Die Schlacht Epic gegen Apple ist eigentlich geschlagen. Apple erhielt vor einem US-Gericht in neun von zehn Punkten recht (und verlangt nun übrigens neun Zehntel der Anwaltskosten, in Summe 73 Millionen Dollar, von Epic zurück), aber in einem einzigen nicht: Die Möglichkeit alternativer Bezahlmöglichkeiten für In-App-Käufe, die Apple ermöglichen muss. Das oberste Gericht der U.S.A. der Supreme Court, lehnte jüngst eine Revision ab. Damit ist dieses Gerichtsurteil endgültig und unwiderruflich gültig. Noch deutlicher bei uns: Der Digital Markets Act in der Europäischen Union verlangt sogar alternative App-Stores auf iOS spätestens am 07. März 2024.
Entwickler dürfen das!
Kurz: Entwickler dürfen ihre In-App-Produkte (U.S.A.) und Apps (EU) auch ohne den App-Store verkaufen.
Warum sollten sie das tun? Weil es billiger ist, sagen wir zunächst, weil es billiger wäre! Wie wir wissen, verlangt Apple eine Provision für den Verkauf von Apps und auch für die In-App-Käufe von 30 Prozent und hat dies in einem seltsamen Anfall von Großzügigkeit am 01. Januar 2021 für kleinere Entwickler („Small Business Program“ für Einnahmen bis eine Million Dollar) auf 15 Prozent halbiert. Diese 30 oder 15 Prozent an Provision für Apple könnte ein Entwickler sich nun sparen, wenn er einen Paypal-Knopf oder Ähnliches einbaut. Darf er auch, aber… Apple verlangt pro Kauf trotzdem eine Provision! Abzüglich von 3 Prozent für die Zahlungsabwicklung (,die dann ja der Entwickler selbst und immer einkalkulieren muss), verlangt Apple 27 bzw. 12 Prozent für jeden In-App-Kauf außerhalb des Stores! Warum?
Weil dieses fantastischste Unternehmen des Planeten uns mit Technik beglückt hat, die es ohne diesen Segen für die Menschheit gar nicht geben würde. Ohne iPhone keine Apps. Ohne iPhone keine iOS-Entwickler. Ohne iPhone kein Business für dich. Im Sinne von „Ohne uns würdest du Entwickler gar keine App verkaufen können!“
Bleiben wir kurz bei dieser Argumentation:
Buch
Beim Kauf eines Papierbuches, dessen geistiges Eigentum wohl unzweifelhaft der Autorin gehört, sollten wir 27 Prozent Provision den Erben von Johannes Gutenberg zahlen, der 1455 den Buchdruck ermöglichte. Dann sollten wir 27 Prozent an Nicolas-Lous Robert zahlen, denn er erfand 1798 die erste Langsieb-Papiermaschine. Außerdem gehen die 27 Prozent auf jeden Fall an Augustus Applegath, der 1846 die erste Rotationsdruckmaschine baute. Ganz zu schweigen vom Anteil für Washington Rubel (ja, hieß wirklich so!), der den Offset-Druck 1903 ermöglichte. Hinzu kommen die Erfinder der Linotype-Setzmaschine (Ottmar Mergenthaler) und natürlich der Entwickler des Digitaldrucks, Chester Charlton, der die Xerografie erfand. Rechnen wir zusammen: Ein Buch wäre 162 Prozent teurer!
Auto
Kaufen wir uns ein neues Auto, dessen geistiges Eigentum im Design, Konstruktion und Produktion unzweifelhaft beim Hersteller ist: 27 Prozent gebühren dem ersten Menschen, der in der Steinzeit das Rad erfand, dann Simon Stevin, der 1600 den ersten Segelwagen mit Rädern baute. Christiaan Huygens erfand 1673 die Kolbenmaschine mit Pulverantrieb, was sicherlich 27 Prozent Provision wert wäre, schließlich gäbe es sonst kein Automobil. Wir können fortfahren mit Ferdinand Verbiest für das erste Modell eines Dampfwagens (1670) und Issac Newton (,der wohl noch mehr Provisionen für seine Ideen erhalten sollte) für das Konzept des Dampfwagens 1680 und schließlich Denis Papin für den ersten richtigen Dampfwagen mit Kolben von 1690. Überspringen wir ein paar Jahrhunderte der Kürze wegen und geben 27 Prozent natürlich Carl Benz, der 1885 den ersten Motorwagen zum Patent anmeldete, Gottlieb Däumler (,der sich später in Daimler umbenannte) sollte 27 Prozent erhalten und auch Wilhelm Maybach und so weiter und so weiter… Kaufen wir gar ein Elektroauto müssten wir Provisionen zahlen an Edison, Faraday und Siemens und noch einigen anderen.
Kurz: 27 Prozent – wofür, Apple?
7 Gedanken zu „27 Prozent – wofür, Apple? (Die Kolumne)“
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