Nachdem Apple bereits bei HTML5 das Tempo vorgegeben hat, versucht Google nun wieder verstärkt den Weg in die Zukunft des Internets mitzugestalten. So wurde der hauseigene Chrome Browser, der in seiner Anfangszeit durch Geschwindigkeit überzeugte, mit den Jahren immer träger. Zwischenzeitlich galt die Verwendung von Apples Safari-Browser unter Android-Usern als totsicherer Trick, um die Akkulaufzeit um eine Stunde zu verlängern.
Peinlich – fand auch Google und spendiert dem Browser in Version 55 (erscheint im Dezember) eine Diät. Und weil Bewegung bekanntlich beim Abnehmen hilft, setzt der Konzern außerdem auf mehr Mobilität beim Surfen: „mobile first“ lautet die Devise. Künftig will Google bei der Erstellung des Suchindexes die mobile Version einer Website durchsuchen und zur Grundlage des Rankings machen. Die ebenfalls abgespeckten und daher schnelleren AMP-Versionen von Websites bevorzugt die Google-Suche bereits seit einiger Zeit.
Auf der Chrome Dev Summit in San Francisco widmete man sich nun weitestgehend einem weiteren Punkt in Sachen Mobilität: Progressive Web Apps (PWA). Das sind Anwendungen, die über eine URL direkt im Browser aufgerufen werden. Die App muss nicht installiert werden, kann aber als Icon auf dem HomeScreen des Smartphones abgelegt werden. Dies stellt für die meisten Anwender eine deutlich geringere Hürde dar, als die Installation einer nativen App – nicht zuletzt wegen des geringeren Speicherverbrauchs. Dank Push-Benachrichtigungen und einer Caching-Funktion, die zuvor geladene Inhalte später auch offline abrufbar macht, wird mit PWAs jedoch eine ähnlich hohe Kundenbindung erzielt, wie mit nativen Apps. Der zusätzliche Entwicklungsaufwand entfällt hingegen. Inhalte solcher Apps sind nicht nur mit allen Geräten, sondern auch von Suchmaschinen abrufbar und können daher besser gefunden werden. Die Anbieter von PWAs sind außerdem von keinem App-Store-Betreiber abhängig.
Was für den Nutzer von Vorteil ist, kann AppStore-Betreiber wie Apple jedoch Milliarden kosten, galt die Entwicklung zum Service-Giganten in Zeiten sinkender Geräteverkäufe doch als möglicher Rettungsanker. Doch die Zahl der App-Downloads stagniert und das Prinzip „App“ wird mancherorts bereits totgesagt.
Zwar hat auch Google mit dem Play-Store eine eigene Plattform, doch anders als bei Apple war diese nie konkurrenzlos, da Android kein abgeschlossenes System bildet. Google kann in PWAs außerdem mit seiner Kernkompetenz Geld verdienen: Werbung. Je mehr Zeit die Menschen im Web verbringen, desto mehr Werbeanzeigen klicken sie an.
Noch erfüllen nicht alle Browser die für PWAs erforderlichen technischen Voraussetzungen: Chrome und Firefox sollen bereits voll kompatibel sein, aber auch von Safari, Opera und Edge soll es positive Signale geben. „Doch was könnte Apple bewegen, PWAs in Safari zu unterstützen,“ fragt Jason Billingsley auf Twitter:
@drewzie @mjasay what is the motivation at Apple to support pwa in safari?
— Jason Billingsley (@jbillingsley) 16. November 2016
Die Antwort: „Eine Nutzererfahrung auf anderen Plattformen, die um so viel besser ist, dass iOS-Nutzer danach verlangen,“ zitiert „drewzie“ das Chrome-Entwicklerteam. Ein herausragendes Benutzererlebnis und intuitive Bedienung war Cupertino schon immer sehr wichtig. Apple kann nicht zulassen, dass Android den Nutzern ein besseres Erlebnis im mobilen Web bietet, als es auf dem eigenen System der Fall ist. Ähnlich wie bei der AMP-Technik lässt Google Marktteilnehmern auch kaum eine Wahl, wie Jason Grigsby aufzeigte: „Nur weil iOS nicht jeden Aspekt von PWAs unterstützt, bedeutet das nicht, dass sie gar nicht auf iOS laufen.“ Er betont, dass PWA „auf iOS sogar besser laufen, als die [responsive] Seite, die sie ersetzen.“ Es ist vermutlich nur noch eine Frage der Zeit, bis sich Apple überlegt hat, wie der neue Trend möglichst gewinnbringend genutzt werden kann.
(via techrepublic.com, Titelbild: Shutterstock)
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