Die groß angekündigten Anti-Tracking-Funktionen von iOS 14 sind vorerst verschoben – damit kassiert Apple den ersten Rückschlag im Kampf gegen Werbefirmen wie Google oder Facebook. Ein Kommentar.
Apple mag große Worte, das konnte man auch der Präsentation der neuen Funktionen gegen (Werbe-)Tracking in iOS 14 ansehen. Der Funktion wurde wertvolle WWDC-Bühnenzeit eingeräumt – und jetzt ist sie erstmal auf Eis gelegt. Gestern Abend gab Apple bekannt, dass die erforderliche Einwilligung der Nutzerinnen und Nutzer in das Tracken über App-Grenzen hinweg – vor allem für Werbefirmen spannend – erstmal nicht mit iOS 14.0 erscheint, die neue Funktion kommt erst 2021.
Facebooks Kritik zeigt ein bisschen Wirkung
Das Verschieben der neuen Funktion bedeutet selbstverständlich nicht, dass Apple einen komplett Rückzieher macht, mit dem kommenden Jahr und einem potentiellen iOS-Update wird die explizite Einwilligung zum Tracking eben erst etwas später verpflichtend. Dennoch wirkt die Verschiebung wie ein kleiner Rückzieher im Kampf mit Facebook und Google, im Kampf um die Hoheit über die Privatsphäre der Anwender. Vor allem Facebook hatte massiv gegen Apples neue Funktion gewettert und große Einbußen in den Werbeeinnahmen vorausgesagt. Diese Kritik schien in Cupertino erstmal nicht auf offene Ohren zu stoßen, immerhin sollte die Funktion das dubiose Geschäft mit Werbung ein wenig eindämmen.
Doch es kam, wenn auch eher unerwartet, anders: Apple knickte ein und kassierte das erste Gegentor im Duell mit den namhaften Werbetreibenden. Diese symbolische Niederlage in der Zwischenwertung nimmt Apples Anliegen nicht den Sinn, allerdings stärkt sie die Position von Facebook in weiteren Auseinandersetzungen, obwohl die neue Funktion eigentlich genau das Gegenteil bewirken sollte. Die Werbetreibenden hatten, nimmt man eine Veröffentlich von iOS 14 noch in diesem Monat an, genau wie alle anderen App-Entwickler seit der WWDC drei Monate Zeit, um sich auf die Neuerungen – positiver und negativer Natur – einzustellen. Facebooks Größe scheint an dieser Stelle dann aber doch für eine Sonderbehandlung auszureichen. Während kleinere Entwickler mit unsinnigen App Store-Ablehnungen kämpfen, muss Facebook nur vernehmlich rufen und bekommt eine Extrawurst, Gleichbehandlung sieht anders aus. In Apples Interesse kann eine öffentliche Auseinandersetzung dieser Art kaum sein.
Der digitale Beipackzettel kommt
In Sachen Privatsphäre ist iOS 14 jetzt aber trotzdem nicht komplett für die Tonne, eher im Gegenteil: Die beschriebene Neuerung kommt ja eben doch, nur mit leichter Verspätung. Und auch andere Funktionen schaffen mehr Transparenz und im Idealfall eine größere Aufmerksamkeit der Nutzer für gewisse Datenschutz-Problematiken. Im App Store erhalten alle Anwendungen mit dem Herbst-Update beispielsweise einen kleinen Beipackzettel, auf dem sämtliche Daten gelistet sind, die eine App abfragt, ein neues Dokument für Entwickler gibt Aufschluss über die entsprechenden Details.
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