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HUAWEI FreeBuds Studio im Test: ANC-Konkurrenz für Sony und Bose? | REVIEW

Der chinesische Elektronikhersteller ist Apple nur ein klein wenig zuvorgekommen und hat mit den Huawei FreeBuds Studio seine eigenen Over-Ear-Kopfhörer mit ANC vorgestellt. Im Test überzeugen sie mit einem guten Sound und smarten Funktionen – um beides vollends ausschöpfen zu können, ist man jedoch auf aktuelle Huawei-Smartphones angewiesen. Die aktive Geräuschunterdrückung liegt über den Erwartungen, erreicht aber keine Spitzenwerte. Die UVP von knapp 300 Euro erscheint in Anbetracht der Leistung etwas zu hoch angesetzt, die Straßenpreise liegen allerdings schon erheblich tiefer.


Komfort & Handling

Bei Bügelkopfhörern mit ANC hat sich mehr oder weniger das Over-Ear-Design durchgesetzt. Nur sehr wenige Geräte, darunter die Beats Solo Pro (zum Test), nutzen ein On-Ear-Konzept. Demnach umschließen die Huawei FreeBuds Studio die Ohren vollständig und liegen nicht nur auf. Für mich dürften die Ohrpolster aber noch etwas mehr Raum haben. Das Material an den Ohraufsätzen und dem Bügel ist in schwarzer Lederoptik und zudem angenehm weich, bietet aber dennoch einen festen Sitz. Nach mehreren Wochen der Dauernutzung konnte ich noch keine Abnutzungserscheinungen feststellen.

Die beiden Ohrpolster kann man nach innen drehen, allerdings nicht einklappen. Die Scharniere für die Größeneinstellung sind zwei recht dünne Aluminiumröhren. Im Test machten sie einen stabilen Eindruck. Was die Langzeitwirkungen sind, wird sich noch zeigen. Die Größe kann man stufenlos einstellen, teilweise flutscht es aber etwas zu leicht.

Die Außenseite des rechten Hörers fungiert als Touch-Bedienoberfläche. Durch mehrmaliges Tippen und Wischen kann man Musik, Telefonate und Sprachsteuerung voll umfänglich steuern. Mit der Sensitivität bin ich sehr zufrieden, da haben die Sony XM3 größere Probleme. Ebenfalls rechts ist noch jeweils ein Hardware-Button für On/Off und Bluetooth-Pairing sowie der USB-C-Ladeport. Links ist nur ein physischer Schalter, mit dem man zwischen ANC-, Normal- und Transparenzmodus wechseln kann. 

Am rechten Ohrhörer befindet sich das Touch-Feld sowie Power- und Connect-Knopf. Links ist der ANC-Wechsler.

Am rechten Ohrhörer befindet sich das Touch-Feld sowie Power- und Connect-Knopf. Links ist der ANC-Wechsler. (Bild: Valentin Heisler)

Kleinere Spielereien im Setup, z. B. der Sprachmodus, kann man nur in der App Huawei AI Life vornehmen. Diese ist allerdings nur für Android erhältlich. Wiederum andere Funktionen, zum Beispiel das schnelle Koppeln oder der Gaming-Modus sind ausschließlich für Huawei-Smartphones ab EMUI 10.1 verfügbar.

Die FreeBuds Studio verbinden sich über Bluetooth 5.2. Sie erlauben das Verbinden mit zwei Audioquellen sowie das nahtlose Hin- und Herwechseln. Dies hat in meinen Tests hervorragend funktioniert und war zusammen mit der Trageerkennung (nur innerhalb von drei Minuten nach dem Absetzen) eine coole Sache, gerade im Home-Office-Alltag.

Passend dazu ein paar Worte zur Anrufqualität: Bei Telefonkonferenzen überzeugen die Mikrofone mit einer klaren und detailreichen Stimmaufnahme. In lauterer Umgebung filtert eine ziemlich gute Geräuschunterdrückung störenden Hintergrundlärm heraus: Vorbeifahrende Autos nimmt der Gesprächspartner nur sehr leise wahr. Allerdings kommt es hin und wieder zu Ausfällen dieser Technologie; dann hört der Anrufer jeden Schritt, den ich mache. Ich bin überzeugt, ein Software-Update könnte das beheben. Dafür bräuchte man aber in jedem Fall die Huawei-App.

Sound

Zunächst sollte man einen Blick auf die Codecs der FreeBuds Studio werfen. Und zwar wirbt Huawei primär mit dem eigenen L2HC-Codec, der wahrhaften Hi-Fi-Sound auf die Ohren bringen und dabei bis zu 960 kbps übertragen soll. Zum Vergleich: CD-Qualität liegt bei etwa 1.411 kbps, der iOS-Standard AAC bei nur 256 kbps. Was in der Theorie toll klingt, wird recht schnell relativiert: Verfügbar ist dieser Codec nämlich nur für Huawei-Smartphones mit EMUI 11 oder höher. Und diese Version wird erst seit Dezember 2020 allmählich ausgerollt. Zudem beweist Sony mit seinem LDAC-Stream, dass nicht alles Gold ist, was glänzt. Ansonsten kommen bei den FreeBuds der lizenzfreie SBC-Codec und AAC zum Einsatz, was vor allem für iPhone-User relevant ist. PC- und Android-Nutzer würden aptX begrüßen, dieser ist allerdings nicht dabei. Ich spekuliere, dass hier der Handelsstreik eine Rolle spielt: Huawei will (bzw. darf) als chinesisches Unternehmen den verlustarmen Compressor des US-Konzerns Qualcomm nicht verwenden.

Zumindest in der Theorie soll der hauseigene Bluetooth-Codec L2HC nah an echtes Hi-Res-Audio heranreichen.

Zumindest in der Theorie soll der hauseigene Bluetooth-Codec L2HC nah an echtes Hi-Res-Audio heranreichen. (Bild: Huawei)

Genug von der Technik, ab zum tatsächlichen Können. Für meinen Test habe ich ein Huawei P40 (jedoch ohne EMUI 11) sowie mein iPhone 12 Pro verwendet. 

Bei beiden Konfigurationen sind mir vor allem die recht prägnanten und kraftvollen Mitten aufgefallen, oftmals eine Schwachstelle bei anderen Kopfhörern. Gesang tritt damit angenehm dominant in den Vordergrund. Auch bei höherer Lautstärke geht weder die Prägnanz verloren, noch beginnen die Höhen, zu kratzen. Etwas mehr Details würde ich mir in den hohen Frequenzen dennoch wünschen.

Der Bass hat bei den Huawei FreeBuds Studio einen schönen Tiefgang, ist aber recht druckvoll. Das bringt bei Pop und Hip-Hop wirklich viel Freude, verdirbt Jazz- und Klassik-Fans aber gehörig den Tag. Das unausgewogenere Sound-Profil gibt bei mehr Lautstärke den ohnehin detailarmen Höhen den Rest – gut bei Rock-Titeln zu hören.

Spannend: In manchen Songs merke ich einen kleinen Unterschied zwischen iPhone und Huawei, gerade was die Detailtreue und Distorsion angeht. Ich weiß aber nicht, woran das liegt, denn den L2HC-Codec hatte ich ja nicht verwendet. Ebenfalls war am Huawei-Handy der Gesang nochmals klarer, wenn auch leicht hauchig.

Insgesamt entsteht mit den FreeBuds Studio ein passables Klangvolumen, das aber ziemlich nah am Ohr liegt. Die Bühne dürfte also gerne voller bzw. breiter sein – vor allem in Anbetracht des Preises. Analog kann man die Kopfhörer nicht verwenden, demnach liegt auch kein Klinkenstecker bei. Was in 2020 eigentlich kein Problem mehr sein sollte: Das aktivierte Noise-Cancelling verändert den Sound und lässt ihn leicht abstumpfen.

Einige Referenz-Tranks für diesen Test:

  • Geschwindigkeit der Treiber: Money for Nothing – Dire Straits
  • Gesang: Loyal Brave True – Christina Aguilera; Granted – Josh Groban
  • Bass: WAP – Cardi B
  • Frequenztiefe: Limit to Your Love – James Blake
  • Klassik: Symphony No. 40 G-Moll – W. A. Mozart
  • Hard Rock: Silently (Christ 0) – Vanden Plas

Noise-Cancelling

Die Ohrmuscheln der FreeBuds Studio bieten bereits eine recht gute Isolierung. Durch das aktivierte ANC kann man vor allem in lauten Umgebungen mehr von der Musik genießen. Dabei setzt Huawei auf eine dynamische ANC-Adaption, die sich je nach Umweltbedingungen anpassen kann. Allerdings ist man für ANC-Einstellungen (z. B. Sprachmodus) auf die Huawei-App angewiesen. Insgesamt besitzen die Kopfhörer ein gutes Noise-Cancelling, das aber nicht die Spitzenklasse eines Sony WH-1000XM3 oder XM4 erreicht.

Läuft man an einer vielbefahrenen Straße vorbei, fängt das Noise-Cancelling ziemlich viel auf. Es raubt den Autos die brummigen, tiefen Laute und verwandelt den aufgeregten Großstadtlärm in eine angenehme Hintergrundbegleitung. Bei einem Kaffeevollautomat während des Mahlvorgangs machen die Huawei einen guten Job, allerdings merkt man hier erste Schwächen in den hohen Frequenzen. Mit Wind haben die Kopfhörer so ihre Probleme: Geht ein kleines Lüftchen, hört man bei aktivierter Geräuschunterdrückung ziemlich viele Windgeräusche – hier also ANC bestenfalls ausschalten. 

Kommen wir noch zu meinem persönlichen Sorgenkind: dem Awareness-Modus. Als Gegenpart zur aktiven Geräuschunterdrückung gelangen dadurch die Außengeräusche verstärkt an eure Ohren. Persönlich nutze ich dieses Feature gerade bei den AirPods Pro sehr häufig, vor allem wenn ich einkaufen gehe oder mit jemandem spreche. Jedoch sind die FreeBuds Studio bei weitem nicht auf dem Level der Apple-In-Ears oder der Bose 700. Es klingt alles sehr künstlich-blechern und hallend. Zudem wird jedes noch so minimale Geräusch enorm verstärkt wiedergegeben.

Etwas relativieren muss ich den Awareness-Modus dennoch: Erstens kenne ich in diesem Preissegment keine Over-Ears mit vernünftigem Transparenzmodus. Und zweitens nehme ich Bügelkopfhörer bei Gesprächen gerne ab; das ist erstens angenehmer und zweitens höflicher gegenüber dem Gesprächspartner.

Akku

In meinen Laufzeittests versuche ich, so nah wie möglich an eine durchschnittliche Alltagsnutzung heranzukommen. Ich höre also Musik in verschiedenen Modi, telefoniere gelegentlich und pausiere die Nutzung, indem ich sie manuell ausschalte. 

Kombiniert komme ich auf eine Akkulaufzeit von rund 21 Stunden. Das entspricht in etwa den Angaben des Herstellers: 24 Stunden ohne und 20 Stunden mit ANC. Das sind zwar keine schlechten Werte, im Vergleich zu anderen Kopfhörern muss sich Huawei aber hinter Sony, Jabra und beyerdynamic einordnen.

Was dagegen positiv auffällt, ist die Ladedauer. Nach knapp einer Stunde ist der Akku wieder randvoll. 15-minütiges Laden reicht für knapp 9 Stunden meines Laufzeittests.

Preis

Die UVP der Huawei FreeBuds Studio liegt bei knapp 300 Euro. Momentan (Stand: Dezember 2020) sind sie aber schon zu Straßenpreisen von 215 Euro zu haben. Damit spielen sie in derselben Liga wie die Sony WH-1000XM3 oder die Bose 700 – beides aktuelle Spitzenmodelle.

Im reinen Leistungsvergleich haben die Chinesen zwar vieles zu bieten, können letztendlich aber kaum mit der Konkurrenz mithalten – zumindest in der Verwendung ohne Huawei-Handy. Zwar hat man bereits mit einem Android-Phone und der Huawei-App viele Vorteile. Doch erst durch ein Gerät mit EMUI 10.1 bzw. 11 kann man von der gesamten Feature-Palette profitieren. Das umfasst nicht nur kleine Software-Raffinessen, sondern auch den verlustärmeren L2HC-Codec.



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Valentin Heisler
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1 Kommentar zu dem Artikel "HUAWEI FreeBuds Studio im Test: ANC-Konkurrenz für Sony und Bose? | REVIEW"

  1. Thomas 24. Dezember 2020 um 13:55 Uhr ·
    300€ für die Chinaprügel, wenn ich dafür locker die von Sony bekommen kann UND ich brauche nen Spionagephone von Huawei ohne Playstore? Nope :)
    iLike 2

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