22. November 2016

Marcel Gust

Apple könnte Milliarden verlieren: Kein Weg vorbei an Web-Apps?

Nachdem Apple bereits bei HTML5 das Tempo vorgegeben hat, versucht Google nun wieder verstärkt den Weg in die Zukunft des Internets mitzugestalten. So wurde der hauseigene Chrome Browser, der in seiner Anfangszeit durch Geschwindigkeit überzeugte, mit den Jahren immer träger. Zwischenzeitlich galt die Verwendung von Apples Safari-Browser unter Android-Usern als totsicherer Trick, um die Akkulaufzeit um eine Stunde zu verlängern.

Peinlich – fand auch Google und spendiert dem Browser in Version 55 (erscheint im Dezember) eine Diät. Und weil Bewegung bekanntlich beim Abnehmen hilft, setzt der Konzern außerdem auf mehr Mobilität beim Surfen: „mobile first“ lautet die Devise. Künftig will Google bei der Erstellung des Suchindexes die mobile Version einer Website durchsuchen und zur Grundlage des Rankings machen. Die ebenfalls abgespeckten und daher schnelleren AMP-Versionen von Websites bevorzugt die Google-Suche bereits seit einiger Zeit.

Chrome Dev Summit

Auf der Chrome Dev Summit in San Francisco widmete man sich nun weitestgehend einem weiteren Punkt in Sachen Mobilität: Progressive Web Apps (PWA). Das sind Anwendungen, die über eine URL direkt im Browser aufgerufen werden. Die App muss nicht installiert werden, kann aber als Icon auf dem HomeScreen des Smartphones abgelegt werden. Dies stellt für die meisten Anwender eine deutlich geringere Hürde dar, als die Installation einer nativen App – nicht zuletzt wegen des geringeren Speicherverbrauchs. Dank Push-Benachrichtigungen und einer Caching-Funktion, die zuvor geladene Inhalte später auch offline abrufbar macht, wird mit PWAs jedoch eine ähnlich hohe Kundenbindung erzielt, wie mit nativen Apps. Der zusätzliche Entwicklungsaufwand entfällt hingegen. Inhalte solcher Apps sind nicht nur mit allen Geräten, sondern auch von Suchmaschinen abrufbar und können daher besser gefunden werden. Die Anbieter von PWAs sind außerdem von keinem App-Store-Betreiber abhängig.

Progressive Web Apps (PWA)

Was für den Nutzer von Vorteil ist, kann AppStore-Betreiber wie Apple jedoch Milliarden kosten, galt die Entwicklung zum Service-Giganten in Zeiten sinkender Geräteverkäufe doch als möglicher Rettungsanker. Doch die Zahl der App-Downloads stagniert und das Prinzip „App“ wird mancherorts bereits totgesagt.

Zwar hat auch Google mit dem Play-Store eine eigene Plattform, doch anders als bei Apple war diese nie konkurrenzlos, da Android kein abgeschlossenes System bildet. Google kann in PWAs außerdem mit seiner Kernkompetenz Geld verdienen: Werbung. Je mehr Zeit die Menschen im Web verbringen, desto mehr Werbeanzeigen klicken sie an.

Noch erfüllen nicht alle Browser die für PWAs erforderlichen technischen Voraussetzungen: Chrome und Firefox sollen bereits voll kompatibel sein, aber auch von Safari, Opera und Edge soll es positive Signale geben. „Doch was könnte Apple bewegen, PWAs in Safari zu unterstützen,“ fragt Jason Billingsley auf Twitter:


Die Antwort: „Eine Nutzererfahrung auf anderen Plattformen, die um so viel besser ist, dass iOS-Nutzer danach verlangen,“ zitiert „drewzie“ das Chrome-Entwicklerteam. Ein herausragendes Benutzererlebnis und intuitive Bedienung war Cupertino schon immer sehr wichtig. Apple kann nicht zulassen, dass Android den Nutzern ein besseres Erlebnis im mobilen Web bietet, als es auf dem eigenen System der Fall ist. Ähnlich wie bei der AMP-Technik lässt Google Marktteilnehmern auch kaum eine Wahl, wie Jason Grigsby aufzeigte: „Nur weil iOS nicht jeden Aspekt von PWAs unterstützt, bedeutet das nicht, dass sie gar nicht auf iOS laufen.“ Er betont, dass PWA „auf iOS sogar besser laufen, als die [responsive] Seite, die sie ersetzen.“ Es ist vermutlich nur noch eine Frage der Zeit, bis sich Apple überlegt hat, wie der neue Trend möglichst gewinnbringend genutzt werden kann.

(via techrepublic.com, Titelbild: Shutterstock)

26 Gedanken zu „Apple könnte Milliarden verlieren: Kein Weg vorbei an Web-Apps?“

  1. Hauptsache, es gibt auch dort einen Store, der reguliert wird. Ansonsten läuft man ja Gefahr, dass das geschlossene iOS bröckelt. Was man sich damit einhandelt, sieht man ja zur Zeit bei Android/Google.
    • Nein du stellst für das nicht richtig vor. Es geht nicht um ein Icon einer Webseite das auf dem homescreen abgelegt wird (das kannst du mit jeder Seite machen), sondern um Webseiten die wie Apps aussehen, sich so verhalten, so funktionieren, nur eben per Browser / html Webseite erreichbar sind.
      • Ja eben, das hab ich schon auf meinem iPad 1 mit iOS 5. Über ein header kann man die Browserleiste ausblenden, so sieht man nicht, dass es eigentlich nur Safari ist. Man kann die Dateien auch speichern lassen, damit es ohne Internet geht. Damit es sich wie eine Native App verhält und aussieht muss man die Webseite halt entsprechend gestalten.
  2. Habe ich schon vor fast zwei Jahren prophezeit als google mit dem Nougat Vorgänger genau den Weg präsentiert hatte, aber damals hieß es nur „nein, nein Apps sind das A und O“.
    • Alles über den Browser abzuwickeln ist für mich ein No-Go. Außerdem sind auch die Daten bei gewissen Anwendungen nicht mehr sicher. Bin mal gespannt wie Apple damit umgeht. Bei Android ist Sicherheit nachrangig. Google lebt ja von Daten. Darum führen sie es auch ein, um noch mehr Infos abzugreifen. Wenn die internen Apps im Browser ebenfalls eine Sandbox auf dem iOS- Gerät haben, dann geht es in die richtige Richtung. Ansonsten ist das eine Katastrophe.
  3. Ich habe mich schon vor vielen Jahren gefragt, warum es für jeden Mist eine App geben muss. Und insbesondere bei reinen Webseiten-Angeboten wie z.B. Apfel Page verstehe ich es bis heute nicht. Die Technologie ist schon lange da, mit localStorage sind auch an sich reine Web-Angebote auch mit offline-Funktionalität zu machen (bspw. User-Settings).
  4. Der Sinn eines Programmes (und demnach auch einer App) ist doch gerade, dass man es offline ohne Internet nutzen kann und dass man die dadurch generierten Dateien auch lokal speichert. Natürlich möchte Google, dass sie alle Daten online parat haben. Dann können sie nämlich auch alles auswerten, ohne dass der Nutzer dies merken kann. Allerdings sieht man am Chromebook, dass die meisten Nutzer es eben nicht wollen. Einige Daten in eine Cloud auszulagern, finde ich nachvollziehbar. Aber alle Daten und Programme auf einer Cloud laufen zu lassen, wird hoffentlich nie „normal“ werden.
    • Du kannst ohne weiteres Daten trotzdem lokal speichern. Selbst Logins können lokal und offline auf dem Gerät gemanagt werden. Da gibt es gar keine Probleme.
      • Aber auch kein Vorteil. Wenn eh alles offline läuft, kann man die Apps auch wieder so installieren, wie sie jetzt installiert sind. Für den Nutzer sehe ich keinen Vorteil von Web-„Apps“.
      • Es gibt für beide Seiten diverse Vorteile. Zumal heute die durchschnittliche App eh nur noch ein Gerüst ist, welches dynamisch Web content lädt.
  5. Aber so wirklich einstellen kann man dann da nicht!? zum Beispiel Ortungsdienste für einzelne Anwendungen ein o aus stellen !? ?
  6. PWA – nach der Beschreibung die klassische Form eines Computervirus. Sollte ich wegen Google hierdurch Schaden erleiden, können sich die Damen und Herren auf nette Post von meinem Rechtsanwalt freuen. :-<

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