Deutsche Bahn - Symbolbild

13. Juni 2022

Roman van Genabith

Datenschutz Fehlanzeige: DB Navigator schnüffelt Bahnreisende aus

Die Deutsche Bahn schlittert womöglich in eine handfeste Datenschutzaffäre hinein. Ihr DB Navigator sammelt offenbar reichlich Nutzerdaten und das womöglich nicht in Übereinstimmung mit der DSGVO. Datenschutzexperten haben die App daher schon seit Monaten unter Beobachtung und drohen nun mit rechtlichen Konsequenzen.

Die Deutsche Bahn hat in den letzten Jahren reichlich an ihrem Image als digitaler Verkehrskonzern gearbeitet. Obzwar noch immer zu viele Funktionen und Bereiche der diversen Onlineoptionen im Bahn-Kosmos erschreckend instabil und undurchdacht erscheinen, kann man dem Staatskonzern dennoch einige Fortschritte bei der Digitalisierung der Bahnreisen bescheinigen. Leider scheint die Bahn sich auch einige der schlechten Angewohnheiten der Digitalkonzerne angewöhnt zu haben: Eine davon ist die Lust am Sammeln von Nutzerdaten zu Werbezwecken.

Der DB Navigator sammelt (zu) viele Daten

Der DB Navigator ist das Universalwerkzeug der Deutschen Bahn. Es gibt zwar noch weitere Apps, aber die meisten Bahnreisenden werden für Reiseauskunft, Ticketbuchung oder Fahrkartenkontrolle früher oder später im DB Navigator landen, gerade nach dem Start des 9-Euro-Tickets. Genau der sammelt allerdings jede Menge Nutzerdaten, nämlich nicht nur die Logindaten des Bahn-Profils und Standortdaten sowie Hard- und Softwaredetails, die ganz ordnungsgemäß verschlüsselt an die Bahn gehen, sondern auch Daten zum Nutzungsverhalten der App.

Die gehen an Adform, einen dänischen Datendienstleister, der Daten zu Werbezwecken sammelt und sie für Kunden attraktiv aufbereitet, wie die Stiftung Warentest herausfand. Bei der Bahn liest sich das so:

Adform verwende im Auftrag der Deutschen Bahn pseudonymisierte Nutzerprofile, „um gezieltere, nutzungsbasierte Online-Werbung auszusteuern“.

Die Daten fließen unter anderem in Werbemodelle von Google oder Doubleclick. Die Bahn sieht diese Handlungsweise von der DSGVO Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe a gedeckt, Datenschutzexperten sind anderer Meinung.

Sicherheits- und Datenschutzexperten sehen das freilich anders: Sie zweifeln an, dass die DSGVO eine Grundlage für dieses Datennutzungsverhalten hergibt.

Datenschutzaktivisten um Mike Kuketz, Peter Hense und padeluun forderten die Bahn daher schon vor Monaten in einem offenen Brief zum Nacharbeiten auf. Die Datenschützer stören sich auch daran, dass das Ablehnen von Cookies erschwert werde: Nutzer könnten nur zwischen allen voreingestellten und technisch notwendigen Cookies wählen, wobei die Annahme aller Cookies optisch appetitlicher gestaltet wurde. Ein solches Verhalten zählt zu den sogenannten Dark Patterns, Konzepten, die wegen ihrer manipulativen Ausrichtung massiv kritisiert werden.

Am 01. Juli erfolge die nächste Prüfung der DB Navigator-App, kündigten die Experten an. Sollte bis dahin keine Besserung eingetreten sein, drohen rechtliche Schritte.

Was Reisende tun können

Bahnreisende sind der Datensammelwut der Bahn allerdings nicht hilflos ausgeliefert. Zumindest Käufer des 9-Euro-Tickets haben eine Alternative: Sie können die eigene 9-Euro-Ticket-App der Bahn nutzen. Diese sammelt keine zusätzlichen Nutzungsdaten, so die Experten von Warentest.

8 Gedanken zu „Datenschutz Fehlanzeige: DB Navigator schnüffelt Bahnreisende aus“

  1. Danke für den Beitrag, Staatskonzern ist jedoch nicht ganz richtig :). Wäre es so gäbe es sicher nicht so viele Probleme 😂
    • Völlig richtig. Und wir sind eine kommerzielle Publikation, betrieben von einem kommerziellen Unternehmen. Wir können und tracken, wie es unserer Anzeigenleitung gefällt. Für einen Staatskonzern im Auftrag des öffentlichen Wohls und Daseinsvorsorge gelten andere Kriterien.
      • Während die Bahn dafür verantwortlich ist, das es der Öffentlichkeit wohl geht, entscheidet ihr euch dafür, dass es der Öffentlichkeit unwohl geht? Das wäre deine Logik hinter dieser Aussage. Ich hoffe, dass die Bahn möglichst viel Geld durch Werbeeinnahmen macht und dadurch dauerhaft Steuergelder einspart und Fahrtkosten vergünstigt. Das tut der Öffentlichkeit sehr wohl, denke ich.

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