In einem Punkt sind sich Apple, Samsung, die Telekom, Vodafone und O2 einig: Die Zukunft gehört der eSIM (vom Englischen embedded SIM), also fest im Gerät eingebauten SIM-Karten. Die neue Technologie bringt jedoch nicht nur Vorteile, sondern auch ein paar Nachteile mit sich.
Identitäts-Wechsel
SIM steht für subscriber identity module – also Teilnehmer-Identitätsmodul. Denn die kleine Plastikkarte mit integriertem Mikroprozessor und eigenem Speicher hat die Aufgabe, den Teilnehmer gegenüber den Funknetzen auszuweisen, also seinen Netzbetreiber und seine Telefonnummer mitzuteilen.
Das heutige SIM-Karten-System gibt es erst seit dem Start des digitalen D-Netzes im Jahr 1992. Im analogen A-Netz waren die Geräte zuvor noch mit einer festen Telefonnummer und der Deutschen Post als einzigem Anbieter verknüpft und daher keine SIM-Karten notwendig.
Mit Einführung der kleinen Plastikkarten änderte sich einiges. Durch einen Austausch bekamen Kunden die Möglichkeit, Nummer und Anbieter schnell und unkompliziert zu wechseln und beim Verkauf des Gerätes behielt der Verkäufer mit der SIM-Karte auch alle Kontaktdaten, die ursprünglich ausschließlich auf der Karte gespeichert waren. Die Karte konnte er anschließend in sein neues Gerät stecken und sofort weiter telefonierten.
Format-Chaos
Mini-, Mikro-, Nano-SIM: Mit den Handys wurden auch die SIM-Karten über die Jahre immer kleiner und damit inkompatibel zu bisherigen Geräten. Der Sprung zwischen zwei Größen ließ sich mit etwas Geschick oft mit einer Schere bewerkstelligen. Doch das klappte nicht immer und endete mitunter in der Zerstörung der Karte und aller auf ihr gespeicherten Daten. Spätestens mit dem zweiten Sprung auf die Nano-SIM musste jedoch eine neue Karte her. Ein enormer Aufwand für die Mobilfunkbetreiber.
2012 gab es allein in Deutschland über 115 Millionen SIM-Karten. Mit der Entwicklung zum Internet der Dinge sollen 2020 weltweit über 14 Milliarden elektrische Geräte miteinander verbunden sein.
Zukunftslösung: eSIM
In Zukunft sollen die SIM-Karten fest im Gerät verbaut werden. Diese eSIMs sind noch wesentlich kleiner als eine Nano-SIM-Karte und benötigen auch keinen platzraubenden Einschub-Schacht mehr. Dadurch entfällt nicht nur das Gefummel mit dem Zuschnitt oder beim Öffnen des SIM-Schachtes. Ihr Einsatz wird dadurch auch in noch kleineren Geräten, wie in Smartwatches, Fitnesstrackern oder Datenbrillen denkbar. Diese werden durch einen eigenen Internetzugang zunehmend unabhängig vom Smartphone und können auch außerhalb dessen Reichweite synchron gehalten werden.
„Dass die eSIM kommt, ist unbestritten. Wir sind überzeugt, dass der neue eSIM Standard ab 2016 in den Markt kommt und sich dann ab 2017 richtig durchsetzt.“ – Deutsche Telekom GmbH
Anders als bei herkömmlichen SIM-Karten, die von einem bestimmten Netzbetreiber ausgegeben werden, ist auf der eSIM noch kein Profil vorinstalliert. Die Mobilfunkanbieter auf der ganzen Welt haben sich zur GSMA zusammengeschlossen und einen gemeinsamen Standard definiert. Statt eine SIM-Karte in das Gerät einzulegen, installiert der Nutzer das eSIM-Profil seines Anbieters auf die eSIM seines Smartphones, indem er seinen individuellen QR-Code (Aktivierungscode) einscannt. Die eSIM wird anschließend wie gewohnt mit einer PIN entsperrt. Enthält der Vertrag mehrere Mobilfunk-Profile, können dieser per Bluetooth auf weitere Geräte mit eSIM übertragen werden.
„Die eSIM funktioniert wie ein hochsicherer Kleinstcomputer, der sensible Daten hochverschlüsselt in seinem SIM-Speicher aufbewahrt, auf den wiederum nur über die entsprechenden Schlüssel zugegriffen werden kann. Dadurch sind die Daten wirkungsvoll vor Manipulations- und Kopierversuchen geschützt“, erklärt Carsten Ahrens, Leiter der Division Telecommunication Industries im Geschäftsbereich Mobile Security des Herstellers Giesecke & Devrient.
Bei einem Anbieterwechsel, Verkauf oder wenn man im Urlaub einen günstigeren lokalen Anbieter nutzen will, wird das alte Profil einfach gelöscht und ein neues installiert. Das tagelange Warten auf die SIM-Karte und der dadurch entstehende Plastikmüll entfallen.
Sonderfall: Apple SIM
Bei der Apple SIM handelte es sich bisher um eine Zwischenstufe zwischen der fest eingebauten und programmierbaren eSIM und herkömmlichen SIM-Karten.
Die Apple SIM ist eine herausnehmbare Plastikkarte, die für fünf Euro in den Apple Stores erworben werden kann. Sie ist aber auch frei programmierbar – es lassen sich also theoretisch Profile unterschiedlicher Anbieter auf ihr installieren. In der Praxis wird die Apple SIM jedoch nur von wenigen Anbietern unterstützt, sodass Sie eher als Sparmöglichkeit bei Auslandsaufenthalten dient.
Im 9,7“ iPad wurde neben einem SIM-Karten-Schacht erstmals auch in Deutschland eine integrierte, nicht herausnehmbare Apple SIM verbaut. Wie die herausnehmbare Variante, entspricht auch diese nicht dem weltweit anerkannten GSMS eSIM Standard und wird von den meisten Anbietern daher nicht unterstützt.
In Deutschland wird die Apple SIM ausschließlich von der Telekom unterstützt, obwohl sich diese gegen Insellösungen ausspricht:
„Ein weltweiter, offener Standard ist essentiell. Die Branche braucht eine gemeinsame interoperable Lösung. Keine Insellösungen. Die Telekom […] beteiligt sich daher bereits seit mehreren Jahren federführend in internationalen Gremien an der Erarbeitung eines offenen eSIM Standards. Wir glauben nicht an geschlossene Ökosysteme.“
Die Kehrseite der Medaille
Generell befürchten Mobilfunkbetreiber durch die eSIM-Karten eine zunehmende Abhängigkeit von den Geräteherstellern. So könnten einige Hersteller oder Tarife nicht aufgeführt werden und auch die Reihenfolge der Anbieter ist ein großer Streitpunkt. Bei teureren oder beliebten Marken hätten Hersteller und Netzbetreiber beispielsweise die Möglichkeit, den Kunden ebenso teure Verträge aufzudiktieren.
Auch ein Lock ist möglich: Die Telekom hatte im Mai bereits angekündigt, keine Netzwechsel zu erlauben.
Langfristig könnte der Chipsatz des Smartphones auch die Aufgabe des Mikroprozessors übernehmen und so Material, Kosten und Platz sparen. Trojaner könnten dies jedoch dazu nutzen, die Mobilfunknummer des Nutzers zu ändern oder ihm einen teuereren Tarif unterzujubeln.
Es bleibt abzuwarten, was aus der neuen eSIM gemacht wird – schließlich ist der Ausschluss von Verträgen ohne Datenflatrate auf Tablets beispielsweise im Sinne der Verbraucher. Doch Verbraucherschützer müssen wachsam bleiben, um das Selbstbestimmungsrecht der Konsumenten zu beschützen.
(Titelbild: Shutterstock)
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