Home » Featured » Boykott ist keine Lösung: Wie Googles AMP-Projekt Webseiten in Ketten legt

Boykott ist keine Lösung: Wie Googles AMP-Projekt Webseiten in Ketten legt

In einem Einführungsvideo zeigt Google eine Situation, die wohl jeder schon einmal erlebt haben dürfte: Man ist unterwegs und vertreibt sich die Zeit am Smartphone. Nach einem Klick auf einen Link lädt der Inhalt einer Seite… und lädt und lädt und lädt. Mit großen Erwartung gibt man der Seite vielleicht 5 oder 10 Sekunden. Endlich ist die Seite fertig – doch noch bevor man das erste Wort gelesen hat, legt sich ein flächendeckender Werbebanner über die Seite, das sich nur schwer schließen lässt und das Nutzererlebnis ruiniert.

Werbung

Laut Google brechen 40 Prozent der Nutzer den Besuch einer Website bereits nach einer Wartezeit von drei Sekunden ab, doch viele Webseiten-Betreiber scheinen gar nicht zu merken, wie sie ihre Leser mit solchen Methoden verprellen.

Mit Instant Articles hat Facebook Mitte 2015 begonnen, dieser Entwicklung entgegenzuwirken. Anfangs konnten nur einige ausgewählte Verlage die inzwischen für alle Seitenbetreiber freigegebene Funktion nutzen. Bei den Instant Articles handelt es sich um eine spezielle Version der Artikel, die direkt auf Facebooks Servern gespeichert werden und damit die Ladezeiten enorm reduzieren. Facebook spricht davon, dass Instant Articles zehn Mal schneller laden, als herkömmliche Seiten. Die Werbeeinnahmen der Seite werden von Facebook dabei nicht angegriffen.

AMP HTML Code

Nicht einmal ein halbes Jahr später rief Google mit Accelerated Mobile Pages (AMP), also beschleunigten mobilen (Internet-)Seiten, eine eigene Initiative zur Beschleunigung der Ladedauer im mobilen Netz ins Leben. Dabei handelt es sich um ein Open-Source-Projekt, dass Websites durch Restriktionen im Code auf das Wesentliche begrenzt.

Eine AMP-Seite kann man sich dabei wie ein Formel-1-Auto vorstellen: Zu Gunsten der Geschwindigkeit wird jeder unnötige Luxus eines normalen Autos, wie Klimaanlage, Sitzheitzung, Blinker und Wurzelholz-Funier weggelassen. Webseiten-Betreiber müssen beispielsweise auf einige HTML-Elemente verzichten und sich bei JavaScript und der Größe der CSS-Dateien an strenge Bedingungen halten. Den Optimierungen Fallen aber auch eine Reihe von Werbeanzeigen zum Opfer. Nur noch fünf Werbenetzwerke werden laut yoast von AMP unterstützt – zwei davon gehören zu Google. Das wirkt ziemlich geschlossen für ein Open-Source-Projekt. Außerdem beklagen sich die Website-Betreiber in Folge dessen über sinkende Werbeeinnahmen.

AMP

AMP-Boykott ist keine Lösung

Die Crux: Es gibt kaum ein Entkommen. Denn kaum ein Nutzer steuert Nachrichtenseiten noch gezielt an, indem er die Adresse in die Adressleiste tippt. Ein Großteil der Leser kommt über soziale Netzwerke oder aber über die Google-Suche auf die Website. Schon seit einigen Jahren bezieht Google die Ladedauer einer Website jedoch bei der Platzierung der Ergebnisse in der Google-Suche mit ein. AMP-Seiten werden dabei von Google bevorzugt behandelt, indem sie in einem Karussel über den anderen Suchergebnissen angezeigt werden. Damit gewinnen AMP-Seiten natürlich enorm an Reichweite – oder anders herum ausgedrückt: Wer nicht auf AMP setzt, verliert.

Durch die schlechtere Platzierung in den Suchergebnissen sinken die Reichweite, die Nutzerzahl und letztlich auch die Werbeeinnahmen der Seiten, die sich Googles neuem Standard verschließen.

Mit AMP versucht Google die Ladezeiten mobiler Websites zu reduzieren und so die Nutzererfahrungen zu verbessern. Dies kommt – wie auch Facebooks Instant Articles – auch Nutzern in Ländern mit schlechter Internet-Infrastruktur zu Gute. Doch viele Website-Betreiber haben mit den sinkenden Werbeeinnahmen zu kämpfen und keine Möglichkeit, dem zu entgehen. Die Abhängigkeit von Google steigt.

-----
Willst du keine News mehr verpassen? Dann folge uns auf Twitter oder werde Fan auf Facebook. Du kannst natürlich in Ergänzung unsere iPhone und iPad-App mit Push-Benachrichtigungen hier kostenlos laden.

Oder willst du mit Gleichgesinnten über die neuesten Produkte diskutieren? Dann besuch unser Forum!

Gefällt Dir der Artikel?

 
 
Marcel Gust
twitter Google app.net mail

6 Kommentare zu dem Artikel "Boykott ist keine Lösung: Wie Googles AMP-Projekt Webseiten in Ketten legt"

  1. Name 2. November 2016 um 12:43 Uhr ·
    Gerade von einer Nachrichtenseite wäre es interessant zu erfahren, wie ihr selbst dazu steht und ob ihr (erfolgreich) amp nutzt.
    iLike 8
  2. Kobra Kahn 2. November 2016 um 13:28 Uhr ·
    Worauf muss denn konkret verzichtet werden? Also im Amp html?
    iLike 2
  3. DereinemitiPhone 2. November 2016 um 13:49 Uhr ·
    Das liegt am Namen AMP- eines der wichtigsten Substanzen im Menschen heißt ebenfalls so, Adenin Mono Phosphat ??
    iLike 6
    • . 2. November 2016 um 21:19 Uhr ·
      Chemiker-Witz gerissen
      iLike 4
  4. Heinz 2. November 2016 um 16:39 Uhr ·
    Werbeblocker und gut ist. Gibt ja auch für iOS tolle Blocker die extrem Datenvolumen sparen.
    iLike 2
  5. Jan 2. November 2016 um 17:12 Uhr ·
    *lädt!
    iLike 3

Leider kann man keine Kommentare zu diesem Beitrag mehr schreiben.