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Über den US-Wahlkampf und das Silicon Valley

Unterschiedlicher könnten die Präsidentschaftskandidaten in den USA kaum sein: Der Held der wütenden Konservativen, Donald Trump, hat sich trotz mangelnder politischer Erfahrung gegen eine Vielzahl anderer Bewerber durchgesetzt. Die erfahrende Demokratin Hillary Clinton hatte hingegen weniger Gegner in der eigenen Partei.

Sie setzt auf ein bewährtes Prinzip aus Barack Obamas Wahlkampf in den Jahren 2008 und 2012: Er hat stets die Nähe zum Silicon Valley gesucht und die Wichtigkeit von Digitalunternehmen für die US-Wirtschaft betont. Enge Beziehungen zu den liberalen IT-Konzernen boten dem amtierenden Präsidenten während des Wahlkampfs eine politische Bühne im Internet. Facebook-Chef Mark Zuckerberg wechselte sein übliches T-Shirt Obama zuliebe sogar gegen Hemd und Krawatte. Trump lässt hingegen keine Gelegenheit aus, die Technologie-Riesen gegen sich aufzubringen.

Wir haben die Unterschiede beleuchtet und erörtert, welche Versprechungen die beiden machen.

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Clinton verspricht viel, kann nicht alles halten

Clintons Initiative für Technologie und Innovation verspricht – typisch Wahlprogramm – viele Verbesserungen rund um die Technologie-Branche. Dass sich vermutlich nicht alles umsetzen lässt, ist klar, wird im Wahlprogramm aber natürlich nicht thematisiert.

„Wir müssen die amerikanischen Innovationen so positionieren, dass sie die nächste Generation der technologischen Revolutionen anführen – von autonomen Fahrzeugen über intelligente Maschinen bis hin zu Blockchain-Anwendungen. Wir müssen unsere Position auf dem globalen, digitalen Marktplatz verteidigen.“ – Hillary Clinton

Blockchain nennt sich die Technologie hinter Bitcoin und vielen anderen digitalen Währungen. Banken und andere Unternehmen investieren zunehmend in diesem Bereich und testen möglichen Anwendungsmöglichkeiten – wie z.B. Wahlkampf-Spenden.

Technische Grundlagen in der Schule

Neue Technologien sollen bereits in der Schule behandelt werden. Dazu sollen alle Schüler Informatikunterricht erhalten. Schulen mit naturwissenschaftlichem Schwerpunkt und Kreativräumen – sogenannten Maker Spaces – sollen durch Public-Private-Partnerships (PPP), also von Unternehmen, gesponsert werden. Dadurch sollen auch Job-Trainings stärker an die Bedürfnisse der Wirtschaft angepasst werden.

Clinton fordert außerdem massive Investitionen in die Ausbildung von Fachkräften für die digitale Wirtschaft. Dazu sollen kleinere, schnell erreichbare Universitätsabschlüsse, sogenannte „Nanodegrees“, eingeführt werden. Wer nach dem Studium ein Unternehmen gründet, soll für die Rückzahlung der Studiendarlehen zudem eine Frist von bis zu drei Jahren erhalten.

Infrastruktur als Start-Up-Magnet

Einen weiteren Schlüssel für die technologische Entwicklung sieht Clinton im flächendeckenden Ausbau der Breitbandanbindung bis 2020, der es Online-Start-Ups ermöglichen könnte, sich auch in ländlichen Regionen anzusiedeln, wo Immobilien und Mieten noch erschwinglich sind. So könnten im ganzen Land weitere Innovationscluster à la Silicon Valley entstehen und das Unternehmertum anregen. Wenn sich Jungunternehmer in einer Problemregion niederlassen, sollen ihnen außerdem bis zu 17.500 Dollar ihrer Schulden erlassen werden. Heute fließen noch 70 Prozent allen Risikokapitals in nur drei US-Bundesstaaten – 40 Prozent alleine ins Silicon Valley. Clinton hofft, dass mit den Maßnahmen viele neue Arbeitsplätze innerhalb der USA geschaffen werden und mehr Profite im Inland anfallen, an denen die Mitarbeiter nach Clintons Vorstellung stärker beteiligt werden sollen.

Auch das 5G-Mobilfunknetz soll mit viel Geld ausgebaut und kostenloses – oder zumindest sehr preiswertes – WLAN an Flughäfen, Bahn- und Busstationen und in öffentlichen Gebäuden wie Bibliotheken zur Regel werden.

Netzneutralität und Privatsphäre

Clinton möchte die Diskriminierung in technischen Berufen senken. Doch Sie steht nicht nur für Gender-Neutralität: Auch Netzneutralität liegt ihr am Herzen. Diese soll gewährleisten, dass Internetprovider keine Online-Anbieter bevorteiligen, weil diese dafür zahlen, sondern dass alle Kunden mit gleicher Geschwindigkeit auf alle Anbieter zugreifen können. Internetanbietern wie AT&T oder das Kabelunternehmen Comcast begrüßen solche Forderungen.

Das Internet soll außerdem nicht nur von Regierungen, sondern mit einem Multi-Stakeholder Governance-Ansatz regiert werden, wie es auch in Deutschland diskutiert wird.

Clintons Regierung steht für ein offenes Internet mit freiem Datenfluss über Staatsgrenzen hinaus – auch zwischen Behörden und immer mit „Respekt für Privatsphäre, Sicherheit und Menschenrechte.“ Ihre Position zu privater Datenverschlüsselung lehnt sich stark an die Forderungen von Bürgerrechtlern an, die mehr Rechte für die Bürger fordern. Doch damit sind bei weitem nicht europäische Datenschutzstandards gemeint, wie sie im US-EU-Privacy-Shield verhandelt werden. Sie möchte mehr Behördendaten für die Öffentlichkeit freigeben, und digitale Angebote von Bundesbehörden nutzerfreundlicher gestalten. Über den Schutz von Whistleblowern findet sich im Wahlprogramm leider nichts.

Dafür sollen Unternehmensinteressen gewahrt werden: Hillary fordert besseren Schutz für Unternehmensdaten und den Ausbau des Copyrights – verwaiste Werke sollen hingegen besser nutzbar werden. Außerdem soll die Patent- und Markenbehörde (PTO) gestärkt und Patente somit leichter durchsetzbar werde. Patent-Trollen soll das Leben hingegen schwerer gemacht werden, indem sie nicht mehr frei entscheiden können, wo sie ihre Klage einbringen.

Die Reduzierung regulatorischer Barrieren soll Start-Ups helfen. Dazu soll ein „Chief Innovation Advisor“ Bereiche, wie beispielsweise das Gesundheitswesen, auf überflüssige behördliche Regulierungen überprüfen, die Innovationen hemmen. Gesetze, die ältere Unternehmen vor jungen Startups und neuen Innovationen schützten, sollen zudem überprüft werden.

Seit den Enthüllungen von Edward Snowden ist die Beziehung zwischen der IT-Branche und den Demokraten noch immer angespannt. Unter demokratischer Regierung, hatten US-Geheimdienste die Datenbanken und Datenleitungen der Konzerne heimlich angezapft und somit das Vertrauen gebrochen. Dennoch hat Clinton im Vergleich zu Donald Trump die weitaus besseren Karten. Die Finanzierung der Vorhaben ist jedoch noch wage: Schätzungsweise zehn Milliarden US-Dollar könnte die Initiative kosten.

donald trump

Donald Trump – Feind des Silicon Valleys

Der Republikaner ist erklärter Feind des Silicon Valleys. Obwohl er es versteht, mit sozialen Medien neuste Plattformen effizient für seinen Wahlkampf zu nutzen – so hat Trump mit rund neun Millionen eine doppelte so große Fangemeinde auf Facebook wie Hillary Clinton –, greift er Technologieunternehmen immer wieder an: Nachdem sich Apple im Februar weigerte, ein iPhone für das FBI zu entsperren, rief Trump zum Boykott. Anschließend lieferte er sich – von seinem iPhone aus – eine Twitter-Schlacht mit verschiedenen Größen der Tech-Szene: Er ging auf Konfrontation mit AirBnB-Mitgründer Brian Chesky, bezeichnete Facebook-Chef Marc Zuckerberg als „selbstgerecht“, Amazon-Chef Jeff Bezos als „Steuervermeider“ und dessen Kauf der Washington Post als einen „Betrug“.

Außerdem wetterte Trump auch pauschal gegen das Silicon Valley und die dortigen IT-Unternehmen: Trump kritisierte erüberhöhte Bewertungen von „Firmen, die nie Geld verdient haben, ein schlechtes Konzept haben und mit Milliarden von Dollars bewertet werden“. Von Apple forderte er zudem: „Die werden ihre f*cking Computer wieder in Amerika bauen!“

Apple hatte daraufhin seine Unterstützung in Form von Computern, die der Konzern den Parteien in der Vergangenheit stellte, für den republikanischen Kandidaten und seinen Parteitag abgesagt. Damit ist Apple nicht allein: Weitere Unternehmen der Branche haben ihre üblichen Spenden reduziert oder fehlten bei Trumps Wahlveranstaltungen. Darunter auch Microsoft und Hewlett Packard, deren Chefin Meg Whitman besonders deutlich wurde: Sie warnte, eine Trump-Präsidentschaft würde eine Rezession nach sich ziehen. Intel-Vorstandschef Brian Krzanich hatte eine Veranstaltung für vermögende Großspender in seinem Haus in letzter Minute abgesagt, um einen Imageschaden für das Unternehmen zu vermeiden, nachdem Trump China – einem der wichtigsten Intel-Märkte – mit einem Wirtschaftskrieg drohte, sollte er Präsident werden.

Insgesamt haben über 150 Technologieunternehmer ihrem Ärger in einem offenen Protestbrief gegen dem Präsidentschaftskandidaten Luft gemacht – unter ihnen auch Apple-Mitgründer Steve Wozniak. Trump glaube nicht an ein Amerika der Chancengleichheit, was eine „Katastrophe“ für die Innovationfähigkeit des Landes sei, schreiben die Verfasser„Er betreibt Wahlkampf mit Zorn, Engstirnigkeit und Angst vor neuen Ideen und neuen Menschen“ und zeige, was Technologie angehe, noch dazu ein „schlechtes Urteilsvermögen und Ignoranz“. 40 Prozent der führenden 500 Unternehmen des Landes sind von Einwanderern oder deren Kindern gegründet worden. Trump jedoch „handelt Trump mit ethnischen und rassischen Stereotypen“. Sie „wollen einen Kandidaten, der sich mit den Idealen [wie Meinungsfreiheit und Offenheit gegenüber Neuankömmlingen] identifiziert, die Amerikas Technologieindustrie groß gemacht haben“.

Kaum Bezug zur Technik

Abgesehen von seiner Polemiken hat sich Trump aber kaum zu Technologiethemen geäussert. Zur Netzneutralität meint er beispielsweise, sie sei ein Griff der Obama-Regierung nach der Macht im Internet und richte sich gegen konservative Medien, obwohl es sich dabei eigentlich darum handelt, dass Internetanbieter eben keine Datenpakete benachteiligen dürfen. In einer Gerichtsverhandlung 2013 viel er durch eine andere technikferne Äußerung auf: Er „mache kein E-Mail-Zeugs“ bzw. „nutze es sehr selten.“

In einer anderen Debatte meinte Trump, das Netz müsse sogar: beschränkt werden. „Wir müssen Teile des Internets dichtmachen“, um der IS-Terrormiliz die Rekrutierung zu erschweren. Bill Gates und andere Technologie-Experten sollen sich seiner Meinung nach darum kümmern. „Manche werden sagen ,Oh, freie Meinungsäusserung, freie Meinungsäusserung!‘ – Das sind dumme Leute“, so Trump.

Ferner kritisierte er Clinton für ihren leichtfertigen Umgang mit E-Mails, die sie als Außenministerin über ihren privaten Server laufen ließ. Die größten Feinde der USA seien dadurch in den Besitz von Staatsgeheimnissen gekommen, behauptete Trump.

Er fordert „für Amerika die großartigste Infrastruktur auf dem Planeten Erde und die beste Technologie für sein Militär: stark, stark, stark.“ Damit geht er auf Wählersuche in den traditionellen US-Industrien, wie etwa im Rust Belt, den absteigenden Industriezentren im Nordosten der USA.

(Bild: Shutterstock)

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Marcel Gust
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15 Kommentare zu dem Artikel "Über den US-Wahlkampf und das Silicon Valley"

  1. Marvin 21. Juli 2016 um 13:24 Uhr ·
    Trump ?
    iLike 9
  2. Leo 21. Juli 2016 um 13:40 Uhr ·
    Sehr guter Artikel. Wieso findet man solch Artikel nicht in „Nachrichten-Apps“
    iLike 16
    • Niklas 21. Juli 2016 um 15:07 Uhr ·
      Welche Nachrichten-Apps hast du denn?
      iLike 0
    • Justin 21. Juli 2016 um 16:09 Uhr ·
      Weil unsere Medien nicht alles uns mitteilen. Lade dir mal die App FoxNews runter
      iLike 1
  3. iPadator 21. Juli 2016 um 13:41 Uhr ·
    Make Donald Drumpf again.
    iLike 2
  4. Heinz 21. Juli 2016 um 13:43 Uhr ·
    Trump hat viele Gegner in seiner Partei und ist auch nicht von seiner Partei gewählt worden, sondern von den Bürgern, bzw deren Wahlmänner (je nach Staat unterschiedlich).
    iLike 3
  5. MSG 21. Juli 2016 um 16:08 Uhr ·
    Ich sehe Trump, Erdogan und Putin an einem Tisch sitzen, wie sie sich gegenseitig ins Faustchen lachen uns sagen „jetzt haben wir den Planeten mal richtig gegen die Wand gefahren „.
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    • Wessalius 21. Juli 2016 um 16:43 Uhr ·
      Und ich sehe die Kriegstreiber sich ins Fäustchen lachen, weil sie den Planeten mit ihren ganzen unnötigen Aktionen gegen die Wand fahren.
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  6. Informatigger; 21. Juli 2016 um 18:00 Uhr ·
    Ganz ehrlich: Hillary Clinton verspricht genau das, was Deutschland wirklich bräuchte. Ehrliche Förderung der Zukunftstechnologien, Informatikunterricht um die Menschen wieder zum logischen Denken anzuregen, Infrastruktur (siehe Autobahnen und Autobahnbrücken), Netzausbau usw.
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    • Wessalius 21. Juli 2016 um 23:06 Uhr ·
      Ich zitiere: Es wird keine PKW Maut geben!!! Was ich damit sagen will ist, das Politiker zwar vieles versprechen, aber am Ende nichts davon einhalten.(oder sagen wir so gut wie nichts. Ich habe jedenfallss diesen Eindruck.
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      • Informatigger; 22. Juli 2016 um 12:47 Uhr ·
        Das stimmt leider. Viele dieser Versprechen werden nie umgesetzt. Ich denke mir nur immer: Wenn man viele gute Versprechen gibt und davon zumindest einige wenige umgesetzt werden, ist das immer noch besser als von Anfang an Versprechen zu geben, welche nichts verbessern :)
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  7. US-Wahlkampf-Deutschland 21. Juli 2016 um 23:03 Uhr ·
    Wer würde Apple wohl mehr unterstützen. Ich glaub soleid es mir tut, Trump, dieser Mann steht halt auf Firmen wie Apple. Hillary will glaub mehr so Gleichberechtigung Was glaubt ihr
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    • Paul 21. Juli 2016 um 23:04 Uhr ·
      Ich glaub auch das leider Trump auch deswegen viele Anhänger hat
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  8. Rolling Stone 23. Juli 2016 um 03:02 Uhr ·
    (Bin in den USA seit 1989, habe Deutsche und Amerikanische Staatsbürgerschaft) Korruption und Bestechung in der US Politik sind vom höchsten Verfassungsgericht vor einigen Jahren als ge­setz­mä­ßig bestätigt worden – wirklich kein Witz! (Citizens United v. Federal Election Commission) Heutzutage, machen sich das natürlich alle Demokraten und Republikaner fleissig zu Nutze. Mit genug Geld kannst Du jeden Politiker ganz legal kaufen! Trump ist der einzige der das nicht braucht, weil er ja selbst genug Geld hat. Das Traurige ist, das seine Ansichten nicht nur dumm aber auch gefährlich sind, anderfalls würde ich ihn sofort wählen.
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