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Frankreich, England und Deutschland: Mit der Lizenz zum Entschlüsseln

Schlüssel - Symbolbild

Nicht nur die deutsche Politik wünscht sich einen Zugriff auf verschlüsselte Kommunikation. Auch die Regierungen in London und Paris begrüßen die Möglichkeit die Chats von WhatsApp und co. mitlesen zu können. Für die Unternehmen sind das unangenehme Entwicklungen.

Kürzlich berichteten wir darüber, dass die deutsche Innenministerkonferenz plant Zugriffsmöglichkeiten auf die Kommunikation über Messenger wie WhatsApp zu schaffen. Bundesinnenminister Thomas de Maizière hatte in diesem Zusammenhang erklärt, er könne nicht verstehen, dass eine SMS rechtlich anders behandelt werde als eine WhatsApp-Nachricht.

WhatsApp

Mit dieser Position war er auf breite Zustimmung in der deutschen Parteienlandschaft und seinen Kollegen in den Ländern gestoßen. Die Grünen zeigen sich indes uneins. Während nun ein Zugriff auf WhatsApp und co. in die Strafprozessordnung geschrieben werden soll und noch völlig offen ist, wie die praktische Umsetzung aussehen könnte, werden auch andernorts die Begehrlichkeiten lauter.

Frankreich und England wollen entschlüsseln

Auch die Regierungen in Paris und London wollen mit Messengern, die sich jedem staatlichen Zugriff entziehen, nicht leben. Der französische Präsident Emmanuel Macron und die britische Premierministerin Theresa May sprachen in Paris über einen gemeinsamen Aktionsplan, den die Innenministerien beider Länder ausgearbeitet haben. Dieser soll den Zugriff auf Messengerkommunikation und Verbindungsdaten zu Zwecken der Terrorbekämpfung regeln. Der Tenor ist dabei stets gleich: Kein Verbot von Verschlüsselung, keine Hintertüren in Messengern, lediglich gemeinsame Lösungen für Unternehmen und Sicherheitsbehörden.

Alle wollen in den Himmel, aber niemand will sterben

Eine starke Verschlüsselung ist wichtig, schützenswert und soll auch nicht verboten werden, sagte etwa Thomas de Maizière. Ende-zu-Ende-Verschlüsselung für unbescholtene Bürger ja, aber die Kommunikation von Bürgern, die nicht so unbescholten sind mitlesen? Möglichst auch. Ein Schlüsselloch für Spione, um böse Menschen dabei zu beobachten, wie sie böse Dinge planen und intakte Verschlüsselung für den Rest der Welt. Die Intentionen dieser Politik sind recht leicht zu verstehen. Sie entstehen im Spannungsfeld von Privatsphäre und Sicherheit und werden von Politikern forciert, die versuchen politische Lösungen für eine technische Fragestellung zu finden.

Es ist der Versuch etwas zu bekommen, ohne etwas anderes zu verlieren, eine Rechnung, die weder in der Natur, noch in der Technik aufgeht, allenfalls in der Politik. Eine Variable in diesem Spiel sind die Unternehmen, die die Dienste anbieten, deren Integrität hier geschwächt werden soll. Zwar ist nach der NSA-Affäre und dem Kryptokrieg zwischen FBI und Apple kein erboster Mob durch die Straßen gezogen, um für die Wahrung unserer Privatsphäre zu streiten, zwar ist es den meisten Bürgern auch heute noch recht egal, ob und von wem ihr WhatsApp-Geplauder mitgelesen wird, das allgemeine Grundmistrauen aber ist unzweifelhaft gestiegen. Eine gewisse Sensibilisierung  für das Thema Verschlüsselung ist nicht zu leugnen und für WhatsApp und co. steht viel auf dem Spiel. Nicht ohne Grund hat WhatsApp nach Jahren der Passivität und schlechtem Schutz schließlich eine solide Ende-zu-Ende-Verschlüsselung eingeführt, Google öffentlichkeitswirksam die Härtung seiner Glasfasernetzwerke gegen Spionage eingeleitet, obgleich dessen Messenger immer noch recht offenherzig sind, um die allgegenwärtige Google-KI nicht auszusperren, und Apple begonnen die Sicherheit von iMessage und iCloud-Backups weiter zu erhöhen. Maßnahmen, um flüchtiges Vertrauen zurückzugewinnen. Es ist nicht davon auszugehen, dass diese Akteure sich diese Butter wieder kampflos vom Brot nehmen lassen. Das Thema Verschlüsselung bleibt uns fraglos noch lange erhalten, unmöglich zu sagen, in welche Richtung das Pendel ausschlägt.

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Roman van Genabith
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13 Kommentare zu dem Artikel "Frankreich, England und Deutschland: Mit der Lizenz zum Entschlüsseln"

  1. John 16. Juni 2017 um 13:54 Uhr ·
    Mit bösen Menschen meinen Politiker nie sich selbst.
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  2. Schregger 16. Juni 2017 um 14:18 Uhr ·
    Einerseits verstehe ich ja die Ermittlungsbehörden, die es schwer habe, ihrem Auftrag nachzukommen, wenn sie die Kommunikation zwischen Verdächtigen, nicht überwachen können. Aber wenn wir die sichere Kommunikation aushebeln, um mehr Sicherheit zu suggerieren (Terrorbekämpfung), wo hören wir auf. Müssen wir Häuser und Wohnungen zukünftig so bauen, dass man darin stattfindende Gespräche abhören kann? Darf man Briefe nur noch in durchsichtigen Umschlägen versenden? Oder wichtiger, werden sich die Täter daran halten oder einfach eine Alternative verwenden?
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    • Hessekaja 18. Juni 2017 um 10:26 Uhr ·
      Zudem kommt hinzu das potenziell jede Unterhaltung im Haus durch Amazon Echo oder Siri im Lautsprecher oder dem neuen Geschirrspuhler mitgehört werden könnte … und wenn die Politik auch noch Zugriff auf diese Daten fordert wegen der Terrorsicherheit? Nein, schon von Beginn an muss man unterbinden das mitgehört werden kann um jede Begehrlichkeit zu unterbinden. Das ‚bisschen Terror‘ (bezogen auf die statistische Bedeutung) sollte als Randerscheinung keinen Wert in unserer Gesellschaft bekommen – sonst haben die Terroristen schon gewonnen weil wir für Sie auf unsere wichtigen Freiheitsrechte verzichten. Für keine Regierung kann der gute Wille auf Dauer vorausgesetzt werden.
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  3. shimano 16. Juni 2017 um 14:35 Uhr ·
    Da kann man nur Tim Cook zitieren: „You can’t have a back door that’s only for the good guys.“ Und Benjamin Franklin: „Those who surrender freedom for security will not have, nor do they deserve, either one.“
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  4. Swagosaurus 16. Juni 2017 um 14:46 Uhr ·
    Ist es nicht so dass das Öffnen von Briefen durch das Briefgeheimnis geschützt ist? Wieso sollte für E-Mail, SMS und Messenger was anderes gelten?
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    • gast22 16. Juni 2017 um 15:00 Uhr ·
      Korrekt. Weil es hier um ganz andere Sachen geht. Sie wollen den gläsernen Menschen. Fingerabdrücke – sonst kein Reisepass. Datensammelei ohne Ende – man merkt es gar nicht. Und dann noch die Vorratsdatenspeicherei und die grundsätzliche durch NSA und Co bis hin zum berühmten Kanzler-Handy. Wem soll es da wundern??? Alles im Dienst, um Terroristen zu verhindern und zu entlarven. Dennoch sterben von der Politik geduldet Menschen am legalen Nikotin- und Alkoholmissbrauch, ertrinken Menschen im Mittelmeer und sterben in jeder Sekunde Menschen an Hunger etc. Und unser dickste Freund erlaubt immer noch in 37 Bundesstaaten die Todesstrafe. Die Türkei darf das nicht, denn dann gibt es keine EU-Mitgliedschaft — weil ist nicht mit unseren christlichen Werten und so in Übereinstimmung zu bringen. Gespaltene Zungen ………
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  5. Der Alte 16. Juni 2017 um 15:17 Uhr ·
    Da meide ich als Terrorist doch gleich diese Dienste und plane über alternative Kommunikationswege, die noch nicht oder gar nicht überwachbar sind. Will sagen, die was von ihrem Handwerk verstehen, juckt das gar nicht und hält sie auch nicht auf. Hat bisher irgendwas das Problem gelöst, dass großtönend eingeführt wurde?
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  6. Fanboy...na klar 16. Juni 2017 um 15:20 Uhr ·
    Ein Hoch auf die Terroristen… Sie schaffen es tatsächlich die Gesellschaft zu spalten.Die Politik noch verhasster zu machen und die allgemeine Angst mit vereinzelten Anschlägen zu schüren. Alle Behörden und Regierungen mit ihren modernen Mitteln,Geheimdiensten etc schaffen es nicht,ein paar Verrückten das Handwerk zu legen. Sicherheit kann nicht gewährleistet werden und unsere ach so beliebte Kanzlerin sonnt sich inzwischen wieder in ihren Umfragewerten,nachdem siefür alles und jeden die Tür geöffnet hat. Lächerlich das alles und wer soll dafür bezahlen? Wir….. Alles so lächerlich!!!
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    • moeNES 18. Juni 2017 um 00:47 Uhr ·
      Du hast nicht erkannt dass die Terroristen als Pretext für alle möglichen Maßnahmen genommen werden, sie selbst bewirken direkt nichts. Warum hört man aus Russland oder aus China nicht von solchen Dingen? Etwa weil es da weniger solcher Ereignisse gibt?
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  7. inu 17. Juni 2017 um 00:17 Uhr ·
    Die verantwortlichen PolitikerInnen sollten, egal, in welchem Land, wegen Datenausspähung aller ihrer Ämter enthoben, vor Gericht gestellt und konsequent abgestraft werden. Wir leben -noch- in einem Rechtsstaat, in welchem niemand ohne Beweis und/oder ohne rechtliche Grundlage verurteilt werden darf; dementsprechend ist auch jegliche Stellung unter Generalverdacht von Bürgern, egal, in welcher Form, egal, ob unmittelbar oder mittelbar, unzulässig. Entschlüsselung soll nur Terrorismus bekämpfen, und nicht die gesamte Gesellschaft. Das gilt sowohl für uns, als auch für die Regierungen in London und Paris. Um das Kind beim Namen zu nennen: vielleicht sind die eigentlichen „Terroristen“ ja diejenigen, welche unbescholtene Bürger unter dem Deckmantel der Terroristenbekämpfung ausspionieren wollen!! … 😡
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    • moeNES 18. Juni 2017 um 01:04 Uhr ·
      Sehr schön formuliert,. Ich beobachte schon seit sehr langer Zeit die Verwendung von diversen Ereignissen, welche selbstverständlich überall in Medien verarbeitet werden, als Pretext zur „Global War on Terrorism“, welche, eben wie du andeutest, meiner Meinung nach komplett andere Ziele verfolgt. Allerdings stimme ich nicht zu, dass Entschlüsselung durch Drittparteien der Kommunikation (wie sie angestrebt wird) überhaupt zu irgendwelchen Zwecken verwendet werden sollte; Die Definition einer Backdoor erfordert eine Bewertung zwischen „terroristischem“ Verhalten und jedem anderen erfordert, welche nicht durch einen solch subjektiv beeinflusstes Wesen wie den Menschen möglich ist. Meiner Meinung nach gibt es auch viele andere Möglichkeiten, Terrorismus zu verhindern indem er eben nicht provoziert wird oder eben nicht in Medien thematisiert wird (wie in China) damit der emotionale Effekt davon nicht wirkt sodass die Terroristen ihr Interesse verlieren (selbstverständlich eröffnet sich auch hier eine ethische Debatte über Zensur oder Nicht-Zensur, meiner Meinung nach ist, wie zahlreiche Beispiele zeigen, der Mensch eben ein nicht uneingeschränkt mündiges Wesen, wie das manch Philosophen behaupten und behauptet haben). TLDR: Wie gesagt sehe ich überhaupt keinen Bedarf in einer Entschlüsselungsmöglichkeit, weil es stark danach aussieht dass diverse Regierungen einfach nur (wie sehr häufig in der Vergangenheit) „Global War on Terrorism“ als Pretext dazu missbrauchen, selbst ihre eigenen Selbsterhaltungszwecke oder andere Dinge, welche nicht im Interesse der Bevölgerung sind, eben auf gleichem Weg durch eine Hintertür umzusetzen. Weitere Beispiele sind diverse Wirtschaftsabkommen welche komplett unter Ausschluss der Öffentlichkeit besprochen werden und darüber hinaus die besondere Ansprechbarkeit der Politiker auf Lobbyismus etc, welche überhaupt solch ein Verhalten ermöglicht. Eben eine anthropologische Konstante, welche bei einigen trotz des Vorhandenseins eines Gehirnes (welches eigentlich schließlich dazu dient diese animalischen Triebe zu bändigen) zu einem solch unausgewogenem Verhalten führt. Letztendlich gewinnt immer noch der hinterlistige. Darwinismus als Erklärungsansatz, hab nicht gedacht dass ich das als Ansatz für meine Argumentation verwenden würde… interessant.
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  8. Hugo 17. Juni 2017 um 09:47 Uhr ·
    Die eigentlichen Terroristen sind neben ein paar Verückten, unsere großen Politiker. Das Bewohner Deutschlands lassen sich gängeln und terrorisieren und irgendwie scheint es keinen zu stören. :(
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  9. moeNES 18. Juni 2017 um 01:08 Uhr ·
    Ihr müsstet euch Gedanken machen, dass der Artikel selbstverständlich durch Google Bots gecrawlt wird und im Sinne der Kampagne gegen „Fake News“ möglicherweise dazu führt dass der Apfelpage Inhalt als unrelevant eingestuft werden kann (vor allem im Kontext mit Kommentaren, welche sich Regierungen gegenüber manchmal kritisch verhalten). Haha. Perfektes Beispiel dass Fake News letztendlich nur Zensur auf subtilem Niveau ist.
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