Mit iOS 9.3.5 hat Apple offenbar eine Abhörsoftware unschädlich gemacht, von der die Medienwelt erst jetzt erfährt. Ein israelisches Unternehmen hat sie für Regierungen entwickelt, die sie offenbar auch nutzten.
Alles fing mit einer Nachricht an. Ahmed Mansoor ist 46 Jahre alt und Menschenrechtler aus den Vereinigten Arabischen Emiraten. Hacker- und Spähangriffe vom Staat ist Mansoor gewohnt. Schon einmal musste er mit dem völligen Kontrollverlust über seine Endgeräte leben. Seither ist er skeptisch, was unbekannte Nachrichten und Links angeht. Das hat ihn vor einem erneuten Lauschangriff gerettet.
Am Morgen des 10. August erhielt Mansoor eine Nachricht von einer Nummer, die er bis dato nicht kannte. Enthalten ist ein angeblicher Link über Folter von Häftlingen in dem Land. Doch statt den Link anzuklicken, blieb der Menschenrechtler skeptisch, holte sich Hilfe von Sicherheitsforschern. Die entdeckten schließlich die dahinter verborgene Spähsoftware auf dem iPhone, die sie „Pegasus“ nannten und die nun mit iOS 9.3.5 von Apple unschädlich gemacht wurde.
Drei Schwachstellen in iOS
Erst vor 10 Tagen hat Cupertino selbst von der Möglichkeit erfahren, auf dem iPhone solche Lauschangriffe derart einfach durchzuführen. Schon seit iOS 7 sei das der Fall, wie sich nun herausstellt. Die Spähsoftware nutzte drei Schwachstellen im iOS-Betriebssystem. Dadurch konnte sie unter anderem Nachrichten und E-Mails mitlesen, Anrufe verfolgen, Passwörter abfragen, Tonaufnahmen machen und den Aufenthaltsort des Nutzers verfolgen.
Erstellt hat sie das israelische Unternehmen NSO. Offenbar war der Angriff so gut gemacht, dass er sich kaum zu erkennen ließ. So nutzte die Spähsoftware teilweise sogar die Verschlüsselung, um nicht aufzufliegen. Ein Sprecher des Unternehmens sagte der New York Times, dass man die Software an Regierungen weiterverkaufe. Wie diese sie nutzen, wisse man nicht.
Doch offenbar richteten sich die Spähangriffe vor allem gegen Menschenrechtler wie Mansoor. Experten zufolge sei auch ein mexikanischer Journalist unter den Opfern, ebenso wie eine Person in Kenia, die nicht näher benannt wurde.
Kratzer an Apples Image
Die Spähsoftware jedenfalls ist ein Schlag in die Marketing-Maschenerie von Apple. War man doch bislang so fest davon überzeugt, dass so etwas auf iOS nur sehr schwer bis gar nicht zu verwirklichen ist. Dass „Pegasus“ aber gleich drei solcher „Zero-Day“-Sicherheitslücken, also Fehler, von denen Apple nichts weiß, ausnutzte, ist daher mehr als schmerzlich.
Apples schnelle Reaktion jedoch ist bemerkenswert. Der Konzern brauchte nur zehn Tage bis die Lücke in iOS 9 mit dem gestrigen Update geschlossen wurde. iOS 10 enthält die Fehler seit der vorgezogenen letzten Beta wohl ebenfalls nicht mehr. Was bleibt ist der bittere Beigeschmack und die unabdingbare Frage: Warum wusste niemand davon?
38 Gedanken zu „iOS 9.3.5: Die Spionage-Software, von der niemand wusste“
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