Kann der Flügelschlag eines Schmetterlings in Brasilien einen Tornado in Texas auslösen? Und vor allem: Wo bleibt der ersehnte Schmetterling für iTunes?
Der Mathematiker und Meteologen Edward Lorenz wollte mit der Frage die Aufmerksamkeit auf die komplexen Zusammenhänge lenken, die das globale Wetter steuern, und dabei auf den Umstand hinweisen, dass die Kreisläufe der Natur so miteinander verzahnt sind, dass einzelne Veränderungen in einem Teil des Systems große Auswirkungen auf einen anderen haben können.
Nicht anders sieht es bei iTunes aus. Doch das komplexe System, das schwächelt. Im iTunes Store brechen die Musik-Verkäufe ein. Das erste Mal seit rund 10 Jahren sorgte 2013 für einen Verkaufsrückgang in Apples Musikkaufhaus. Doch der Schmetterling von Apple versagt – auf ganzer Linie.
In iTunes Radio ruhten alle Hoffnung. Der Streaming-Dienst sollte als kleine Veränderung das große iTunes Business entscheidend antreiben. Der Release von iTunes Radio darf als Versuch Cupertinos gewertet werden, die schwachen Musik Verkäufe zu kompensieren. Nicht umsonst wirbt jedes abgespielte Lied offenkundig mit einem markanten Kaufen-Button, über den sich der Song direkt in die Mediathek ablegen lässt. Doch Apples Bemühung trägt keine Früchte. iTunes Radio bringt nicht einmal ansatzweise den gewünschten Erfolg.
Gerade einmal 1-2 Prozent der Hörer drücken auf den Kaufen-Button. Die Erträge sind verschwindend gering. Und das ist kein Wunder, meint Experte Ed Christman. Apple hat Musik-Streaming falsch verstanden: Es dient dazu, den Nutzern mit wenig Aufwand (kostenlos) eine Vielzahl von Musik abzuspielen. Und ist nicht dafür gedacht, die Mediathek des Users aufzufüllen. Ein Zurücklehn-Dienst, wie es Billboard schmunzelnd beschreibt, fördert keine Musik-Verkäufe. Und wird es künftig auch nicht tun.
Als Schmetterling, der den Anstoß für steigende Musik-Erträge bieten könnte, dient iTunes Radio also keineswegs. So viel lässt sich nach einem halben Jahr bereits sagen. Dabei braucht der iTunes Store den wichtigen Impuls. 2013 konnte Cupertino “nur noch” 1,26 Milliarden Songs an den Mann bringen – 5,7% weniger als 2012. Mit knapp 10 Prozent der Gesamteinnahmen, die Apple mit iTunes erzielt, löst sich damit, langsam aber sicher, ein wichtiger Pfeiler in Apples Business auf.
Die Verluste im Musik-Geschäft kratzen auch an Apples Image bei Verhandlungspartnern. Während der iTunes Store 2012 für gute 70% der Erlöse einzelner Label verantwortlich war, sorgen die Angebote von Spotify, Rdio, Amazon und Co. für einen Rückgang der Relevanz des iTunes Stores. Beim Gros der Anbieter sind die Erlöse, die von Apples Musikkaufhaus stammen, auf unter 50 Prozent gesunken.
Der Gedanke an eine iTunes Store App für Android klingt daher irgendwie befreiend. Mit dem stetig wachsenden Android-Markt könnte Apple die Stellung als größter Player auf dem Markt nicht nur festigen, sondern auch ausbauen. Millionen neue Nutzer würden sich am iTunes Store bedienen. Die Marktführung wäre langfristig gesichert. Schon einmal hat sich Apple mit iTunes erfolgreich auf einen neuen Markt gewagt – und iTunes für Windows präsentiert. Die Erfahrung ist also nicht neu.
Und so könnte sich der befreiende Schmetterling auf Android niederlassen. iTunes Radio war und ist nicht die Lösung – dort könnte man lediglich im Streaming-Business punkten, zum drittstärksten Anbieter avancieren und mit Werbung den Umsatz generieren. Die Musik-Verkäufe auf iTunes wird man nicht beeinflussen können.
Wenn der iTunes Store wieder flattern soll, dann auf Android. Es scheint die einzige (unkomplizierte) Möglichkeit, den Store langfristig anzutreiben und die Marktführung ohne große Mühe zu sichern. Eine relativ kleine Änderung mit großer Wirkung – genau so wie es Edward Lorenz in seinem Schmetterlingseffekt beschreibt. Aber diesmal richtig.
25 Gedanken zu „Der Schmetterlingseffekt: Warum der iTunes Store kein Radio braucht“
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