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Kommentar: Mit 3,5-Zoll fing alles an. Ein Display, das 2007 als perfekte, mobile Größe galt und heute teilweise nur noch belächelt wird – auch wenn es noch einige Nostalgiker geben mag, die 3,5-Zoll immer noch als die perfekte Größe ansehen. Doch Displaygrößen änderten sich im Laufe der Zeit enorm, denn Inhalt benötigt Platz.
Das iPhone gab ganz klar den Startschuss für das mobile Ansurfen des World Wide Web. Der folgende App-Store, mit seiner Eigenschaft dem Gerät Millionen von neuen Funktionen zu verschaffen, katapultierte das World Wide Web thematisch wieder zurück. Erst das iPad in 2010 brachte dem Nutzer (wieder) das Gefühl das ganze Internet in Händen zu halten, denn das bekannte WWW konnte in der Vollansicht aufgerufen und genutzt werden. Webseiten sind seit diesem Punkt nie öfter auf einem Tabletgerät angesurft worden, denn das große, mobile iPad-Display macht diese Gerätenutzung schnell, ortsunabhängig und einfach. Mit den beiden Bildschirmgrößen 3,5-Zoll und 9,7-Zoll waren zwei Größenverhältnisse geschaffen, die beide auf ihre eigene Art den nötigen Platz für den gewünschten Inhalt und dem damit verbundenen Anwendungsfall boten.
Heute sieht die Displayangelegenheit schon wieder ganz anders aus. An 3,5-Zoll denkt heute kaum noch jemand – und wer es in Händen hält, der schmunzelt vielleicht nur noch. Selbst ein iPhone mit einem 4-Zoll-Bildschirm wirkt wie ein Kinderspielzeug, wenn man es neben ein iPhone 6 oder ein iPhone 6 Plus hält. So toll jedes Gerät für sich selbst ist und war – egal wie schnell ein Prozessorherz arbeitete oder ein WLAN-Chip runterlud – es war immer auf die Größe seines Displays beschränkt. 2012 lehrte und zeigte dies mehr als deutlich, als das iPad mini mit seinem 7,9-Zoll-Bildschirm in eine scheinbar nichtbekannte Nische rückte und dennoch den gleichen, vertrauten Anwendungseffekt wie sein großer Bruder anbot. 2014 wurde der Kartenstapel neu durchgemischt und zwei neue Karten daraus gezogen. So stehen sich heute vier mobile Displaygrößen (4,7-Zoll, 5,5-Zoll, 7,9-Zoll und 9,7-Zoll) gegenüber. Vier Optionen zwischen denen der Nutzer wählen und entscheiden kann, wenn es um den nötigen Platz für den Inhalt geht.
Jedes Modell – unabhängig ob iPhone, iPad oder Mac – wurde in seiner Laufbahn immer dünner und zeitgleich doch auch leistungsfähiger. Ernster noch – die Evolution machte alle Kategorien mobiler und ortsunabhängiger denn je. Ein Mac ist heute somit schon lange kein stationärer Rechner mehr, sondern auch ein mobiler Computer für etliche Anwendungsgebiete. iPod, iPhone und iPad erlebten diesen Wandel nie, da sie schon immer genau auf dieser Laufbahn standen und nur jährliche Evolutionshürden überspringen mussten, um bis heute an einem gewissen Ziel zu stehen. Apples Produktkategorien unterscheiden sich gerätetechnisch absolut und arbeiten doch alle softwaretechnisch miteinander und das teils nahtlos. iCloud und Handoff seien hier als Schlagworte erwähnt. Wichtigstes Hauptmerkmal ist demnach das gemeinsame Arbeiten in einem Ökosystem und das bereitstellen der Daten auf einer psychologischen Art – der Wahrnehmung. Medien, und das betrifft Musik, Videos, Bilder und Texte, nimmt man unterschiedlich wahr und auch unterschiedlich auf. Der iPod erledigte dies ab 2001 akustisch, in dem er Musik, Podcasts und Hörbücher tragbar und überall wahrnehmbar machte. Das iPhone und das iPad machten mit ihrem Start jeglichen visuellen Inhalt auf einem tragbaren Display sichtbar. Und die Apple Watch hat ein ganz neues Ziel im Auge.
Die Apple Watch ist Apples jüngstes Mitglied im Ökosystem. Anhand der Kopplung mit dem iPhone arbeitet sie nahtlos mit dem Apple Handy zusammen und somit auch mit allen anderen Geräten im Ökosystem. Der Aspekt der Wahrnehmung ist an der Apple Watch mehr als wichtig. Anhand ihrer äußerlichen Modeerscheinung wählt der Nutzer das passende Modell für sich und entscheidet sich somit für ein Fashionprodukt, womit er sich – im besten Fall – identifizieren kann. Gleichzeitig entscheidet er sich aber auch für ein Gerät, welches ihm visuelle, akustische und fühlbare Wahrnehmungen vermittelt. Das Display einer Apple Watch mag im Verhältnis zu einem iPad winzig erscheinen, doch der Funktionsumfang der beiden Geräte könnte nicht unterschiedlicher sein. Man muss sich heute ganz klar entscheiden, mit welchem Gerät man welche Handlung ausführen möchte, wieso man sich so entscheidet und was der Mehrwert dieser Entscheidungen ist. Somit ist das iPad sicher ganz klar die erste Wahl für das visuelle Betrachten von Inhalten, die viel Aufmerksamkeit benötigen – das Lesen von Schriftstücken oder vielleicht auch das Betrachten eines Filmes. Das iPhone ist, über den Tag verteilt, das mit Sicherheit am meisten genutzte Gerät. Es ist immer dabei und bietet heute anhand seiner zwei neuen, größeren Displaygrößen mehr Freiheit und Interaktion als zuvor. Lesen ist angenehmer, Fotos bearbeiten detaillierter und von Spielen sieht man beim Zocken auch mehr. Die Apple Watch schlägt hier mit ihren zwei Displaygrößen ein Brücke in das bekannte Konstrukt. Sie möchte gar nicht mit dem iPad und dem iPhone konkurrieren, sondern mit ihrem Formfaktor am Handgelenk gewisse Arbeiten/Interaktionen abnehmen und sich somit einzeln positionieren. Das kleine Display nimmt hier eine ganz bestimmte Rolle ein, denn es ist permanent sichtbar und nicht blind in der Hosentasche verstaut.
Das Display ist das wirkliche Hauptmerkmal eines jeden der bisher genannten Geräte. Es ist nicht wichtig wie groß es ist, sondern was es anhand seiner Größe bietet und leistet. Apples tragbarer Computer am Handgelenk zeigt mit Taptic-Engine und ForceTouch, dass ein Display mehr leisten kann, als Inhalt in Pixelform zu visualisieren. Es fordert eine neue Art der Interaktion. Kein bisher bekanntes Display in Kombination aus Wischgesten und hoher Pixeldichte, sondern ein wahrnehmbares, ein fühlbares Display. Die Veränderung des Displayinhalts nicht nur sehen, sondern auch fühlen können. ForceTouch in Kombination mit der Taptic-Engine leistet genau dies. Eine Interaktion auf dem Display wird als Vibrationsmuster bestätigt und vermittelt dem Nutzer eine Resonanz – die Bestätigung eines Befehls. Wie die Bleistiftmine auf einem Blatt Papier, welche man beim Schreiben auf dem Papier gleiten hört und fühlt – die Bestätigung eines Befehls. Auch das Mitteilen von Displayinhalt – ein Push beispielsweise – führt die smarte Armbanduhr anhand von fühlbaren Interaktionen durch. „Es tippt dich jemand an, wenn es etwas neues gibt.“ Ich gebe zu, dass dies nicht spektakulär klingt und dies auch das iPhone dank seines Vibrationsmotors schon seit Jahren beherrscht – stumm und teils unbemerkt in der Hosentasche. Das Handgelenk ist hier nochmals eine ganze andere Hausnummer und zeigt einen gewissen Wandel auf. Es ist wie das iPhone in 2007, das die Bedienung eines Multi-Touchscreen demonstrierte, Gesichter und Stimmungen verziehen ließ, dennoch den Umgang damit lehrte und heute zu einem Standard jeglicher Smartphonekonzepte, besser noch – jeglicher Hardwarekonzepte – machte.
iPhone, iPad und Mac sind, so wie man sie heute sieht und kennt, nahezu perfekt. Was man mit ihnen erledigen möchte, erledigen sie teils meisterlich. Und doch wären alle nichts, wenn sie nicht das Display als direkte Wahrnehmungsschnittstelle hätten. So ist es an der Zeit, dass die Geräte nicht jährlich dünner werden, die Prozessoren höher und schneller schlagen oder WLAN- und LTE-Chips schnellere Übertragungsraten bieten. Das Hauptmerkmal – und damit meine ich das mit dem Gerät am wichtigsten verknüpfte Merkmal – ist die Funktionserweiterung des Displays. Inhalt muss fühlbar werden, auf neue Art wahrgenommen werden können und dies vielleicht auch schon vor der Entstehung oder direkt bei der Entstehung – um nochmals den Bleistift zu erwähnen. Die Apple Watch zeigt diesen Wandel. Auch die Barrierefreiheit von sehbehinderten Menschen profitiert davon. Siri liest heute schon den Bildschirminhalt für Blinde oder schlecht sehende Menschen vor – die Apple Watch macht ihn aber halt auch fühlbar und kann somit einen blinden Menschen auch per Taptic-Engine am Handgelenk navigieren. Eine sehende Kartennavigation wird somit in fühlbare Impulse umgesetzt. Man erkennt nun vielleicht schon eher, wie sich der bisherige Bildschirminhalt transformiert und auf ganz andere Art verstanden werden kann. Und auch das iPhone und das iPad sind an dem Punkt angekommen, wo sie diesen Wandel erleben müssen.
Ein iPad Pro ist schon lange ein Gerücht in der Technikbranche. Allerdings sehe ich den Sinn dahinter bisher nicht wirklich. Zwar würde ein größeres iPad mit einem mutmaßlichen 12-Zoll-Display viel Platz für Inhalt bieten, doch erschließt sich mir der Mehrwert nicht – auch nicht in Kombination mit Software, welche einen Splitscreen realisieren würde und somit zwei Applikationen nebeneinander visuell laufen lassen kann. Das große Display eines solchen Gerätes muss etwas ermöglichen, was ein bekanntes iPad bisher nicht kann. Ein druckempfindliches Display mit Resonanz wäre hier das Zauberwort. Sofern ein mögliches iPad Pro sich nicht von seinen Displayinteraktionen anderer bekannter Geräte abhebt, macht das iPad Pro keinerlei Sinn. Und wenn man diese Thematik mal genauer betrachtet, dann ist das MacBook 2015 mit seinem 12-Zoll-Display demnach schon das gewünschte iPad Pro. Die Portabilität, die Leistung und das Hardwaredesign rechtfertigen diese Aussage.
Von 2007 und 2010 will heute niemand mehr etwas wissen, geschweige denn etwas von 2001 hören – außer vielleicht die Nostalgiker. Das Jahr 2015 erschließt ganz neue Wege und zeigt auch, dass ein Display noch viel mehr kann und können muss. Das Display wurde lange Zeit viel zu wenig beachtet. Stattdessen überschlug man sich bisher mit Kennzahlen von Prozessorgeschwindigkeiten, RAM-Speicher, maximaler Übertragungsgeschwindigkeiten von WLAN- und LTE-Chips, der Pixeldichte eines Displays oder der Option ein Gerät auch in der Farbe Gold wählen zu können. Alles keine unwesentlichen Punkte, aber auch keine wirklichen Kernthemen, wenn man ganz genau hinschaut und um die Ecke denkt. Zwar hat das Display durch seinen Retinasprung in allen Kategorien (iPhone, iPad und Mac) einen mittlerweile festen Standard erlangt und doch wirkt es vernachlässigt und in die Jahre gekommen. Die Apple Watch zeigt nun, dass man sich bei Apple um die Interaktion mit dem Bildschirm Gedanken macht. Bei der Apple Watch vielleicht in erster Linie aufgrund des Platzmangels, doch hoffentlich auch bei dem iPhone und dem iPad, um den Geräten einen neuen, anwendungsspezifischen Mehrwert zu verpassen, wodurch der Inhalt des Displays bald schon eine ganz neue Rolle spielen könnte. Das Display wird somit nicht nur ein Fenster zum Inhalt, sondern viel mehr die Schnittstelle zur Inhaltswahrnehmung.
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26 Gedanken zu „Das Display – Fenster zum Inhalt“
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