Apple plant das Zauberwort von „Hey Siri“ in „Siri“ zu verkürzen. Ich finde das gut, erspart es mir doch die allzu vertrauliche Anrede einer Frau, die ich im Grunde kaum kenne.
Speech Interpretation and Recognition Interface
Siri – so will es die Legende, war eine Frau. Und auch nicht, denn das Akronym S-I-R-I stand mal für „Speech Interpretation and Recognition Interface“. Das war 2007 und die Entwickler gründeten damals eine Firma gleichen Namens, die – angeblich – auch nach einer ehemaligen Kollegin des CEO Dag Kittlaus benannt wurde. Nebenbei: Siri wird der Name in Schweden geschrieben, in Finnland und Estland aber Siiri. Und ja, es gibt auch heute noch viele Menschen mit Vornamen Siri. Übrigens auch Alexia: Ich kenne eine junge Frau, deren Ansprache in geschlossenen Räumen vermieden wird. So gesehen kann die Siri-Geschichte als Gründungsmythos der drei Sprachassistenten mit weiblichen Vornamen dienen, denn auch Cortana ist ein weiblicher Vorname (nebenbei: Microsoft taufte seine Software ausschließlich in China in Xiao Na um).
Ewig Beta
Wie auch immer, Apple kaufte das junge Unternehmen 2010 und baute Siri mit dem üblichen großen Tamtam in das iPhone 4S ein. Das war 2011 und eine klitzekleine Kleinigkeit hätte uns schon damals stutzig machen sollen: Bis 2013, bis zum iOS 7, hatte Siri einen Nachnamen: Beta. Das war ein ziemlich ungewöhnlicher Schritt für Apple und zeigte entweder ihre Unsicherheit oder den wohlgemeinten Rat von Produkthaftungsanwälten.
Innovationsspeerspitzenvorreiterunternehmen Apple
Man mag es heute kaum noch glauben, aber der eingekaufte, nicht selbst entwickelte, Sprachassistent war die Speerspitze der Innovation, das richtige heiße Tech-Zeug, der Traum von uns Nerds, die mit ihrem Computer reden wollten und der endlich eine Stimme wie auf der Enterprise (übrigens von Majel Barrett) hatte. Das ist lange her.
Besser als ihr Ruf und doch nicht gut
Siri scheint aber besser als ihr Ruf, denn seriöse Vergleiche betonen immer wieder, dass Siri die beste Systemintegration bietet und zum Beispiel Geräte zuverlässig steuert, auf der anderen Seite schlechter ist, wenn die Syntax nicht perfekt oder die Suche sehr offen formuliert ist – da spielen Amazon (Erkennen) und Google Assistant (Suche) ihre Stärken aus. Man könnte sagen, Siri ist die Fleißige für Standardaufgaben, Alexa die beste Zuhörerin und Google Assistent die Schlaumeierin (warum gab es hier keinen Versuch der Namensgebung? Mein Vorschlag lautet Milton – bitte die Erfindung des Namens Googol (richtig geschrieben!) googlen!). Reicht Fleiß für eine gute Nutzung? Im Arbeitszeugnis stünde: Siri war stets bemüht.
Verspielter Vorsprung
Der Branchenverband Bitkom veröffentlichte im August 2022 eine Studie, was man mit diesen Sprachassistenten eigentlich so im Alltag macht. Die Top 3 der Anfragen an unsere digitalen Helferlein sind: Geräte steuern, Musik / Radio hören und Anrufe starten. Das sollte doch eigentlich für die Entwicklungsabteilung eines Billionen-Dollar-Unternehmens zu leisten sein. Warum Apple hier den Innovations-Vorsprung so verspielt hat, erscheint rätselhaft. Zu träge? Zu satt? Zu groß? Angst? Wer eine Antwort weiß, schreibt sie bitte in die Kommentare.
Alleinstellungsmerkmal
Auch wenn Menschen mit zu hohem Blutdruck von Siri abgeraten werden muss, so hat unser kleiner Freund (ja, er heißt auch mit männlicher Stimme inkonsequenterweise Siri) doch den Beinamen (Zitat Apple) „der sicherste intelligente Assistent“. Vergessen wir kurz die Intelligenz, so muss man Siri doch zugutehalten, dass sie weitaus weniger Daten erhebt als ihre Schwestern. Angeblich über eine Zufalls-ID anonymisiert, die nach einem halben Jahr gelöscht wird (geht übrigens auch manuell). Und, das wohl als wichtigstes Argument, Apple verlangt die Zustimmung zur (späteren) Analyse der Audio-Dateien. Siri ist also nicht nur die Fleißige für Standardaufgaben, sondern auch wesentlich verschwiegener.
3 Gedanken zu „Siri oder Hey Siri? Die wechselvolle Geschichte einer guten Idee (Die Kolumne)“
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