1. Juni 2017

Marcel Gust

Essential: Android-Erfinder präsentiert neues Super-Smartphone + Heimassistent

Ende 2015 wurde bekannt, dass der Android-Erfinder Andy Rubin ein eigenes Smartphone auf den Markt bringen wollte. Nachdem ihm erst im März 100 Millionen Dollar durch die Finger glitten, präsentierte er vorgestern ohne große Show ein neues Android-Smartphone, das auch dem iPhone Konkurrenz machen soll. Einen neuen Heimassistenten mit Display gibt es ebenfalls.

Android-Vater Andy Rubin

Android-Erfinder und Essential-Chef Andy Rubin

 

Andy Rubin begann seine Karriere 1989 als Softwareentwickler bei Apple. Im Jahr 2003 gründete er schließlich Android, das ursprünglich zur Steuerung von Kompaktkameras gedacht war. Google-Gründer Larry Page sah die Präsentation des Betriebssystems und war begeistert. 2005 wurde Android schließlich für 50 Millionen Dollar von Google gekauft und Rubin zum Chef-Entwickler ernannt. Page sprach von der „beste[n] Übernahme aller Zeiten,“ da er mit immensen Werbeeinnahmen rechnete – zu Recht, wie wir heute wissen. Android kostete Apple schließlich die Vorherrschaft im Smartphonemarkt. Rubin wechselte 2013 als Leiter in Googles Roboter-Forschung und verließ das Unternehmen nur ein Jahr später, um sich anderen Projekten zu widmen. Zuletzt gründete er das Unternehmen Essential, welches ein High-End-Smartphones entwickelt, das selbst mit Apples iPhone mithalten soll.

Apples Einfluss verhinderte 100-Millionen-Dollar-Investment

SoftBank-Logo

Erfolgreiche Unternehmensgründungen und Hardware-Entwicklungen kosten viel Geld. Der zweitgrößte japanische Telekommunikations- und Medienkonzern SoftBank unterhält einen Milliardenschweren Investment-Topf für Technologie-Unternehmen, der vor allem von Investoren aus dem arabischen Raum gefüttert werden soll: den Vision Fund. Eigentlich sollten 100 Millionen Dollar aus der letzten Investitionsrunde an die neue Firma von Andy Rubin fließen, berichtet BusinessInsider. Damit wäre der Wert von Essential auf über eine Milliarde Dollar gestiegen. Ein wichtiger Meilenstein.

Außerdem berichtet das Wall Street Journal, dass SoftBank dem neuen Telefon beim Marktstart mit großem Marketingaufwand unter die Arme greifen wollte – eine eventuell viel größere Hilfe für Essential, als das Geld. Derzeit teilen Apple und Samsung den Markt der Oberklasse-Smartphones beinahe unter sich auf. Die Konkurrentz habt es entsprechend schwer, den Weg in die Taschen der Kunden zu finden. Hätte SoftBank Rubins Smartphone in seinen Filialen direkt neben den Modellen der beiden Platzhirsche präsentiert, hätte dies einen riesigen Vorteil für das Start-up bedeutet, denn im Landen werden noch immer die meisten Geräte verkauft.

Doch dann investierte Apple eine Milliarde Dollar in den Vision Fund. Es heißt, dass SoftBank daraufhin seine Investition zurückgezogen habe, da man Bedenken hatte, dass es Konflikte mit dem iPhone-Hersteller geben könnte. Apple soll sich zwar nicht aktiv gegen eine Investition in Rubins Unternehmen ausgesprochen haben, doch den SoftBank-Managern dürfte der Widerspruch klar gewesen sein, wenn Apple indirekt seinen eigenen Konkurrenten finanziert hätte. Die enge Geschäftsbeziehung mit Apple wollte der Konzern scheinbar nicht aufs Spiel setzen.

Rubins Motivation für die Entwicklung des Essential-Smartphones

Essential-Logo

Das erste Essential-Smartphone, das PH-1, ist bereits finanziert und entwickelt worden. Vorgestern wurde es ohne große Show vorgestellt. Es setzt – wie sollte es auch anders sein – auf Android. Jedoch auf die unveränderte Variante von Google – ohne Schnickschnack wie „Samsung-Zeug, welches oft nur ein Duplikat der Google-Funktionen ist,“ wie es Rubin gegenüber Recode formulierte. Rubins Motivation, ein eigenes Smartphone zu entwickeln, entstand aus einer Unzufriedenheit mit den derzeitigen Modellen.

„Neben allem Guten, das uns Android gebracht hat, was uns half, Technologie fast jedem nahezubringen, erschuf es aber auch eine verrückte neue Welt, in der sich die Menschen mit der ganzen Technologie rumschlagen müssen, die ihr Leben doch eigentlich vereinfachen sollten. War es das, was wir wollten? War es das beste, was wir tun konnten?“

Neben der überflüssigen Software zielt Rubin damit einerseits darauf ab, dass es vielen Herstellern an der Bereitschaft mangelt, Updates anzubieten und die Geräte auf dem neusten Stand zu halten. Schließlich treiben die kurzen Update-Zyklen die Verkaufszahlen in die Höhe. Andererseits wünscht er sich mehr Selbstbestimmung für die Nutzer. So sollen beispielsweise keine Anbieter-Brandings die Geräte verschandeln. Selbst auf das eigene Logo verzichtet der Hersteller.

Das Essential PH-1

Zurück zum Essentiellen: Wo Apple den angebissenen Apfel positioniert hat, ziert lediglich ein Fingerabdruck-Sensor die Rückseite des PH-1. Sie besteht aus einem speziellen Keramik-Material von einem deutschen Hersteller, welches für Hochfrequenzstrahlung durchlässig ist. Hässliche Antennenstreifen wie auf dem iPhone entfallen daher ebenfalls. Auch Apple habe sich erfolglos an einer Keramik-Rückseite versucht, sei aber gescheitert, die Rubin gegenüber Wired berichtet. Im Recode-Interview mit Walter Mossberg erklärte Rubin, dass Essential als kleiner Hersteller Zugang zu neuen Technologien und Materialien habe, die noch nicht in den großen Stückzahlen hergestellt werden können, wie Apple und Samsung sie für ihre Telefone benötigen würden.

Umfasst wird das Gehäuse von einem Titan-Rahmen. Der Hersteller betont, dass Titan robuster als Aluminium sei, aus dem heute die meisten Smartphones bestehen. Daher würde es nicht zerkratzen, verbeulen oder verbiegen. Ein wichtiger Punkt – schließlich lassen wir alle mal etwas fallen. Eine Seite für passende Schutzhüllen sucht man auf der Hersteller-Website daher vergebens.

Essential PH-1 Titanrahmen

Die Front wird von einem nahezu rahmenlosen 5,71-Zoll-Display bedeckt, welches von einem Gorilla-Glass 5 geschützt wird. Damit steht das PH-1 den Konkurrenten von Samsung und LG in nichts nach. Das fortschrittliche CGS/LTPS-Display mit 10-Finger-Multitouch und Handballen-Erkennung bietet eine hohe QHD-Auflösung von 2560 x 1312 Pixeln, die mit einer Helligkeit von 500 nits etwas dunkler erstrahlen, als das Display vom aktuellen iPhone mit 625 nits. Das marktübliche Kontrastverhältnis von 1:1000 ist ebenfalls geringer als das vom iPhone 7 (1400:1) bzw. iPhone 7 Plus (1300:1). Besonders unästhetisch wirkt auf den ersten Blick die Aussparung für die Frontkamera in der Mitte des oberen Bildschirmrandes. Da das Display jedoch auf ein 19:10-Format setzt, welches zwischen dem klassischen 16:9-Format und dem aufstrebenden Seitenverhältnis von 18:9 ( = 2:1) liegt, können Videos im 16:9-Format auf dem Gerät ohne Beeinträchtigung abgespielt werden.
Dank des rahmenlosen Aufbaus ist das PH-1 mit Abmessungen von 14,15 x 7,11 x 0,78 Zentimetern kaum größer als ein iPhone 7, obwohl die Bilddiagonale sogar die des iPhone 7 Plus übertrifft. Mit einem Gewicht von „unter 185 Gramm“ liegt das Smartphone jedoch eher in der Gewichtsklasse des großen iPhones, welches 188 Gramm auf die Wage bringt.

Essential PH-1 Innenleben

Unter der Haube werkelt ein Snapdragon-835-Prozessor mit 8 Kernen, der auf 4 GB Arbeitsspeicher zugreifen kann. Als Hauptspeicher stehen 128 GB zur Verfügung, die – unüblich für ein Android-Gerät – nicht durch eine SD-Karte erweitert werden können.

Dafür bietet das PH-1 aber eine andere interessante Erweiterungsoption: einen magnetischen Anschluss auf der Rückseite – ähnlich Apples Dock-Connector. Als Paradebeispiel für dessen Einsatzmöglichkeiten dient dem Gründer regelmäßig die hauseigene 360°-Kamera, die für einen Aufpreis von nur 50 Dollar zusammen mit dem PH-1 bestellt werden kann. Sie wird einfach aufgesteckt und soll Aufnahmen in 4K-Qualität ermöglichen. Damit ist sie laut Rubin die „kleinste Kamera dieser Qualität“ und zudem immer einsatzbereit: Aufgrund des Magnetischen Anschlusses entfällt die umständliche Verbindung via WLAN oder Bluetooth. Außerdem bedient sie sich über diesen Anschluss dem 3040 mAh starken Akku des Smartphones, sodass die nicht ständig aufgeladen werden muss.

Essential 360°-Kamera

Äußerlich fällen ansonsten nur der fehlende Kopfhöreranschluss auf. Hier hat sich Essential scheinbar von Apple inspirieren lassen. Ansonsten setzt man auf den inzwischen etablierten USB-C-Anschluss.

Bei der internen Kamera soll es sich um die dünnste Dual-Kamera der Welt handeln. Neben dem Farbsensor beinhaltet sie auch einen Schwarz-Weiß-Sensor, sodass bis zu doppelt so viel Licht eingefangen werden kann, wie bei herkömmliche Smartphone-Kameras. Damit sollen sich auch in dunklen Umgebungen farb- und detailreiche Aufnahmen schießen lassen. Außerdem ermöglicht der zweite Sensor Fans der monochromen Fotografie einen echten Monochrom-Modus. Die Auflösung der Frontkamera liegt bei 8 Megapixeln. Die rückwärtige Kamera bietet hingegen 13 Megapixel. Außerdem lassen sich 4K-Videos mit 30 Bildern pro Sekunde aufnehmen.

Essential PH-1 Kamera

Weitere Details sind auf der Essential-Website zu finden, wo sich das Smartphone in den Farben „Black Moon“ und „Pure White“ vorbestellen lässt. Später sollen noch die Varianten „Stellar Grey“ und das dunkel-türkise „Oceant Depths“ folgen. Der Preis liegt bei 699 US-Dollar (bzw. 749 $ mit 360°-Kamera). Die Auslieferung soll in etwa einem Monat beginnen.

Essential PH-1 Farbvarianten

Ob Essential mit dem PH-1 erfolgreich eine Nische besetzen kann, wird sich zeigen. Zu groß darf die Nachfrage aber auch gar nicht werden, denn das Start-up gibt offen zu, nicht mal eben 50 Millionen Exemplare herstellen zu können.

Essential Home: neuer Heimassistent mit Display

Essential Home

Obendrein hat das Unternehmen einen eigenen Heimassistenten angekündigt, der Amazons Heimassistenten Echo und dem Google Home Konkurrenz machen soll. Bisher handelt es sich um eine bloße Ankündigung. Nicht einmal ein Prototyp wurde bisher gezeigt. Entsprechend ist bislang nur wenig über das Gerät bekannt.

Essential Home

Sprache ist laut Rubin nicht immer die beste Ein- und Ausgabemethode. Darum wird der Essential Home ein rundes, leicht nach vorn geneigtes 5,6-Zoll-Display besitzen, welches auf Berührungen reagiert und auch die Ergebnisse grafisch untermauert.

Essential Home von oben

Die Funktionen des Geräts umfassen laut Website mindestens Musik abspielen, Timer setzen, Routen planen, Wissensfragen beantworten und Smart-Home-Geräte steuern. Dazu hat Essential ein eigenes Betriebssystem entwickelt. Ambient OS, wie der Hersteller es nennt, soll Open Source und unabhängig vom Essential-Smartphone sein. Entsprechend wird für Entwickler ein SDK angeboten. Geschlossene Ökosysteme seien zu restriktiv und nicht mehr zeitgemäß. Auf diese Weise will Essential Ambient OS mit den Systemen sämtlicher Hersteller verbinden und als zentrales Betriebssystem der Smart-Home-Steuerung etablieren. Dies soll die Steuerung von Systemen verschiedener Hersteller vereinheitlichen und erleichtern. Schließlich wolle niemand ausschließlich Samsung-Zeug kaufen, so Rubin.

„Kunden sollen nicht ihr System wechseln müssen, wenn sie meine Produkte kaufen.“

Die Einrichtung des Essential Home soll besonders einfach sein. Er verbindet sich automatisch mit neuen und bestehenden Smart-Home-Geräten und hilft dabei, sie in kürzester Zeit einzurichten.

Ein weiterer essentieller Punkt des Systems soll der Datenschutz sein. Das Gerät soll so viel wie möglich selbst erledigen und so selten wie möglich nach Hause telefonieren. Selbst die AI laufe lokal auf dem Gerät. Damit soll ein Maximum an Privatsphäre geboten werden.

Laut Rubin ist auf dem Essential Home der gleiche Assistent im Einsatz, wie auf dem Essential PH-1. Hierzu hüllt man sich jedoch noch in Schweigen. Im Recode-Video wollte Rubin den Assistenten auf keinen Fall präsentieren. Wir dürfen also gespannt sein, welche Geheimnisse Rubin bislang verbirgt. Zum aktuellen Zeitpunkt stehen weder Preis, noch das Erscheinungsdatum des Heimassistenten fest.

27 Gedanken zu „Essential: Android-Erfinder präsentiert neues Super-Smartphone + Heimassistent“

  1. Hm, also wie hab ich gerade Bock auf das Smartphone bekommen. Sieht mega aus, die Kameraaufsteckfunktion find ich super, Hm, mal schauen ob es auch mal im Saturn etc. kommt
  2. erstens hat er nix erfunden sondern abgeschrieben…. 50 mio gabs dafür , nettes gehalt zweitens hat es dann bei google für erweiterungen nicht gereicht und man hat ihn sauber abserviert drittens ist das häääändy ein leichter aufguss vom iP6 mit besserem display……da android sehr speicherhungrich ist logischerweise mit 4gb… so wie er bei google gearbeitet hat dürfte das betriebssystem noch 3 schritte zurück machen ergo lieber iOS
      • Ich habe gar nicht vor dieses Handy zu testen warum ist doch klar oder nicht , sein OS ist Android. Das Ding könnte aus Carbon mit Super UHD Display und neuem Superchip vom letzten UFO besuch sein …es hat ein Android OS.
      • Dann lebst du wohl hinterm Mond und hast die Android Entwicklung der letzten 2-3 verpasst. Stock Android oder iOS sind heute ebenbürtig in allem. Es geht nur noch um preferenzen..
  3. Ist das hier ein Android-Blog, oder was? Ich habe absolut nichts gegen einen Blick über den Tellerrand, aber die Android-Artikel häufen sich wirklich langsam. Android’s Schwächen sind hinlänglich bekannt, insbesondere die Sicherheits- (keine Updates) und Performancedesaster. Sehe an diesem Smartphone bis auf die Kameraaussparung, die wahrscheinlich keinen guten Effekt bei nicht angepassten Apps und auch bei Viceos haben dürfte, nichts Spektakuläres. Ich denke, Apple wird das im Herbst übertreffen können!
    • Gefühlt jede Woche bringt irgendein Anbieter ein neues Android-Smartphone heraus. Die allermeisten sind uns nicht einmal eine Short News Wert. Aber wenn der Gründer von Android (der als Softwareentwickler bei APPLE begann) eigene Hardware zu seiner Software präsentiert, ist für den ein oder anderen schon interessant, wie diese Hardware dann aussieht. Zumal das Gerät in der Oberliega spielt und APPLES iPhone direkt Konkurrenz machen soll. Auch der Heimassistent könnte APPLE Konkurrenz machen sobald Cupertino ein entsprechendes Produkt präsentiert. Für Aktienbesitzer vielleicht nicht ganz unwichtig. Nicht zuletzt zeigt die geplatzte Finanzspritze APPLES erheblichen Einfluss.
  4. Respekt! Das Smartphone ist meiner Meinung nach die einzige wahre Konkurrenz für das iPhone. Samsung wird nur als Konkurrent aufgeführt, weil sie viel Masse haben, ansonsten verkaufen die Südkoreaner nur Müll. Dieses Smartphone verkörpert das, was das iPhone früher mal getan hat… INNOVATION
  5. Irgendwie fehlt mir bei dem Ding die Sensation. Der Urvater von Android, ein Mann mit Ideen, kündigt ein großartiges Smartphone an und raus kommt ein auf Hübsch getrimmter standard Androide mit dickem Datenblatt. Das machen viele und warum soll ich einem Rookie 750€ in den Rachen werfen wenn ich weiß, dass Apple, Huawei und Samsung sich nicht ganz ohne Grund etabliert haben. „Hey Siri, erinnere mich in 5 Jahren nachzuforschen ob das Essentials ein Update au Android T erhält“ das wäre eine Sensation
  6. Endlich mal jemand der in der Branche erkennt, dass Android eigentlich viel zu viel verhunzt wird… Ich bleibe Apple mit Sicherheit treu, einfach aufgrund der Qualität der Hardware. Aber dieses Telefon hier wäre fuer mich die Alternative im Android Markt. Anschauen werde ich mir das definitiv. ??
  7. Ich muss ehrlich sagen, dieses Handy fasziniert mich! Vielen Dank für euren Artikel! Solch ein Handy ist doch mal etwas, über das es sich lohnt, zu berichten. Würde dieses Ur-Android jetzt noch einen festen Screenreader haben, wie voiceover immn IOs, würde ich ernsthaft nachdenken.

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