Kommentar: Microsoft ist jedem ein Begriff. In erster Linie assoziiert man damit Windows und Bill Gates. Erst dann folgen bekannte Produkte wie das Office mit seinem Outlook, Word, Excel und PowerPoint. Der Erfolg der Firma lag schon immer in der Lizenzierung seiner Softwareprodukte, welche zur Massenverteilung beitrug und das Betriebssystem zum Marktanführer machte. Doch nur weil Denkweisen funktionierten, heißt das nicht, dass diese auf Ewig funktionieren.
Bill Gates ist ohne Zweifel ein Computergenie – das betrachte ich bis heute so. Ihn mit Steve Jobs zu vergleichen wäre einfach falsch. Jobs der Visionär einer Idee – Gates der Umsetzer eines Softwarekonzepts. Gerade das ist mit Sicherheit der Grund dafür gewesen, dass Gates Praktikant bei Apple war. Dem Mac fehlten in damaligen Zeiten hauseigene Programme zur Verarbeitung von Text und Zahlen. So wurden Word und Excel für den Mac entwickelt und von Bill Gates kleiner Firma Microsoft produziert und stetig weiterentwickelt. Office fand somit den Start auf dem Macintosh und erst viele Jahre später auf der Windowsplattform. Bill Gates erkannte dennoch die Wichtigkeit einer Computerplattform und so ist es kein Wunder, dass er sich irgendwann an sein bekanntes Windows setzte und ihm eine grafische Benutzeroberfläche verpasste. Es war nur eine Frage der Zeit, bis der Mac ernsthafte Konkurrenz erhielt. Der dadurch entstandene Krieg zwischen Apple und Microsoft und somit zwischen Jobs und Gates war begonnen und zog sich viele Jahre durch die Technikhistorie. Die bekannte Videoreihe „Mac vs. PC“ gilt nur als Sahnehäubchen der letzten Kriegszeit. Heute ist dieser Zoff nicht mehr nennenswert und auch nicht mehr relevant, denn das mobile Zeitalter zeigt ganz klar, dass die Kontrahenten in anderen Gewässern schwimmen.
Den Sprung vom Turm in dieses mobile Gewässer verpasste Microsoft zunächst gänzlich. Sinnlose Argumentationen seitens Steve Ballmer, der das iPhone nur belächelte, gar auslachte und den eigenen Zune in den Vordergrund stellte, zeigen das ganz deutlich – er behielt mit seiner Meinung nicht recht. Das iPhone ist seit 2007 das meist verkaufteste Smartphone eines einzelnen Technikunternehmens. Microsoft hat mit Windows eine Plattform geschaffen, auf die jeder aufspringen konnte/kann. Der Kunde hat die Möglichkeit einen Computer zu erwerben und sich für Windows zu entscheiden. Hardware und Software aus zwei verschiedenen Händen – nicht unbedingt schlecht, aber das komplette Gegenteil des Apple-Konzepts. Das Windowskonstrukt als WindowsPhone an Hersteller zu lizenzieren, sollte ähnlich fruchten wie auf der PC-Ebene. Der Absprung kam aber viel zu spät. Der Zune kann somit als einer der größten Fehler in Microsofts Geschichte betitelt werden. Ein Produkt, das dem iPod die Stirn bieten sollte und später das iPhone in Bedrängnis treibt. Auf das iPad und den damit stetig anhaltenden Wandel zur Post-PC-Ära regierte man Jahre später mit einer Kombination aus Tablet mit Hardwaretastatur – kein schlechtes Konzept und weiterhin sehr interessant wirkend. Doch auch dieser Absprung bekam nur eine 4 auf der Richterskala. Microsoft ist nicht mehr das unangefochtene Glanzstück einer Technikindustrie – das war einst so auf dem Desktop, doch nicht auf allen anderen Plattformen.
Sie haben den Absprung vergeigt und sich damit gerühmt sich in ihrem Desktopgewässer bestätigt zu fühlen. Und dennoch möchten sie Dinge verändern und die Zukunft neu aufgreifen. Windows 8 zeigte ganz klar, dass man mobile und desktopbasierte Plattformen auf einen Nenner bringen möch
te. Dieser Sprung war ein Fehlstart. Vor allem für Nokia, welche von dem kommenden Erfolg abhängig waren und in kleinen Stichen den Todesstoß erhielten. Nun behält Microsoft die Lumia-Reihe in den eigenen Händen und macht mit „Microsoft Lumia“ das Beste daraus. Auch das hauseigene Surface ist eher Ladenhüter als Verkaufsprodukt – so interessant das Konzept auch wirken mag.
Doch etwas bewegt sich im Redmondmeer. Eine neue Welle schwappt heran und möchte alte Konzepte berieseln. Windows 10 ist dafür Richtungsweisend. Windows 9 ist Windows 10 – das wissen wir mittlerweile. Mit dem neuen Windows verfolgt der Konzern eine ganze neue Denkweise. Ein Betriebssystem für jedes Gerät. Somit ist Windows immer Windows. Auf dem Smartphone, dem Tablet, der Spielekonsole und dem Notebook- und Desktopcomputer. Ein Tablet erhält somit ab einer bestimmten Displaygröße auch den bekannten Startbutton und die Taskleiste. Ob das aber alles praxistauglich sein wird, bleibt noch abzuwarten. Doch dieses Konzept ist für die Redmonder neuer und wichtiger denn je und lässt erahnen, dass sich Veränderung auftürmt. Ohne Veränderung und Ausgliederung der Plattform wird diese langsam dahinvegetieren und sterben. Dies lässt sich auch an dem eingestellten Support für Windows XP, Windows Vista und Windows 7 stark erkennen. Denn niemand will upgraden, wenn er ein OS nutzt, mit dem er zufrieden ist und zurechtkommt. Ein mittlerweile fast 14 Jahre altes Windows XP wird somit bis heute noch stiefmütterlich geliebt und genutzt.
Ich sehe in Microsoft eine starke Umstrukturierung des Konzerns. Windows 8 und Windows 8.1 werden auch keine all zu lange Zeit mehr Support erhalten – die Verkaufszahlen würden das sowieso rechtfertigen.
Windows wird künftig in nur einer Version auf allen Geräten fungieren. Das Microsoft-OS ist somit keine reine Plattform mehr, sondern ein Service. Das erklärt auch das kostenlose Update auf Windows 10. Erst wer ein Jahr nach dem Release zu spät kommt, der muss für das Upgrade zahlen. Eine clevere Taktik, denn so holt man alle ins Boot und bringt sie auf möglichst vielen Geräten auf einen Servicepunkt. Windows wird ein Service – das steht fest.
Doch auch im Allgemeinen wandelt sich Microsoft zum Serviceanbieter. Der Cloudspeicher OneDrive, Office 365, die Suchmaschine Bing und das Video-, Audio- und Chatportal Skype sind alles hauseigene Dienste – welche auch auf anderen Plattformen wie iOS und OS X genutzt werden können. Microsoft wandelt sich mehr denn je. Es geht scheinbar nicht mehr darum Version für Version zu veröffentlichen, diese für viel Geld zu verkaufen und auf hohen Profit zu hoffen. Die Köpfe hinter dem Konzern haben gemerkt, dass dieses Konzept nicht mehr überleben und funktionieren kann.
In Zukunft könnte sich dieser Wandel weiter ausbauen: Windows wird somit nicht als Software, sondern als Lizenz fungieren und weiterleben, so die Mutmaßung. Diese Lizenz wird jährlich bezahlt und kann auf mehreren Geräten genutzt werden. So wird jedes Gerät stetig auf einem Nenner gehalten und verhält sich mit anderen Geräten immer synchron. Kein Softwarekauf sondern eine jährliche Miete – ein Abo-Modell wie es Adobe und andere Hersteller schon längere Zeit vollziehen. Du kaufst dir kein Windows mehr, du klickst es dir für ein Jahr und verlängerst es bei Gefallen einfach mit einem weiteren Klick. So ist es auch mit OneDrive und Office 365 – ein Service für alle Geräte und Plattformen. OneDrive zeigt ebenso ganz klar, dass Cloudcomputing wichtiger denn je ist. Wieso sollte Windows also künftig nicht auch in der Cloud laufen? Die Xbox erhält schon heute ihren Mehrwert und ihre Leistung aus der Cloudunterstützung. Denkweisen über die man spekulieren kann und die doch genau so eintreffen könnten.
Die Entwicklung von Microsoft wirkt spannender denn je, denn noch ist ungewiss zu welchen Konditionen der Konzern seine Servicesparte umsetzen wird. Wird auf Windows alleine gesetzt oder koppelt man Windows mit OneDrive und Office365 zusammen?! Oder trennt man Betriebssystem penibel von weiteren Serviceleistungen? Mit Geschick und guter Vermarktung für Privatpersonen und Firmen, könnte jeder das passende Paket wählen welches seinen Bedürfnissen entspricht – ohne Update- und Kompatibilitätsproblematik. Der redmonder Softwarekonzern hat scheinbar endlich verstanden, dass ein Wandel nötig ist. Denn wer im heimischen Meer nach Luft schnappt, der muss dieses verlassen, damit er auf lange Sicht in der Technikbranche mitschwimmen kann. So paddelt Microsoft derzeit aus der bekannten Bucht hinaus und schwimmt in großen Zügen in eine große Umstrukturierungswelle hinein.
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19 Gedanken zu „Microsoft – die Entwicklung zum Serviceanbieter“
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