit dem Fire Phone die ganze Branche auf den Kopf stellen.
Brillante Ideen in der Theorie …
Satte fünf Jahre lang hat sich Amazon laut eigenen Angaben auf sein erstes eigenes Smartphone vorbereitet. Das Resultat wurde im Juni unter tosendem Applaus auf der Bühne in Seattle präsentiert. Mit dem Fire Phone hat der Online-Gigant seit dem Marktstart diesen Donnerstag ein 4,7″ Handy im Repertoire, das insbesondere durch sein 3D-Interface besticht. Eine dynamische Perspektive lässt dabei nicht nur das Wallpaper bewegen, sondern auch bei der richtigen Bewegung des Gerätes ein Menü sichtbar werden. Über Neigen des Smartphones können Anwender weiterhin scrollen und zoomen. Kippt man das Fire Phone bewegt sich der Bildschirm-Inhalt, wie eine Webseite, automatisch in die gewünschte Richtung weiter. Auf der Vorder- und der Rückseite ist das Fire Phone mit dem stabilen Gorilla Glass ausgestattet, das in Verbindung mit einigen Aluminium-Elementen ein frisches Design zaubern soll. Rückwärtig setzt Amazon darüber hinaus auf eine 13 Megapixel Kamera – das iPhone 5s hat 8 MP inne. Vorne sind an allen vier Ecken Kameras zu finden, die über einen beachtlichen Winkel von 120 Grad verfügen. Der User ist dabei ständig unter Beobachtung, da das Design auf die Kopfbewegungen reagiert. Kameras sind auch für Firefly vonnöten. Eine Technik zum Einscannen von QR-Codes, Barcodes und sogar URLs direkt. Über die Cam lässt sich so die Nummer des Pizza-Services einscannen, der dann direkt angerufen wird. Schicke Kunstwerke, die man sieht, Buchcover, Spiele: Einfach vor die Linse halten und dann wird der Nutzer zu Wikipedia oder Amazon weitergeleitet.
…nur nicht in der Praxis
Firefly, 3D-Interface und Kameras zum Trotz: Wenn sie von den Nutzer nicht gemocht werden, verläuft sich alle Mühe hinter den Kulissen im Sande. Mittlerweile sind die ersten Reviews von Tech-Journalisten eingetrudelt und sie halten keine großen Stücke auf Amazons Kreation.
Zwar zolle man den Entwicklern für ihren Mu, etwas Neues zu bauen, Respekt, angesprochen auf das dreidimensionale Interface sei das aber manchmal verwirrend. Auch weil der Homescreen etwas anders aussieht, als gewohnt. Dennoch soll das nicht über die Kreativität und den "Wow"-Effekt hinwegtäuschen. Walt Mossberg von Re/Code kam über ein "weit hinter den Erwartungen" aber trotzdem nicht hinaus.
Eric Limes von Gizmodo findet sogar sehr deutliche Worte in seinem Test.
Mit Blick auf die Alternativen könnte es sein, dass dieses sehr günstige Fire Phone mit seinen Funktionen eine bestehende Nische für technisch-versierte Amazon-Junkies füllt. Aber so, wie es sich darstellt, als Premium-Handy mit einer vernünftigen Software, das sich auf einem Gimmick als Hauptfunktion ausruht, ist das Fire Phone kein Smartphone, was man in der Tasche haben möchte. Vielleicht finden irgendwann engagierte Entwickler einen wirklichen Nutzen für diese vier Front-Kameras. Aber bis dahin ist man mit jedem anderen Handy besser bedient.
Harte Worte, die sich in den allgemeinen Tenor mit untermischen. Das Fire Phone wird zwar von den meisten Reviews nicht in der Luft zerrissen, doch als Top-Smartphone geht es eben auch nicht durch.
Und wer es gerne nochmal im Bewegtbild haben will, bitte:
iFixit-Wertung
Abschließend hat sich auch iFixit das Handy angeschaut. Das Unternehmen ist bekannt für seine Teardown-Videos – dabei werden die Geräte auseinandergenommen und die Einfachheit einer möglichen Reparatur bewertet. Das Fire Phone von Amazon kam dabei weniger gut weg und schloss mit einer schlechten Reparaturnote ab.
Das Gehäuse wird durch Standardschrauben verschlossen, was das Öffnen des Gerätes sehr erleichterte, allerdings doch sehr fummelig wirkt. Der Akku kann, dadurch dass er nur mit einem Klebestreifen fixiert ist, einfach getauscht werden. Anders sieht es bei den anderen Komponenten aus. Bei einem Displaytausch müssen alle verbauten Kameras entfernt werden – die vier Kameras sind allerdings so verklebt, dass eine Reparatur unnötig erschwert wird, da die Bauteile erwärmt und herausgeschnitten werden müssen. iFixit betont, dass "Tonnen von Kabeln" der einfachen Demontage und Reparatur einen Strich durch die Rechnung machen. Da das Fire Phone nicht modular aufgebaut sei, würden die Ersatzteile zudem relativ teuer sein. iFixit vergibt dem Amazon-Smartphone nur 3 von möglichen 10 Punkten auf der Reparaturskala. Den kompletten Teardown seht ihr in diesem Video.
https://www.youtube.com/watch?v=d5k-AWEeWqo?rel=0
30 Gedanken zu „Fire Phone: Ein Zwischenfazit zum Amazon-Handy“
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