Apple  beabsichtigt völlig überraschend nun wohl doch, voraussichtlich ab iOS 17 alternative App Stores auf dem iPhone und iPad zuzulassen. Es ist keine Idee eines freien Marktes (nach Adam Smith) oder die Einsicht, dass Monopole schlecht und Konkurrenz etwas Gutes sind (belebt das Geschäft), sondern schlicht die Angst vor der Politik, vor einer gesetzlichen Regelung von Digitalmärkten, wie sie die EU mit den beiden Verordnungen Digital Services Act (gilt ab 02. Mai 2023) und Digital Markets Act (gilt ab 17. Februar 2024) bereits vormachten. Doch muss die Möglichkeit eines alternativen App-Stores schlecht sein? Unsere Podcasthelden Lukas und Roman waren sich im Apfelplausch #270 gar nicht einig (hier nachzuhören). Versuchen wir eine Analyse:
Sicherheit
Eine große Sorge ist, dass ich mir Schadsoftware, Spionage-Apps, toxische Algorithmen und allen möglichen anderen Dreck aus dubiosen Quellen einfangen kann. Die Sorge ist grundsätzlich berechtigt und besteht bereits in jedem MAC-System. Dort gibt es schon immer die Möglichkeit Dritt-Apps zu installieren und ein MAC ist trotzdem (einigermaßen) sicher. Apple tut gut daran, die gleichen Sicherheitsmechanismen (Zertifizierung, Autorisierung, Warnungen) zu etablieren.
Aber ich gehe von einem anderen Szenario aus: Unsere kleine kalifornische Firma wird nicht einzelne Apps zertifizieren, sondern ganze Stores. Sie wird die Möglichkeit schaffen, einen App-Store der Firma Pear (reine Fantasie!) zu ermöglichen. Dieser Store muss sich an die Apple-Standards halten und seine Apps so kontrollieren, wie es Apple tut. So oder so… Apple wird das Thema Sicherheit aus wohlverstandenem Eigeninteresse auch bei anderen App-Quellen sehr genau kontrollieren. Ja, die App-Welt wird etwas unsicherer, dafür wird sie bunter. Wird es dramatisch gefährlich? Nein. Kann ich Sicherheit wie jetzt genießen? Ja, denn niemand wird gezwungen einen unsicheren App-Store zu benutzen und meine Algorithmen beim Dealer im Park bei Nacht vor dem Hauptbahnhof zu kaufen.
Preise
Ich bräuchte nur ein Wort zur Erklärung von Preisen: Marktwirtschaft. Angebot und Nachfrage regeln den Preis. Endlich werden App-Anbieter die Möglichkeit haben, andere Vertriebsquellen nutzen zu können. Funktioniert die Marktwirtschaft hier, wird das Spiel von Angebot und Nachfrage die Preise regulieren. Und weil es endlich Konkurrenz gibt, werden einige Preise sinken (nicht alle!) und weil die Entwickler endlich Wahlfreiheit (30 Prozent an Apple zu zahlen oder in einen anderen Store umzuziehen) haben, werden sie mehr verdienen können. Es ist kein Zufall, dass Apple in diesen Tagen ihr starres Preismodell aufgeweicht und den App-Entwicklern mehr Freiheiten eingeräumt haben. Wird das System dadurch unübersichtlicher? Ja, wie bei Streaming-Angeboten heute. Wird es schlechter? Nein, sowohl Anbieter (die Entwickler) als auch Nachfrager (wir Nutzer) werden profitieren.
Bedienerfreundlichkeit
Leider wird es nicht so einfach bleiben, wie es jetzt ist. App-Store, Knopf drücken, fertig. Es wird andere Quellen geben, die nach eigenen Mechanismen funktionieren werden, eigene Bezahl-Möglichkeiten haben und vielleicht eine eigene Logik. Ist das schlecht? Jein. Es kann schlecht sein, wenn es schlechte App-Stores gibt, komplizierte Wege zur Installation von Software, technische Hürden, die nur eine Informatik-Studentin im Master-Studiengang bewältigen kann.
Gewohnheit
Über ein Jahrzehnt wurden wir hübsch konditioniert. Apple = einfach = It just works. Das ist schon lange nicht mehr so, ein Blick in die Einstellungen-App beweist, was wir schon lange vermuten: Auch ein iPhone ist ein komplexes System, teilweise sogar kompliziert. Werden wir uns umgewöhnen müssen? Ja, alternative App-Stores sind etwas Neues, das wir Menschen aus evolutionärer Weitsicht erst einmal vermeiden. Wird es ein Problem sein? Nein, denn iPhone und iPad sind schon lange keine One-Click-Geräte mehr, schon längst musste ich mich an komplizierte Bedienungen gewöhnen.
Fazit
Nun? Sind alternative App-Stores gut oder schlecht? Vorausgesetzt, die Kontrollmechanismen für die Sicherheit funktionieren, können sie nur gut für den App-Markt und die Preise und damit für uns Nutzer sein. Sollte es mit der Sicherheit nicht funktionieren, dann werde ich mich entscheiden müssen, ob ich nur Apple-App-Store-Apps nutze oder das Risiko zwielichtiger Rotlicht-Software eingehe. Aber ich habe die Wahl. Und das ist gut. Wird es komplizierter, unübersichtlicher, weniger nutzerfreundlich? Ja, mit Sicherheit.
PS Unser Kolumnist Dr. Marco ist in Twitterferien, aber dafür auf Mastodon: fileccia@dju.social
8 Gedanken zu „App Store-Öffnung auf dem iPhone: Gut oder Schlecht? Lassen Sie uns reden! (Die Kolumne)“
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